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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht
Autoren: Michael M. Thurner
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des Dorfs.
    »Ich übernehme wieder«, sagte Aruula laut. »Oder ist jemand hier, der noch daran zweifelt, wie recht ich hatte?«
    Tello blickte sie an, leichenblass. »Ich dachte, du wärst…«
    »Im Roodtren? In diesem miserablen kleinen Käfig?« Sie lachte verächtlich. »Du wolltest mich hinrichten lassen, weil ich OZZ verraten hätte. Willst du das leugnen?« Ihr Schwertarm war müde, und dennoch schien er weitere Arbeit zu bekommen.
    »Haltet ein!«, rief eine wohlbekannte Stimme dazwischen.
    Syd drängte sich vor, schob sich zwischen Tello und Aruula.
    »Es wird kein weiteres Blutvergießen geben. Wir sollten danach trachten, so rasch wie möglich von hier weg zu kommen.«
    »Es besteht keine Gefahr mehr«, sagte Aruula. »Die Tooner sind wieder bei klarem Verstand, und ihr Anführer ist tot.«
    »Wir sollten dennoch so rasch wie möglich verschwinden.«
    Syd packte sie kräftig am Arm. »Ich bitte dich, jeden Gedanken an Rache fallen zu lassen. Es waren schreckliche Stunden. Wir haben viele Tote zu beklagen. Alle hier wollen bloß noch weg.«
    »Was sagt der Rabbadaag dazu?«
    »Gar nichts mehr; er ist vor wenigen Minuten an einer Stichwunde gestorben. Ich wurde vom Rat der Händler zum neuen Leiter dieser Handelsexpedition ernannt.« Leise, aber mit eindringlicher Stimme fuhr Syd fort: »Ich beschwöre dich, das Kommando über die Wachen wieder zu übernehmen. Tello soll dir nicht mehr im Weg stehen. Er hat sich im Kampf bewährt und seine Loyalität zu OZZ bewiesen. Er soll gut entlohnt und beim nächsten Zwischenhalt in allen Ehren verabschiedet werden.«
    »Und du willst den Roodtren weiter vorantreiben?«
    Der kleine, zart gebaute Mann lächelte. »Ich besitze vielleicht nicht das Gespür des Rabbadaags, aber ich habe ein gutes Gedächtnis – und eine Karte all jener Stationen, die die Handelskarawane während der letzten zwanzig Jahre angelaufen ist. Ich denke, dass die anderen Händler mit mir zufrieden sein werden.«
    Aruula sah sich um, blickte in erwartungsvolle Gesichter.
    »Also gut«, sagte sie schließlich. »Ich begleite euch, so lange es mir passt. Du weißt, dass ich ein besonderes Ziel vor Augen habe?«
    Syd lächelte traurig. »Ich erinnere mich. Ich bitte dich lediglich, die Wächter zu schulen. Derweil bringen wir dich so nahe wie möglich an den Uluru heran. Dort kannst du deiner Wege gehen, gut belohnt und mit allem versehen, was du dir wünschst. Ist das ein Angebot?«
    Ja, das war es.
    Aruula würde sich ein paar Tage lang mit ungewohnter Arbeit beschäftigen müssen. Dann, so hoffte sie, würde sie das Ziel ihrer langen Reise erreichen.
    Sie blickte ein weiteres Mal auf Toon zurück. Auf seine flackernden Feuer und auf die Bürger, die nahe bei ihren Palisadenzäunen standen und sich möglicherweise genauso vor einem Entscheidungskampf ängstigten wie jene Wachen an ihrer Seite.
    Ein Tuten ertönte. Long Joon setzte seine Kessel unter Dampf und forderte seine Kollegen bei den Antriebsmaschinen weiter hinten auf, es ihm gleich zu tun.
    Möglicherweise waren es ein letztes Mal die drei Hüter, die über ihrer aller Schicksal entschieden und eine möglichst rasche Trennung zwischen Toonern und Händlern forcierten.
    Aruula wusste es nicht, sie wollte auch nicht darüber nachdenken.
    Allmählich versickerten die Gedanken an die Erlebnisse oben beim Felslabyrinth. Auch schien sich niemand im Handelszug OZZ um das Schicksal Aluurs zu kümmern. Es war fast so, als hätte man ihn vergessen.
    »Alle einsteigen!«, befahl Aruula lautstark. »Die Wachen bleiben kampfbereit, der Wachturm wird bemannt. Bewegt euch, ihr faulen Hunde!«
    OZZ würde weiter fahren, wie er es seit achtzig Jahren schon tat. Die fremdartigen, unbekannten Lebewesen im ersten Wagen hatten vorerst ihr Geheimnis gewahrt, so wie auch vieles andere im Schatten des Vergessens ruhte. Neue Geschichten würden erfunden und erzählt werden. Irgendwann, so mutmaßte Aruula, würde auch ihr Name den Kern einer Saga bilden…
    ENDE
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