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1850 - Traumtod

Titel: 1850 - Traumtod
Autoren: Unbekannt
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Schelte. Aber anstatt sie zu tadeln, strich Tara ihr zärtlich übers Haar.
    „Es war richtig, was du mit deinem Vater gemacht hast", sagte sie sanft zu ihr. „Er hat es sich so sehr gewünscht, aber nicht die Kraft gehabt, es zu tun. Mit mir verhält es sich jedoch anders. Ich möchte alle Lektionen des Philosophen empfangen und bis zuletzt ausharren. Es ist mein sehnlichster Wunsch, daß Goedda selbst mich zu sich holt."
    „Ehrlich?"
    „Ehrlich."
     
    10.
     
    Das fünfte Flimmern war ein elementares Ereignis.
    Das vierte Flimmern hatte nicht viel bewirkt, wenn man davon absieht, daß dadurch die Todessehnsucht aller Terraner noch mehr verstärkt wurde und die Todesrate entsprechend stieg. Aber es verschaffte mir nicht den erwarteten Kick und hinterließ eher Enttäuschung in mir. So erging es vielen, wie ich aus Gesprächen erfuhr.
    Doch schon sechs Tage danach kam das fünfte Flimmern. Es war einmalig, unvergleichlich - stärker als die vier vorangegangenen Flimmerphänomene zusammen. Es rüttelte mich von den Zehennägeln bis zu den Haarspitzen durch, als stünde ich unter Hochspannung.
    So muß Lester gefühlt haben, als Kim ihm den Gnadenstoß gab ...
    Als es vorbei war, da wußte ich, daß dies der süße Vorgeschmack auf den Tod gewesen ist. Und ich wurde in der Absicht bestärkt, niemanden Hand an mich legen zu lassen. Ich wollte das sechste Flimmern bei vollem Bewußtsein erleben.
    Aber das wurde ab diesem 22. September immer schwerer.
    Das fünfte Flimmern räumte unter den Schwachen ordentlich auf, raffte Millionen von ihnen dahin.
    Goedda hat ihnen diesen harten Impuls vermutlich als Vorspiel des Finales geschickt. Um einen Vorgeschmack dessen zu bekommen, was ihr das Milliardenmahl bescheren würde.
    Nun, es wird köstlich sein, Goedda ...
    Wenn man sich so hört ... obwohl ich nicht weiß, wer meine Aufzeichnungen finden sollte, wo doch alles Leben in Goedda einfließen wird ... aber falls man mich hört, so könnte man zu der Meinung kommen, daß ich diesem Geschehen nicht den nötigen Respekt zolle.
    In diesem Falle solle man sich die Bilder ansehen, und man wird feststellen, daß ich durch und durch verklärt bin. Ich hab’s im Spiegel bestätigt bekommen: Ich bin im Geiste bereits in Goedda aufgegangen, obwohl ich noch in meinem Körper zu Gast bin. Es ist eben so meine Art, die Dinge durch Schnoddrigkeit zu überspielen.
    Diese Feststellung ist zugleich eine Entschuldigung.
    Während ich diese Aufzeichnung mache, sind rings um den See längst die Amokläufer unterwegs. Bei vielen hat das fünfte Flimmern einen geistigen Knacks verursacht. Sie sind zu sektiererischen Fanatikern geworden, die Jagd auf andere Menschen machen, um sie vom Leben zu Goedda zu befördern.
    Ich habe im Haus drei Kameras installiert, die alle Vorgänge aufzeichnen, man wird’s ja sehen. Zwei weitere stehen im Garten, um die Stimmung in der Siedlung einzufangen. Eine davon ist leider ausgefallen, vermutlich von Wandalen zerstört.
    Ich mache ihnen keinen Vorwurf, aber ich empfinde Bedauern für sie. Sie können die Lehren des Philosophen nicht wirklich verstehen.
    Sie sind blind und taub für die wahre Aussage, die für mich lautet: Es ist das höchste Glück, allen Versuchungen zu widerstehen und sich Goeddas sechstem Kuß hinzugeben.
    Nicht weniger strebe ich an. Und darum habe ich mich im Haus verbarrikadiert und denke nicht daran, auch nur einen Schritt davor zu setzen.
    Ich beschütze so darüber hinaus Kim, denn sie hat bekundet, bis zuletzt mit mir ausharren zu wollen.
    Aber ich bin ihr gegenüber auf der Hut. Ja, das muß ich wohl sein.
    Denn Kim trauert vielleicht der versäumten Gelegenheit nach, daß sie damals - es scheint schon eine Ewigkeit herzusein -nur Lester erwischt hat. Ich habe ihr meinen Standpunkt zwar sehr eindringlich dargelegt, aber ob sie mir auch geglaubt hat?
    Wer weiß schon, was in Kindern vor sich geht? Und vor allem in einem im Geiste so reinen Kind wie Kim, das die Lehren des Philosophen vollinhaltlich versteht?
    Etwas beschäftigt mich noch. Ich wundere mich, wie Kim es geschafft hat, die Stromkreise so umzupolen, daß unsere Haustür zur tödlichen Falle wurde. Eine Achtjährige! Ich werde sie fragen.
    War da ein Geräusch, als würde jemand gegen ein Hindernis stoßen? Aber nein, das ist unmöglich. Nur Kim und ich sind im Haus. Niemand könnte unbemerkt eindringen.
    „Kim, mein Schatz, wie hast du es geschafft, den Hauseingang unter Strom zu setzen?"
    „Na, eben so."
    „Das
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