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196 - Auf der Flucht

196 - Auf der Flucht

Titel: 196 - Auf der Flucht
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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sah eine große Tropfsteinhöhle vor sich, die von einfallenden Lichtschächten erhellt wurde. Rund um den Arenaboden, den sie gerade betreten hatten, waren teils natürliche, in Stein gehauene Sitze, teils schief und krumm zusammen gezimmerte Tribünen zu sehen, die nahezu vollständig mit Publikum besetzt waren. Auf einer Felsstufe schräg über ihnen stand Donkiing, der überrascht innehielt, als er die drei erblickte, dann höhnisch grinste und rief: »Und hier sind sie nun, unsere drei wagemutigen Helden, die nicht davor zurückschrecken, einer Legende zu begegnen! Einen donnernden Applaus für die drei neuen Gladiatoren!«
    ***
    Der sichelförmige Mond spendete gerade so viel Licht, dass Yunupi den schmalen Pfad, der sich den Kraterhang hinauf wand, erkennen konnte. Die wilden Nachtschatten rumorten – Tiere und Geister, die die Dunkelheit bevorzugten. Hier und da raschelte es. Unbekannte Wesen auf der Jagd, auf der Flucht, vielleicht auch auf Yunupis Spur…
    Yunupi zwang sich, Ruhe zu bewahren, doch die Angst saß ihm im Nacken. Beinahe hätte er aufgeschrien, als seine nackten Füße etwas Haariges streiften, doch das Tier schien noch erschrockener als er und wuselte wütend keckernd davon. Um sich abzulenken, prüfte Yunupi den Sitz des Sattelgurts und kontrollierte die Verschnürung der Vorräte, vor allem des Wasserbeutels. Er riss hektisch an den Zügeln, stieß dem Tier die Fersen in die Seiten und schob die Hüfte im Takt der zwei stampfenden Vogelbeine tief in den ledernen Sitzhöcker. Eine ungewohnte und anstrengende Bewegung, denn er war ein ungeübter Reiter.
    Als Reittiere wurden Emukus nur zu besonderen Anlässen wie der halbjährlichen Handelskarawane eingesetzt, und daran hatte Yunupi noch nie teilnehmen dürfen. Bald schmerzten ihn Muskeln und Gelenke, und er bereute schon kurz nach dem Aufbruch seinen heldenmütigen Entschluss.
    Ein kühler Windhauch strich über das Tal. Der Wiluna-See warf wie ein blasser Spiegel das zitternde Ebenbild der Mondsichel zurück. Auf den umzäunten Grasfeldern nahe der Siedlung standen dicht gedrängt die schlummernden Emukus.
    Yunupis Blick schweifte suchend über die Ebene und verharrte an einer Gruppe Johannisbrotbäume. Die Blätter schimmerten silbrig, flatterten im Wind und… stiegen gleichzeitig in die Lüfte. Ein Schwarm Buschfleggen erhob sich von seiner Schlafstatt. Nicht einmal nachts war man sicher! Doch zum Glück interessierte sich der Schwarm diesmal nicht für ihn. Eine schlafende Emukuherde war lohnenswertere Beute.
    Yunupi starrte verbissen auf den Trampelpfad und trieb sein Reittier an. Er musste sich beeilen, wenn er rechtzeitig mit dem Retter zurück sein wollte.
    In rot-orangenen Schlieren verkündete die Sonne den Anbruch des Tages. Die nächtliche Kühle wich einer drückenden Hitze. Staub wirbelte bei jedem Schritt des Emukus auf, legte sich als kratziger Film auf Yunupis Körper und kroch in Nase und Mund.
    Die ungewohnten Strapazen der Nacht zehrten an seinen Kräften.
    Müdigkeit drückte die Lider nach unten, sein Geist wurde träge. Der Talkrater lag längst hinter ihm. Wie eine gigantische Schleifspur zog sich der alte Pfad, den die Städtischen Gun’rel Haywee nannten, durch die trockene Wüstenlandschaft. Rechts und links säumten stachlige, kahle Sträucher den Weg.
    Kleine und größere Findlinge lagen im Sand verteilt, wie die Überreste eines steinernen Schauers. Doch Yunupi war überzeugt, dass die Findlinge ein Muster ergaben, ein gewaltiges Bild, das nur die Vögel hoch oben gänzlich erfassen konnten. Sicher ein Wegweiser für ihn! Hinter allem, was Yurlunggur erschaffen hatte, steckte ein Plan, auch wenn ihn nicht jeder gleich zu erfassen vermochte. Yunupi würde aber auf dieser Reise lernen, die Göttersprache zu verstehen.
    Aber es war auch ein weiter Weg, wie es schien, und Yunupi war nicht sicher, ob er den Yowie finden würde. Zweifel bohrten sich in seine Gedanken und fraßen seine Entschlossenheit auf. Wenn ich jetzt umkehren würde, wäre ich nachmittags zurück, könnte Tarr erzählen, ich hätte Zeit zum Nachdenken gebraucht. Ich würde Reue zeigen, ihm Gehorsam versprechen und alles wäre wieder gut.
    Aber dann gäbe es auch keine Hochzeit mit Kantana, und Yunupi würde auf ewig ein Schlammworm in den Augen der anderen bleiben.
    Mit zunehmender Verzweiflung wischte sich der Junge den Staub aus dem Gesicht und blickte an sich herab. Die Honigsalbe auf den Wunden hatte sich verfestigt und weißliche
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