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1935 - Der Gesang der Stille

Titel: 1935 - Der Gesang der Stille
Autoren: Unbekannt
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aussichtslosen Situationen gesteckt hatte. Zu oft jedenfalls, um noch in Panik geraten zu können. Und oft genug, um dem Tod leidenschaftslos ins Gesicht blicken zu können.
    Aber noch war es nicht soweit. Aus all den aussichtslosen Situationen der Vergangenheit hatte es ein Entkommen gegeben, und auch diesmal hatte er noch nicht das Gefühl, am Ende seines Weges angekommen zu sein.
    Ich habe mich schon so daran gewöhnt, daß ich es wahrscheinlich nicht bemerken werde, wenn es tatsächlich soweit sein wird! dachte er.
    Ein Zellaktivator bewahrte nur vor dem natürlichen Tod. Das hieß, der Tod, der dann auf ihn wartete, würde ein unnatürlicher, gewaltsamer Tod sein.
    Nun ja. Sinnlos, sich jetzt darüber Gedanken zu machen.
    Die Stille beunruhigte ihn. Die Korrago waren gegen ihren gepanzerten Unterschlupf angerannt, hatten mit geballten Feuerstößen versucht, seine Verteidigung zu überwinden. Dann hatte all das plötzlich aufgehört, und sie waren verschwunden. Die Körper der zerstörten Korrago Bull weigerte sich, den Begriff „getötet" zu verwenden hatten sie achtlos liegenlassen.
    Das war natürlich keine Kapitulation. Das war die Ruhe vor dem Sturm. Bull konnte beinahe körperlich spüren, daß die Androiden einen Angriff planten, gegen den er mit einem Thermostrahler allein nichts würde ausrichten können. „Skill was haben die vor?" fragte er halblaut. „Uns zu überwältigen", erwiderte der Kybernetiker einfach, ganz vertieft in seine Arbeit. „Ach! Danke für den Hinweis. Sag mal, was machst du da eigentlich?"
    „Ich versuche, es zu verhindern."
    Dieser Mann liebte es, in Rätseln zu reden. Bull stand auf und warf einen Blick auf den Tisch, an dem Skill in verkrümmter Haltung stand und mit fremdartigen, teilweise überaus filigranen Instrumenten hantierte. Das war doch der Kommunikator, an dem er arbeitete? Der Kybernetiker hatte die Rückwand des Geräts geöffnet und war nun damit beschäftigt, zwei positronische Anschlußadapter so darauf zu befestigen, daß sie, ungefähr eine Fingerlänge voneinander entfernt, aus den Schaltelementen herausragten wie zwei schlanke Türme, jeder etwa zehn Zentimeter lang. Im Moment schliff er die Adapterspitzen nach, schliff sie scharf zu wie zwei Waffen. Bull hatte keine Ahnung, was das alles sollte. „Ich muß mit Hilfe der Syntroniken in meinem Kopf das positronische Netz der Korrago unter Kontrolle bekommen", erklärte Skill, als er Bulls Blick bemerkte. „Das ist unsere letzte Chance."
    „Ich denke, das geht nicht?"
    „Vielleicht doch." Der dunkelhaarige TLDAgent legte das Werkzeug beiseite. Er blickte nicht besonders glücklich drein. „Eine Möglichkeit gibt es, die ich noch nicht ausprobiert habe."
    „Und was für eine Möglichkeit ist das?"
    Skill antwortete nicht, sondern klemmte sich den Kommunikator unter den Arm, legte die andere Hand auf seinen linken Oberschenkel und setzte sich in Richtung der Treppe in Bewegung, die zur Zentralpositronik hinaufführte. „Ich gehe jetzt nach oben", sagte er mit bebender Stimme. „Wünsch mir alles Gute!"
    „Alles Gute", meinte Reginald Bull irritiert. „Ich hoffe, du weißt, was du tust."
    „Das weiß ich. Glaub mir, das weiß ich verdammt genau."
    Bull hatte keine Zeit, über diese Antwort nachzudenken, denn in diesem Augenblick waren von draußen wieder heranstürmende Korrago zu hören. Die zweite Angriffswelle begann.
     
    *
     
    Skill Morgenstern ließ sich gegen einen der schwarzen Zylinder sinken. Sein Atem ging schwer, als hätte er eine übermenschliche körperliche Anstrengung hinter sich. Der Weg die Treppe hoch war anstrengend gewesen, aber das war nicht der Grund. Der Grund war, daß er Angst hatte.
    Als er Bull gesagt hatte, er könne mit seinen Syntroniken den gesamten Stützpunkt der Korrago kontrollieren, war ihm zugleich dieser Gedanke gekommen, dieser grauenhafte, über alle Maßen entsetzliche Gedanke. Und er hatte ihn nicht mehr verdrängen können, nachdem er einmal dagewesen war.
    Die ganze Zeit hatte er versucht, nicht daran zu denken, und nun mußte er sehen, daß er geradewegs darauf zugesteuert war, als wäre alles unausweichlich gewesen. Nun saß er hier und spürte sein Gesicht allmählich taub und gefühllos werden.
    Natürlich hatte Professor Ubarat die syntronischen Implantate nicht mit einer Schnittstelle versehen, und er hätte ein solches Ansinnen auch entrüstet zurückgewiesen. Die Implantate, hätte er argumentiert, waren keine Werkzeuge, sondern Prothesen. Sie
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