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187 - Angriff der Anangu

187 - Angriff der Anangu

Titel: 187 - Angriff der Anangu
Autoren: Jo Zybell und Mia Zorn
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Reddoas. Sie konnte es sich nicht gestatten, bei schönen Gefühlen zu verweilen. Ihre Gedanken eilten schon wieder voraus: zu ihrer Streitmacht, zu ihrem Volk daheim, zu Blackdawn.
    Verdammte Schlampe! Was hast du uns bloß eingebrockt…!
    Und das Schlimmste war, dass sie die verhasste Schwester retten musste. Alles Fluchen und Klagen nützte jetzt nichts.. Die kommende Nacht würde die Entscheidung bringen. Die kommende Nacht musste die Entscheidung bringen.
    In der Abenddämmerung erreichten sie einen Flusslauf. Sie stiegen aus den Sätteln und befreiten die Läufe ihrer Malalas von den durchgewetzten Lumpen.
    Der Fluss war seicht, sie zogen die Tiere an den Zügeln durch sein Bett. In der Böschung am anderen Ufer richteten sich zwei breitschultrige Warwoumen mit roten, grün gesträhnten Haarzöpfen im hohen Gras auf.
    Die ersten Wachen vor dem Lager.
    Cantalic und Big Charley grüßten. Noch im Uferwasser bestiegen sie wieder ihre Tiere und ritten weiter. Im Gebüsch am Rand eines Wäldchens winkten ihnen zwei Krieger: Sweet Charley und Dirty Charley.
    Der zweite Posten. Die Männer bedeuteten der Warwouman, dass alles ruhig sei im Lager und keine besonderen Vorkommnisse zu melden waren.
    Im Lager schließlich brannten schon die ersten kleinen Feuerstellen für die Nacht. Cantalic und Big Charley stiegen ab. Die Warwoumen und die Kerle versammelten sich um sie. Cantalic und ihr Kerl machten die Tiere fest und gingen zu einem der Feuer. Die anderen folgten ihnen. Die Anführerin ließ sich nieder, zog ihren roten Fellmantel über den Kopf und verlangte zu essen und zu trinken. Sie war erschöpft und dachte mit Sorge an die bevorstehende Nacht. Man brachte zuerst ihr Fleisch und Wasser und danach Big Charley.
    »Sind die Späherinnen schon zurück?«, fragte Cantalic kauend.
    »Seit zwei Stunden«, meldete sich eine der Späherinnen zu Wort. »Die Wächter des Uluru sind in den Kampf gezogen. Wir vermuten, dass sie den Shiiperstamm überfallen wollen.«
    »Daagson, der Dreckskerl, ist scharf auf Reittiere.«
    Cantalic mampfte und schmatzte. »Da kommen ihm die armen Shiiper mit ihren wandelnden Fleischbergen gerade recht. Wie viele Warane? Wie viele Dornteufel?«
    »Wir haben keinen einzigen Dornteufel mehr gesehen«, sagte die Späherin. »Die Anangu zogen mit allen drei Waranen, die ihnen noch geblieben sind, und den beiden Shiips nach Norden. Drei Krieger sind im Lager bei Blackdawn geblieben. Alle drei sind verletzt, wahrscheinlich hat Daagson sie deswegen ausgesucht.«
    »Ein vierter Waran ist mit ihren Spähern unterwegs.«
    Cantalic biss ein Stück Fleisch von einer Keule. Grimmig und kauend blickte sie in die Runde. »Sie werden also mit vier Waranen und nicht ganz fünfzig Kriegern das Lager der armen Shiiper angreifen. Nicht zu ändern.« Sie trank aus dem Wasserschlauch, rülpste vernehmlich und reichte das Wasser an Big Charley weiter. Jeder wusste diese Geste zu deuten. Keine Warwouman pflegte einem Kerl etwas zu reichen; weder Wasser, noch Speisen, noch sonst etwas. Einzige Ausnahme: ein Kerl, von dem man sich lieben ließ.
    Cantalic tat, als sähe sie die erstaunten oder spöttischen oder neidischen Blicke rund um das Feuer nicht. »Wichtig für uns ist: Sie haben die Große Marsha zurückgelassen, und sie haben nur drei Krieger zu ihrer Bewachung abgestellt.« Sie wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab und sah in die Runde. Ihr wurde schwer ums Herz. Eine Handvoll Warwoumen und Kerle fehlten. Nicht weil sie rund ums Lager auf ihren Posten standen, sondern weil sie gefallen waren.
    Der nächtliche Überraschungsangriff auf die verdammten Anangu hatte acht Reddoas das Leben gekostet. Etwa genauso viele waren verletzt, drei sogar schwer. Und einige von denen, die jetzt noch hier am Feuer saßen, würden vielleicht in den nächsten Stunden ihr Leben verlieren. Cantalic schluckte. Sie war hart, grobschlächtig und wild, und sie zeigte selten so etwas wie Feingefühl. Aber sie hing an jedem einzelnen ihrer Leute. Sogar an den Kerlen. In diesen Sekunden hätte sie heulen können vor Wut und Trauer.
    Stattdessen stand sie auf, wandte dem Feuer und ihren Warwoumen und Kerlen den Rücken zu, verschränkte die kräftigen Arme vor der Brust und stierte in den Wald.
    Die Baumstämme verwandelten sich in dunkle Säulen, Büsche und Gestrüpp in schlafende Tiere. »Der Tag geht zu Ende«, sagte sie. »Diese Nacht ist die Nacht der Reddoas. Wir werden kämpfen. Wir werden unsere neue Große Marsha holen.
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