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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht
Autoren: Michael M. Thurner
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die richtige Entscheidung treffen.«
    Unter ihren Füßen endete das Wehklagen. Jubelgeschrei erklang. Gemeinsam sahen die drei auf den Faden in der Hand des Vaters. Erst langsam bewegte dieser sich durch die schwieligen Finger, dann wuchs sich die Geschwindigkeit, mit der er sich aus dem nie enden wollenden Knäuel aus der Hütte abspulte. Immer schneller wurde der Faden, zitterte in der Hand des Vaters unruhig hin und her.
    Mit steigendem Tempo wurde das Garn immer blasser, durchscheinender, bis es sich schließlich ganz auflöste. Der Großvater schloss seufzend die Augen, während der Vater die nun leere Hand zur Faust schloss. Moogan war gegangen, nein, sie hatten ihn flüchten lassen.
    »Hoffentlich war das kein Fehler«, flüsterte der Sohn. »Ich hoffe wirklich, dass wir es nicht eines Tages bereuen werden.«
    15.
    Ihr rasch geführter Hieb traf Moogan mit der Breitseite an der Schläfe, tötete ihn aber nicht. Verwirrt und benommen sank er zur Seite, in die Arme eines Tooners.
    Hatte Aruula gehofft, dass die Angriffe der Dörfler nun enden würden, so hatte sie sich geirrt. Wütender als zuvor drangen Kinder, Frauen, Alte und Krieger auf sie ein.
    Die Tooner drängten und rempelten sie beiseite, weg von Moogan. So sehr sie sich auch wehrte, Ohrfeigen und Hiebe mit einem abgebrochenen Stuhlbein austeilte – ihr Kampf war aussichtslos. Sie musste das Weite suchen, bevor sie von der schieren Masse ihrer Gegner zu Boden gedrückt wurde, wie es ihr bereits gestern geschehen war.
    Warum erwachten diese Menschen nicht aus ihrem Alptraum? Warum besaß Moogan selbst in seiner Benommenheit Macht über sie?
    Aruula spürte das Fenster in ihrem Rücken. Sie hieb mit dem Ellbogen nach hinten, zertrümmerte das Glas und räumte die Splitter mit dem Stuhlbein beiseite. Ein letzter Tritt in den Raum hinein, ein Schrei, der die Menschen verunsichern sollte, um sich Platz zu schaffen, dann der Sprung. Sie landete im nassen Grün eines Vorgartens.
    Kleine und kleinste Glassplitter drückten sich schmerzhaft in Beine und Arme. Aruula rappelte sich hoch, ließ ihr Schwert als Abschreckung in Richtung ihrer Gegner pfeifen.
    Die Tooner schienen damit zufrieden zu sein, sie aus der unmittelbaren Nähe Moogans vertrieben zu haben. Sie folgten ihr nicht. Aruula nahm sich die Zeit, die Lage der Dinge auf dem Dorfplatz abzuschätzen.
    Tello schien, entgegen ihrer Befürchtungen, kein schlechter Krieger zu sein. Er und die anderen Wächter befanden sich in einer geordneten Rückwärtsbewegung. Die meisten der waffenlosen Händler sah die Barbarin in ihrer Mitte. Der Rabbadaag hielt sich den Bauch, sein Blut troff schwer zu Boden. Aluur war nirgends zu sehen.
    Aruula zögerte.
    Die Gelegenheit war günstig, das Kommando über die Wächter an sich zu reißen. Wenn sie es geschickt anstellten, konnten sie den Zug erreichen, sich verbarrikadieren und mit ein wenig Glück in wenigen Stunden die Fahrt aufnehmen.
    Was aber passierte, wenn Moogan wieder zu sich kam und beschloss, auch die Reisenden des Roodtrens in seinem Sinne zu beeinflussen? Bislang schien er sich einen Spaß daraus gemacht zu haben, zwei Parteien gegeneinander antreten zu lassen und Blut fließen zu sehen. Aruula zweifelte aber nicht daran, dass es ihm gelingen würde, sowohl Tooner als auch Händler unter seine geistige Knute zu zwingen.
    Nein.
    Dieser Kampf musste zu einem Ende gebracht werden.
    Komm zu uns, hörte sie plötzlich eine Stimme in ihrem Kopf. Komm her und hilf uns!
    Alle Alarmglocken schrillten in Aruula. Machte sich etwa ein weiterer Lauscher daran, ihren Geist zu unterjochen? Und warum hatte sie ihn bislang nicht gespürt?
    Wir wollen dich nicht beeinflussen; wir benötigen deine Hilfe, um Dinge wieder in Ordnung zu bringen, die uns entglitten sind.
    Und wer seid ihr?, dachte Aruula konzentriert, während sie ein wenig von Moogans Haus zurückwich. Die Tooner darin fauchten, spuckten und schrien sie an, ohne Anstalten zu machen, ihr zu folgen.
    Wir sind diejenigen, die dieses ganze Unheil angerichtet haben, antwortete diesmal eine andere »Stimme«, die deutlich frischer und schärfer wirkte. Wir sind die drei Hüter.
    ***
    Gab es denn etwas zu verlieren? Rasch überschlug sie die Situation. Derzeit würde sie nicht an Moogan herankommen.
    Die Händler des Roodtrens hingegen schienen ohne ihre Hilfe entkommen zu können.
    Das Drängen jener Wesen wurde stärker, ohne das Gefühl einer Beeinflussung hervorzurufen. Es handelte sich in der Tat um
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