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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht
Autoren: Michael M. Thurner
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durchlebte einmal mehr die Torturen, sah all die gequälten Menschen, die Moogan besessen hatte.
    »Eine Idee kann man nicht töten, meine Hübsche.« Endlich bewegte er sich, drehte sich steif beiseite. Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn, sein Blick ging ins Leere. »Oder willst du daran zweifeln, dass ich es wirklich bin?«
    Moogan war schön, so begehrenswert schön. Augen, Mund, Kopf und Oberkörper – jeder Teil für sich gesehen musste eine Frau in Versuchung bringen. In seiner Gesamtheit jedoch war dieser unheimliche Mann das perfekteste Geschöpf, das sie jemals zu Gesicht bekommen hatte. Lediglich an kleinen Fältchen und wenigen grauen Strähnchen konnte Aruula erkennen, dass er fünfzig Winter oder älter sein musste. Aber was spielte das für eine Rolle…
    »Deine Versuche, mich zu beeinflussen, gehen ins Leere«, murmelte sie angestrengt. »Ich weiß jetzt, mich gegen dich zu schützen.«
    »Du lügst«, sagte Moogan heiser. Er lächelte sie verlockend an, brachte ihr Innerstes zum Vibrieren. »Es ist eine andere Macht, die dich zu schützen versucht. Aber es wird dir nichts nützen, Aruula.« Er lockte mit dem Zeigefinger. »Setz dich zu mir, meine Hübsche! Ich gebe dir Liebe und Leidenschaft, wie du sie niemals zuvor empfunden hast. Während sich die Narren dort draußen gegenseitig den Tod bringen, werden wir uns paaren…«
    Dort draußen. Die Tooner. Die Händler des Roodtrens.
    Mühsam brachte Aruula ihren Geist unter Kontrolle, stoppte ihren Schritt. Verblüfft bemerkte sie, dass sie bereits ganz nahe an Moogan heran war, so nah, dass sie seinen süßen Atem bereits auf ihrer Haut spürte.
    »Nein!«, schrie sie auf, durchbrach damit den Zauber, den Moogan um sie gewebt hatte, trat dem Mann mit aller Wucht gegen die Rippen.
    »Du wagst es?«, zischte er. Seine Gesichtszüge unterliefen einer unheimlichen Wandlung. Alles Böse, das er darstellte und das er war, zeigte sich binnen weniger Augenblicke. Jede Pore seiner Haut atmete Wölkchen voll Bösartigkeit und Hass aus.
    Moogan streckte die Arme wie beschwörend in ihre Richtung, murmelte fremdartige Worte, wollte sie wieder in einem Gespinst aus Lug und Trug fangen.
    Aruula kämpfte dagegen an, Schritt für Schritt. Nun, da sie seine Kräfte einmal zurückgeschlagen hatte, fiel es ihr leichter, gegen Moogan anzugehen. Sie hob ihr Schwert, elend langsam, erfreute sich an seinem entsetzten Gesicht, atmete ein letztes Mal tief durch, bevor sie zuschlug…
    … als die Tooner in den Raum strömten und über sie herfielen.
    14.
    »Er muss weg!« Der Großvater hustete und spuckte Blut.
    »Moogan ist nicht mehr zu kontrollieren.«
    »Wir können ihm nichts nachweisen. Solange er nichts zugibt und keiner der Tooner bereit ist, gegen ihn auszusagen, bleiben all die Dinge unklar, die im Dorf während der letzten Monate geschehen sind«, sagte der Vater schwach. Es war, als wollte er sich selbst durch den Klang seiner Stimme beruhigen.
    »All die Grausamkeiten, Morde und Vergewaltigungen, von denen wir hörten, können unmöglich auf ihn alleine zurückzuführen sein.«
    »Wir müssen eine Lösung finden«, murmelte der Sohn.
    Traurig blickte er auf seine Knäuelsammlung, die in letzter Zeit zusammengeschrumpft war. Viele Fäden fühlten sich rissig und brüchig an. »Wir können ihn nicht ewig in Gewahrsam behalten. Er schreit Tag und Nacht, seit wir ihn in die Höhle unterhalb unserer Hütte verbannt haben. Die Dunkelheit macht ihn allmählich wahnsinnig, befürchte ich.«
    »… wenn er es denn nicht schon immer war«, fügte der älteste Hüter hinzu. »Wir werden ihn richten. Er schadet uns und unserem Ziel. Wir müssen einsehen, dass es ein Fehler war, die Zwillinge aufzunehmen.«
    »Meenor ist kein Fehler!«, beharrte der Vater wütend.
    »Der eine ist nichts ohne den anderen«, sagte der Sohn.
    »Dennoch werden wir sie voneinander trennen«, sprach der Vater.
    »Wir werden Moogan wegschicken. Möge er woanders zu einem besseren Menschen heranreifen. Wir waren nicht in der Lage, ihn zu bändigen.« Er griff nach jenem wirren Faden, der kreuz und quer durch ihre Behausung lag. Er war unregelmäßig gewebt, brüchig und drohte an vielen Stellen zu reißen.
    Moogans Faden. Der Vater zupfte leicht an ihm, verfolgte die Vibrationen des leicht gespannten, filigranen Garns mit aufmerksamem Blick und sah es zwischen den Felsen verschwinden, wo es hinab in die Höhle führte.
    »Du bist frei, Junge«, sagte er. »Ich bete zu den Göttern, dass wir
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