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190 - Der Finder

190 - Der Finder

Titel: 190 - Der Finder
Autoren: Jo Zybell
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Eine weibliche Primärrassenvertreterin schleuderte einen Speer nach ihm, Grao’sil’aana wich ihm aus.
    Wurfhölzer wirbelten zischend durch die Nacht. Der Daa’mure zerschlug sie mit dem Schwert oder duckte sich unter sie hinweg.
    Die Nachtsichtfähigkeiten seines Wirtskörpers waren beachtlich.
    Etwa zehn Schritte trennten ihn noch von der schwer bewaffneten Rotte, als sich ein Entsetzensschrei aus ihr erhob. Die Angreifer blieben stehen, als wären sie gegen ein unsichtbares Hindernis geprallt. Ein erster Fackelschein war auf Grao’sil’aana gefallen, und der unerwartete Anblick des nur mit einer schwarzen Flagge bekleideten Echsenkörpers fuhr ihnen in Mark und Bein. Zwei oder drei machten sogar kehrt, um zurück in die Siedlung zu flüchten.
    Anderen senkten die von Schreck gelähmten Waffenarme, einige stolperten und stürzten.
    Der Daa’mure fiel über die entsetzen Menschen her wie eine Windhose. Gezielt und wirkungsvoll schlug er um sich. Seine Axt und sein Schwert wirbelten, als wären sie gewichtslos. Funken sprühten, Leiber rissen auf, Schwerter und Speere zerbrachen, Knochen und Schädel splitterten. Entsetzensrufe, Todesschreie und Hilferufe hallten über den nächtlichen Kampfplatz.
    Schließlich hatte Grao’sil’aana alle seine Gegner getötet oder in die Flucht geschlagen – bis auf drei. Drei weibliche Primärrassenvertreter umkreisten ihn mit gezückten Schwertern oder Beilen. Eine hatte ihren Speer auf ihn angelegt. Große und schwere Frauen waren das, und mutig waren sie auch, denn sonst wären sie geflüchtet. Oder waren sie einfach nur dumm?
    Nach und nach zogen sie den Kreis um ihn enger. Grao’sil’aana ließ sie keinen Moment aus den Augen. Zugleich tastete er nach Daa’tans mentaler Signatur. Die vibrierte vor Wut. Während die Kriegerinnen näher kamen, veränderte sie sich – bald spürte der Daa’mure nur noch Todesangst.
    Eine der Kriegerinnen stieß einen Laut aus, und dann griffen sie an.
    Grao’sil’aana duckte sich unter dem Schwertstreich weg, schlug eine Axt von ihrem Stiel und zerschmetterte der Frau, die sie führte, den Oberschenkel.
    Der Speer traf ihn in der Seite. Die Speerträgerin stimmte Triumphgeheul an, doch das verstummte sofort wieder, als Grao’sil’aana sich den Speer aus dem Leib riss und zischend eine Dampfwolke aus der Wunde strömte.
    Erschrocken wichen die zwei unverletzten Kriegerinnen zurück, während Grao’sil’aana die winzigen Schuppen seines wandelbaren Körpers so verschob, dass sie die Wunde schlossen. Blitzschnell sprang er zu jener Amazone, der er den Oberschenkel zerschmettert hatte. Seinen Schwerthieb wehrte sie noch mit ihrem Kurzschwert ab, sein Axthieb spaltete ihren Schädel.
    Ohne den anderen beiden eine Verschnaufpause zu gönnen, griff er sie an. Sie wehrten sich tapfer und hartnäckig. Umsonst – einer schlitzte Grao’sil’aana den Bauch auf, der anderen schlug er den Kopf ab.
    Er verlor keine Zeit, spurtete sofort weiter zum Dorf. Einen Augenblick nur stutzte er – er konnte Daa’tans Gedankenmuster nicht mehr oben im Haus ertasten. Hatten sie ihn getötet?
    Grao’sil’aana zweifelte kaum daran. Was sollten sie schon mit einem kleinen trotzigen Jungen anfangen? Doch er wollte Sicherheit, also rannte er weiter.
    Eine Streitmacht von etwa dreißig Bewaffneten stellte sich ihm in den Weg. Sie ritten auf ihren Springern und schossen mit Pfeilen nach ihm. Grao’sil’aana stürmte ihnen entgegen. Diesmal waren sie vorbereitet, diesmal konnte kein Schreck sie mehr lähmen. Plötzlich sah der Daa’mure Flammen lodern und Rauch aufsteigen. Irgendwo im Dorf brannte es.
    ***
    Stundenlang stand der schwarze Prinz wie festgefroren. Nur seine Augäpfel rollten hin und wieder, und einmal begann für kurze Zeit seine Unterlippe zu beben. Vogler und Clarice hatten sich vier Schritte vor dem Feuer und den Greisen auf den kühlen Felsboden gesetzt. Die ganze Zeit über hielt der Waldmann die schmale Hand der Dame aus dem Hause Braxton fest. Er ahnte, dass sie nicht überleben würde, wenn er sie im Stich ließ.
    Cahai und einige Anangu waren eingeschlafen. Die Greise summten und wiegten sich. Gauko’on starrte Victorius aus stechenden Augen an. Vogler war hellwach.
    Nach drei oder vier Stunden geschah es: Blut rann Victorius an drei Stellen aus der Perücke, floss über seine dunkle Stirn in die rechte Braue, über die Schläfe in sein linkes Ohr und über die Wange. Und kurz darauf entspannten sich seine leeren Gesichtszüge
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