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190 - Der Finder

190 - Der Finder

Titel: 190 - Der Finder
Autoren: Jo Zybell
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aus Eisen, und sie ist nicht einmal eine Gedankenmeisterin. Führt sie ab!« Er gab den Anangu ein Handzeichen. »Bringt sie in das Loch und bewacht sie gut.« Die Anangu packten sie, rissen sie hoch und zerrten sie aus der Höhle.
    Clarice weinte, als die Wächter sie die Treppe hinunter und bis vor den Felsen stießen. Dort trafen sie ein halbes Dutzend andere Anangu. Einer war groß und kräftig und hatte helle Haut. Ein kalter Wind blies Vogler ins Gesicht. Die Anangu zwangen sie aufzustehen und trieben sie mit Tritten und Stößen vor sich her.
    Morgendämmerung lag über dem Lager und dem Uluru.
    »Ich liebe Sie, Dame Braxton.« Vogler fasste Clarices Hand. »Ich lass dich nie mehr los, Clarice!« Sein Blick fiel auf einige Schatten, die sich bewegten. Einige waren sehr groß, andere sogar atemberaubend groß.
    Die Mammutechsen und die gigantischen Paarhufer mit dem Wollfell!
    Vogler konzentrierte sich auf die mentale Ausstrahlung der Lebewesen. »Ich versuche es«, flüsterte er. »Ich muss es wenigstens versuchen…« Er stimmte den Gesang der Plattlurche an. Die Schatten bewegten sich schneller, der Boden vibrierte unter ihren stampfenden Schritten. Rasch kamen sie näher. Die Anangu blieben stehen und stießen Worte und Sätze aus, die nach Flüchen klangen; vielleicht waren es auch Gebete. Eine Stimme aus der Dunkelheit rief Voglers Namen.
    ***
    Wieder knallte eine Diele aus den Fugen. Daa’tan zog die Beine noch weiter an, um nicht von dem dicken Brett getroffen zu werden.
    Fassungslos und mit weit aufgerissenen Augen betrachtete er die um ihn herum aufsprießende Flora, und die geflochtenen Fesseln an seinen Armen und Knöcheln, die sich nach und nach in unzählige Pflanzenfasern auflösten.
    An zwei Stellen wucherte das Gestrüpp bereits bis zur Decke. Dort, wo die rote Kriegerin stand und um sich schlug, schlang es sich um ihre Knöchel, wand sich um ihre Unterschenkel und kletterte zu ihren Knien und Oberschenkeln hinauf. Die meisten ihrer Kerle und Kriegerinnen drückten sich schreiend an die gegenüberliegende Wand. Zu fremdartig war, was sie hier erleben und mit ansehen mussten, zu unheimlich. Nur drei oder vier besaßen genug Nervenkraft und beugten sich weit vor, um mit Speeren und Langschwertern im wuchernden Gestrüpp herumzustochern.
    Die Anführerin aber, die Frau namens Cantalic, hatte sich entschlossen, das Unheimliche dieser Pflanzenattacke einfach zu ignorieren. Mit verächtlicher Miene spähte sie nach links und rechts ins Gestrüpp und führte Nuntimor zielsicher und geschickt. So schlug sie eine Bresche in den Wald, in den der große Raum sich allmählich verwandelte. Über die Schulter schrie sie ihre Leute an, endlich ebenfalls das Gestrüpp abzuholzen und ihr gefälligst mit Fackellicht zur Seite zu springen. Zwei Krieger tauchten rechts und links von ihr auf und leuchteten ihr mit ihren Fackeln.
    Die Fesseln an Daa’tans Fußknöcheln lösten sich endgültig auf und fielen von ihm ab. Er heulte laut vor Erleichterung und richtete sich auf den Knien auf. Mehr und mehr Krieger und Kriegerinnen wagten sich jetzt näher an das wuchernde Gestrüpp heran und begannen es ihrer Anführerin gleichzutun und auf Gehölz, Blattwerk und Wurzelgeflecht einzuschlagen.
    Pflanzenfasern fielen nun auch von Daa’tans Handgelenken ab; er war frei und sprang auf. Im selben Moment brach die rote Kriegerin durch den Gestrüppwall. Sie hob das Schwert, stieß einen Wutschrei aus und schlug zu.
    Daa’tan warf sich zur Seite, war aber sofort wieder auf den Beinen.
    Die Klinge war tief ins Holz einer Bodendiele eingedrungen, und die Kriegerin brauchte zwei Atemzüge lang, bis sie Nuntimor wieder aus dem Boden reißen konnte. Daa’tan nutzte seine Chance und sprang gegen das geschlossene Fenster.
    Es splitterte und brach nach außen durch. In einem Hagel aus Glasscherben und Holzteilen prallte der Junge ins Gras vor dem Haus. Er stemmte sich hoch. Es war dunkel. Er rannte los und spurtete den Hang des zentralen Hügels hinunter. Täuschte er sich, oder hörte er fernen Kampflärm? Hinter ihm stapften Schritte, hinter ihm schrien sie wütend, und am lautesten schrie die rote Kriegerin.
    Er brauchte sich nicht umzudrehen, er wusste, dass sie hinter ihm her war – an ihrer tiefen Stimme erkannte er sie.
    Im Mondlicht erkannte er die Umrisse dreier Bäume unterhalb des Hügels. Instinktiv rannte er zu ihnen. Sie bildeten ein Dreieck von vielleicht zwölf Schritten Seitenlänge. In der Mitte dieses Dreiecks
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