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1936 - Im Para-Bunker

Titel: 1936 - Im Para-Bunker
Autoren: Unbekannt
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auch nicht. Aber wenn du willst ... !"
    Gia de Moleon machte eine auffordernde Handbewegung.
    Farben, Lichtflecke, verwaschene Gebilde, dazu ein mißtönendes Krächzen, das war zunächst einmal alles, was wir zu sehen oder zu hören bekamen.
    „... Vince zu mir!" war dann zu hören.
    Mir stellten sich die Nackenhaare auf, als ich das hörte. Unverkennbar war das Vincent Garron; es war seine übliche Forderung an alle Menschen, die er kennenlernte und die in gewisser Weise einem Todesurteil gleichkam. Und ich erkannte auch seine Stimme wieder.
    Die Bilder flackerten heftig, sie waren wirklich von sehr schlechter technischer Qualität. Aber dann tauchte für einige Sekunden, gestochen scharf und klar, das narbenbedeckte Gesicht von Vincent Garron auf.
    Seine Züge wirkten seltsam verzerrt, wie bei einem Krampfanfall.
    „Farbe!" hörte ich ihn plötzlich schreien, mit hoher, sich fast überschlagender Stimme. „Ihr tragt sie in euch, ihr alle. Ich kann es sehen, und es schmerzt. Es tut weh, mit solchen Menschen zusammenzusein, die Farbe in sich tragen. Glotzt nicht so blöd ..."
    Der Ton brach zusammen, Garrons keifende Stimme verebbte.
    „Sie tragen Farbe in sich?" fragte Gia de Moleon verblüfft. „Ich denke, Garron kann seit dem Urifall nur noch Schwarzweiß sehen?"
    „Das hat er jedenfalls behauptet", sagte ich schnell. „Bewiesen ist es nicht. Nach allen medizinischen Befunden sind seine Augen völlig normal und funktionieren einwandfrei."
    „...rmacht, der ich diene, sagte es mir genau. Sie zeigt es mir, wißt ihr? Sie zeigt mir genau, wo Farbe ist, und sie befiehlt mir, die Farbe auszumerzen. Alle Farbe, denn Farbe ist böse und Farbe ist schlecht. Und ihr seid Farbe, ihr alle ..."
    Abrupt brach die Aufzeichnung ab, der Bildschirm wurde schwarz.
    „Das ist alles?" fragte Gia de Moleon ungläubig.
    „Leider ja", antwortete der junge Arzt. „Andere Erinnerungen sind privater Natur und erheblich älter.
    Das, was ihr gerade gesehen habt ..." Er schluckte heftig. „... es sind die letzten Erinnerungen, die sich ihrem Gedächtnis eingeprägt haben. Es muß kurz vor ... vor ihrem ..."
    „Garron redet von einer Macht", murmelte Gia de Moleon. „Einer Macht, der er dient. Was könnte das sein?"
    „Kann ich die Aufzeichnung noch einmal hören?" bat ich.
    Der Arzt nickte und spulte die Daten noch einmal ab.
    „Hypermacht scheint Garron zu sagen. Jedenfalls klingt es für mich so", sagte ich zögernd. „Gibt es so etwas? Eine Hypermacht?"
    „Garron ist doch damals in einen Hypersturm geraten", entsann sich Gia de Moleon. „Damit hat alles angefangen."
    „Exakt. Vielleicht meint er genau das."
    „Jedenfalls ist er bereit, im Namen und Auftrag oder was auch immer dieser Hypermacht zu töten. Alles, was Farbe an oder in sich hat oder für ihn Farbiges verkörpert. Damit ist niemand vor ihm sicher, und weil er sich im Dienste dieser Hypermacht zu befinden glaubt, kennt Garron auch keinerlei Skrupel mehr. Er wird weiter töten, ohne jeden Zweifel. Und wenn wir nicht ..."
    „Fängst du schon wieder davon an?" sagte ich scharf.
    „Ich denke nach, das darf ich ja wohl", entgegnete Gia de Moleon.
    Ich warf einen Blick auf die wenigen Überreste einer alten Frau namens Dagoberta Hubnyk.
    Wahrscheinlich würde sie niemand vermissen, wenn sie aus dieser Wirklichkeit verschwand. Aber niemand, schon gar nicht Vincent Garron, hatte die Erlaubnis, geschweige denn das Recht, einen solchen Menschen zu. töten. Dagoberta Hubnyk hatte wie jeder andere Mensch ein Recht auf ihr eigenes Leben gehabt, und Vincent Garron hatte ihr dieses Recht brutal genommen.
    „Also gut!" Ich konnte es kaum glauben, es war meine eigene Stimme, die da sprach. „Ich bin einverstanden. Stellen wir Vincent Garron eine Falle, und ich spiele den Köder."
    Gia de Moleon blickte mich an, sehr ernst, aber mit einem feinen Lächeln auf den Lippen.
    „Danke", sagte sie nur. Mehr nicht, aber es genügte für mich.
     
    *
     
    Terrania, 4. Mai 1273 NGZ Dies sind meine Aufzeichnungen für den Fall, daß sich jemand dafür interessiert. Würde es sich, wie vor Ewigkeiten üblich, um Papier handeln, ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß es in etlichen Jahrzehnten in irgendeinem Lager vermodert. So werden diese meine Notizen, Erinnerungen und Aufzeichnungen an NATHAN weitergeleitet und - hoffentlich - für die Ewigkeit aufbewahrt.
    Lesen wird sie allerdings wohl niemand ...
    In zehn Minuten wird ein Gleiter des TLD kommen und mich abholen. Die Falle
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