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196 - Auf der Flucht

196 - Auf der Flucht

Titel: 196 - Auf der Flucht
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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eine Klaue. Einen Moment lang fixierten sie einander, taxierten sich, ob ein Kampf riskiert werden konnte.
    »Komm endlich in Deckung, du wirst schon nichts verpassen!«
    Die Geisterfrau schubste ihn vorwärts, und sie versteckten sich in den Büschen. Yunupi konnte die Augen nicht von den monströsen Geschöpfen lassen. Er erlebte ein Wunder, es war nicht anders zu nennen. Und plötzlich war es ihm egal, was sein Stamm von ihm dachte. Dieses Erlebnis hier würde keiner von ihnen jemals erfahren.
    Yunupi war ihnen nunmehr weit voraus.
    »Bist du schlimm verletzt?« Die Frau berührte sein Bein, und Yunupi zuckte zusammen. Er hatte es gar nicht gemerkt, doch dafür war jetzt keine Zeit.
    »Nein, nein.« Er schüttelte den Kopf, und weil sich die beiden Untiere, inzwischen außerhalb des Wassers, immer noch drohend umkreisten, riskierte er es, den Blick abzuwenden und die Geisterfrau anzusehen. Sie sah zerbrechlich aus, ganz schmal und zart. Die im Mondlicht gut erkennbaren ockerfarbenen Symbole auf ihrer Haut wirkten weder aufgemalt noch eingestochen – eher vergleichbar mit der Fellzeichnung eines Tieres.
    Zwischen den fingerdicken Verästelungen, die sich rund um ihren Körper zogen, zeichneten sich Wunden und schorfige Hautstellen ab.
    Dann wurde seine Aufmerksamkeit wieder auf die Geistertiere gezogen, denn der Kampf begann. Wie tollwütige Dingoos gingen die Riesen aufeinander los, verkrallten sich ineinander, bissen und hackten. Ihre Schwänze peitschten die Luft.
    Der Yowie versuchte die Brust des Bunyip mit seinen scharfen Zähnen aufzureißen. Er spuckte zersetzendes Sekret, das stinkende Löcher in den Rippenbogen des Gegners fraß. Der Bunyip wiederum hackte dem Yowie auf die hervorstehenden Augenwülste, hob einen Fuß und stieß so heftig zu, dass der Kontrahent auf den Rücken fiel.
    Der Yowie wand sich, strampelte mit den geschuppten, stämmigen Beinen, um die schutzlose Unterseite so schnell wie möglich vom Angreifer weg zu drehen. Doch der Bunyip schlug die krallenbewehrte Klaue in seine Brust und schlitzte den Leib der Länge nach auf. Grünliche, glibbrige Masse quoll aus der Öffnung.
    Mit dem zweiten Hieb folgten die Innereien und eine Blutfontäne.
    »Nein!«
    Yunupi sprang entsetzt auf und rannte los, ohne auf die Geisterfrau zu achten, die ihn aufhalten wollte. Mit aller Kraft rammte er dem schnaufenden Bunyip seinen Treibstock wie einen Speer in die Brust, zog ihn heraus, holte aus und stieß das blutige Ende mit Wucht in das glühende Auge.
    Es gab ein platzendes Geräusch. Der Bunyip kreischte auf und schlug mit dem blutüberströmten Kopf. Plötzlich war die Geisterfrau neben Yunupi. Sie hielt einen ausgerissenen Dornbusch in den blutigen Händen, mit dem sie wild wedelnd den blind um sich schlagenden Bunyip in Schach hielt.
    »Schnell!«, rief sie. »Ramm deinen Stab in den offenen Schnabel! Treib ihn nach oben, so tief du kannst!«
    Leichter gesagt als getan. Sie mussten ständig hin und her springen, um den stampfenden Klauen zu entgehen. Dann war der aufgerissene Schnabel plötzlich über ihm, und Yunupi stieß zu.
    Wie vom Blitz getroffen, versteifte sich der Bunyip, gurgelte, röchelte. Dann kippte er zur Seite und blieb reglos liegen.
    ***
    Yunupi stand wie gelähmt. Noch konnte er nicht richtig begreifen, was geschehen war. Dass er, wie er es sich immer erträumt hatte, zum Helden gereift war.
    Aber zu welchem Preis! Der Yowie war tot, und alles verloren!
    »Hast du etwas zu essen dabei?«
    Das Gesicht der Geisterfrau schob sich in sein Blickfeld. So zart, betörend und gleichzeitig stark und entschlossen. Selbst der Schweiß und das Blut, die ihr die Schläfen hinab liefen, konnten den Zauber ihres Anblicks nicht schmälern.
    Yunupi fragte leise: »Seit wann braucht eine Geisterfrau Nahrung?«
    »Solange sie in einem lebendigen Körper wohnt«, antwortete sie spöttisch.
    Das stimmte.
    »Ich bin übrigens Clarice«, fuhr sie fort. »Schön, dass wir uns verständigen können.«
    »Ich verstehe dich, denn es ist die Sprache der Städtischen, mit denen wir Handel treiben«, murmelte Yunupi. Seine Augen füllten sich mit Tränen. Aber nicht mehr lange…
    »Erzähl mir deine Geschichte«, forderte die Geisterfrau Clarice ihn auf. »Sie muss interessant sein, so unglücklich wie du bist, und das nach einem glorreichen Kampf.«
    Und Yunupi berichtete.
    ***
    Die rote Wüste ähnelte dem Mars, doch das war auch schon die einzige Verbindung. Jeder Schritt war dreifach schwer, es war zu
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