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196 - Auf der Flucht

196 - Auf der Flucht

Titel: 196 - Auf der Flucht
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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heiß, das Licht zu grell. Voglers Augen hatten sich entzündet, eitriges Sekret verklebte die wunden Lider. Er sah nur noch verschwommen.
    Wenn er einen Schatten fand, verkroch er sich für kurze Zeit, zog die Kugel aus dem Rucksack und schaute sie an. Sie wog schwer in seinen Händen, von Stunde zu Stunde mehr.
    »Führe mich zu Clarice«, murmelte er. Er stand auf und ging weiter, völlig mechanisch, ohne wirklichen Willen. Brabbelte dabei vor sich hin. Einen klaren Gedanken hatte er schon lange nicht mehr fassen können. Alles drehte sich nur noch um Clarice und die Kugel mit den geheimnisvollen Schriftzeichen darauf.
    Sein Geist entfernte sich immer weiter von seinem Körper. Durst und Hunger waren zu einer Theorie geworden, deren praktische Auswirkungen er nicht mehr kannte. Der Kopf schmerzte ihm unerträglich, sein Gesicht glühte.
    Führe mich…
    Noch immer folgte er der Fährte des Bunyip, unbeirrbar.
    Am nächsten Morgen erklomm er eine Düne und verharrte staunend. Es war die letzte, vor ihm breitete sich weiter nach Westen eine große Ebene aus, mit vereinzelten Bäumen und Büschen. Und da… unter ihm … glitzerte etwas im Sand, funkelte und blinkte. Die Bewegung von Wasser.
    Wasser!
    Vogler erinnerte sich schlagartig wieder, wofür es diente. Auch seine Kehle, sein Magen wussten es und mahnten ihn, nicht lange herumzustehen und zu staunen, sondern zum Wasser zu eilen, bevor die glühende Tageshitze der nächsten Stunde ihn auf halbem Wege nach unten endgültig zerschmolz!
    »Danke«, flüsterte Vogler der Kugel zu, die auf seinem Rücken ruhte. »Der erste Schritt ist getan, jetzt werde ich Clarice finden.«
    Er stolperte die Düne hinunter. Nur noch wenige kleine Sandhügelchen lagen vor ihm, die konnte er leicht überwinden. Jetzt konnte ihn nichts mehr aufhalten.
    Als Vogler nahe genug war, um Einzelheiten zu erkennen, stockte er. Was war das? Hatte dort ebenfalls ein Massaker stattgefunden? Er sah die zerfetzten Überreste von zwei riesigen Tieren. Das eine war der Bunyip!
    Und vor ihm… standen, klein und dünn, zwei Menschen. Einer war besonders klein, über und über mit Lehm und Ocker beschmiert.
    Ein mageres, vernarbtes Bürschlein, mit einem Stock in der Hand.
    Sein rechtes Bein war notdürftig verbunden, getrocknetes Blut klebte unterhalb des Verbands.
    Die andere Gestalt aber war hell leuchtend im Sonnenlicht, ätherisch strahlend und der schönste Anblick, den Vogler je gesehen hatte.
    Nein, es ist nicht wahr , rief er sich zur Ordnung. Dein verdursteter Verstand spielt dir einen Streich und spiegelt dir ein Traumbild vor.
    Aber wenn es doch wahr wäre? Wenn…
    Vogler musste Gewissheit haben, und zwar bevor er das Wasserloch erreichte, denn vielleicht war das ja auch nur eine Fata Morgana!
    Zaghaft stimmte er ein Lied an, von dem er wusste, dass es bei den Städtern auf dem Mars sehr beliebt war. Es war ein Lied des Baumvolks über das Werden und Vergehen eines Baums, mit einer einprägsamen Melodie, das gern auf Geburtstagsfesten gespielt wurde oder auf Hochzeiten. Jeder Marsianer kannte es, ob er im Wald lebte oder in der Stadt.
    Zuerst klang seine Stimme brüchig und kratzig, doch die Hoffnung füllte seine Lungen, und irgendwie schaffte sein Mund noch ein wenig Speichel herbei, um die Kehle zu befeuchten. Bald klang Voglers Stimme klar durch die Wüste.
    Die strahlende Gestalt fuhr herum. Als sie ihn entdeckte, begann sie wie wild zu winken und sprang auf und ab. Er glaubte ihre Stimme zu hören, eine Antwort auf das Lied.
    Aus dem Äther schoss plötzlich ein grün gesprenkelter Vogel herab und landete zwitschernd auf seiner Schulter. Wie einstmals Faust, der Siebentöner, in der Heimat.
    » Willkommen, willkommen! «, schien er zu pfeifen. »Wir haben so auf dich gewartet…«
    Vogler lachte, und die Tränen schossen ihm in die Augen. Alle Schmerzen und Schwäche vergessend, setzte er sich in Bewegung, und bald lief er immer schneller. Seine Beine trugen ihn ganz von selbst, und mit Leichtigkeit, als wäre er nicht auf der Erde, sondern auf dem Mars.
    Clarice rannte ihm entgegen, mit ausgebreiteten Armen. Irgendwo trafen sie sich. Vogler schloss seine Arme um Clarice, als wolle er sie nie mehr loslassen.
    ***
    »Ich dachte schon, du hättest mich vergessen und würdest dich in Sydney vergnügen!« Clarice wusste kaum wohin mit ihrer Freude, musste Vogler immer wieder berühren, ihn an sich drücken und ihr Glück aus sich heraus lachen.
    Vogler konnte es schließlich doch nicht
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