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197 - Der Geist im Kristall

197 - Der Geist im Kristall

Titel: 197 - Der Geist im Kristall
Autoren: Mia Zorn
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uns!) Alle lauschten, alle warteten.
    Aber der Sol schwieg
    ***
    Eine Flut von Bildern und Begriffen strömte durch den Geist des Wandlers. Sekundenschnell setzte er die Bruchstücke dessen zusammen, was einer seiner Gluttümmler und der fliegende Rochen ihm sendeten: Es waren Grao’sil’aana und Thgáan.
    Er sah weite Landstriche des Zielplaneten. Flüsse und Ströme zogen sich wie blaue Bänder über seine Landmassen.
    Meere aus Wasser und faltige Aufwerfungen aus Stein bedeckten seine Haut. Unzählige Pflanzen sprossen aus seinem Körper, und die Vielfalt an Geschöpfen, die er beherbergte, war überwältigend.
    Thgáan schickte dem Wandler immer wieder Bilder eines Ozeans. Der fliegende Rochen schien geradezu berauscht von den Eindrücken, die dieses Wasserbecken in ihm hinterlassen hatte. Überhaupt schien die biotische Organisation von einer Sehnsucht und Gier erfüllt zu sein, jeden Winkel des Planeten erforschen zu müssen.
    Der Wandler erfuhr, dass Thgáan der einzige Überlebende der Lesh’iye war, wie die Gluttümmler ihre fliegenden Rochen nannten. Nachdem Insekten ihre Brut gefressen hatten, vernichtete eine gewaltige Nuklearexplosion, die eigentlich dazu gedacht war, ihn, den Wandler, zu aktivieren, den größten Teil des Heeres. Der Rest fiel im Kampf gegen die Primärrassenvertreter.
    Thgáans Artgenossen waren Geschöpfe der Gluttümmler, ohne freien Willen, einzig dazu bestimmt, die Aufträge ihrer Herren auszuführen. Aber während der Wandler den Letzten der Lesh’iye abtastete, spürte er deutlich, dass Thgáan längst kein Diener der Gluttümmler mehr war.
    Wieder und wieder ließ sich der Wandler Vertreter der Primärrässe zeigen. So unterschiedlich sie in ihrer Statur, Sprache und Hautfarbe waren, so ähnlich schienen sie in ihrem Denken und Fühlen. So einfach, so leicht durchschaubar für ihn.
    Und immer wieder tauchte das Gesicht eines Mannes auf: Mefju’drex nannten die Gluttümmler ihn. Sein Bild war in ihre ontologisch-mentale Substanz gebrannt, wie die Erinnerung an Daa’mur. Mit dem Unterschied, dass sie Mefju’drex hassten!
    Er hatte eine ihrer Bruteinheiten vernichtet und die Insekten über die Lesh’iye gebracht. Außerdem schien er in Zusammenhang mit dem Jungen zu stehen, der Grao’sil’aanas Geist so beschäftigte: Daa’tan.
    Ein Menschenkind mit humanoider und pflanzlicher DNS.
    Offensichtlich war Grao’sil’aana seit langem Lehrer und Hüter des Jungen. Und er wurde beeinträchtigt von starken Emotionen, die das Kind in ihm auslösten.
    Der Wandler hätte sich gern länger mit der merkwürdigen Verbindung von Grao’sil’aana zu Daa’tan und diesem Mefju’drex beschäftigt. Aber er durfte sich nicht damit aufhalten, nicht jetzt und nicht hier. Im Augenblick war nur eines wichtig: die Bedrohung, die von dem Finder ausging.
    Der Wandler berührte die Aura von Grao’sil’aana und Thgáan: Die beiden waren in der Welt ihrer Bilder versunken.
    Ruhig und warm pulsierte ihr Geist. Langsam tastete der Wandler sich vor. Er gelangte zu dem im Sonnenlicht brennenden Felsen des Uluru und zu dessen Wächtern, den Anangu.
    Einen dieser Wächter hatten Grao’sil’aana und Thgáan an den Kratersee gebracht – und mit ihm das Feuer des brennenden Felsens. Der Wandler hatte diesen Anangu kurz nach dem Erwachen getötet, als er die Signatur erkannt, die der Primärrassenvertreter in sich trug. Diese Kennzeichnung besaßen nur Lebewesen, die in direktem Kontakt mit einem Finder gestanden hatten.
    (War es Zufall, oder hast du mich wirklich schon entdeckt?) Der Wandler streifte durch Grao’sil’aanas Geist. Er entdeckte darin das Heer der Telepathen am Uluru, das der Finder um sich gesammelt hatte. Er entdeckte eine schwarzhaarige Barbarin; ihr nackter Körper war mit merkwürdigen Zeichen überzogen. Der Wandler stutzte, als er die Verbindung zu Mefju’drex und Daa’tan erkannte. Aber wieder hielt er sich nicht auf und gelangte schließlich zu dem Felsen.
    Wie Tentakel bohrten sich seine mentalen Finger in Grao’sil’aanas Erinnerungen. Jede Schwingung, jeder Ton, alle Farben und Formen, die der Daa’mure von der Aura des Finders gespeichert hatte, nahm der Wandler in sich auf. Er setzte die Bruchstücke zusammen, die er von seinem Diener und dem Anangu erhalten hatte, bis ein komplexes Datenmuster entstand.
    Der Wandler bemerkte, wie Grao’sil’aana unruhig wurde.
    Vorsichtig zog er sich aus dessen Geist zurück. Er hatte genug gesehen. (Grao’sil’aana, Thgáan!
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