185 - Ein Albtraum erwacht
unterhielten. Angst lag in ihren Stimmen, Angst und Ratlosigkeit.
Sie hatte Recht gehabt, bei Wudan! Moogan lebte, und er suchte neue Opfer für seine grenzenlose Gewaltbereitschaft!
***
»Lasst mich raus!«, brüllte Aruula durch die Tür. »Da draußen wütet ein Monster!«
Keine Antwort. Sie hörte lediglich das rasche Trippeln weichen Schuhwerks über Stein.
Entweder suchten die Wächter ihr Heil in der Flucht, oder sie waren pflichtbewusst genug, um den Händlern in Toon zur Hilfe zu eilen.
Einerlei; dies war ihre Chance! Erneut fasste sie die Schnürung links und rechts, ignorierte die Schmerzen in den Händen, als sich der Bast in ihre Finger schnitt, und zog, so fest sie nur konnte.
Der Balken ächzte und krachte – und gab schließlich mit einem lauten Knall nach. Aruula taumelte zurück, fiel auf den Rücken. Kurz blieb sie liegen und lauschte, ob sich irgendwer um sie kümmerte.
Nein. Der offensichtliche Kampfeslärm aus dem nahen Dorf übertünchte alles andere.
Ein zweiter Balken musste weg. Diesmal ging ihr Werk leichter vonstatten. Mit einer weiteren Kraftanstrengung zerbrach auch er und hinterließ eine ausreichend breite Lücke im Boden.
Ruhig, auf die spitz aufragenden Holzsplitter achtend, ließ Aruula sich hinab gleiten. Ein Meter unter ihr befand sich glitschiger Steinboden. Aruula tauchte unter dem Wagen weg, arbeitete sich auf den Knien vorwärts und kletterte schließlich an der Breitseite zwischen den Kupplungen hoch.
Niemand war zu sehen. Tatsächlich hatten alle Wächter ihre Plätze verlassen. Fünfzig Schritt vor ihr liefen sie auf das Tor im Palisadenzaun zu, mit gezückten Waffen und sich selbst mit lautem Geschrei anfeuernd.
Die Männer wussten nicht, worauf sie sich einließen! Sie würden gegen die geistige Beeinflussung Moogans nicht ankommen.
Konnte sie es denn?
Nun – es kam auf einen Versuch an.
Aruula war einmal vor Moogan auf den Knien gekrochen.
Sie hatte sich geschworen, dies nie mehr wieder zu tun.
Es wurde Zeit, auszutesten, was ihr Schwur wert war.
***
Sie hatte sich in der Waffenkammer von Wagen Nummer 20 ausgiebig bedient. Ein halbwegs vernünftig ausbalanciertes Schwert lag in ihrer Rechten, in der anderen Hand hielt sie einen leichten Morgenstern mit langer Kette. Die Kampfgeräusche dauerten unvermindert an. Trotz der Beeinflussung durch Moogan leisteten die Bewohner des Roodtrens anscheinend erbitterten Widerstand.
Aruula verlangsamte ihre Schritte und versuchte zu lauschen.
Da waren die beiden Telepathen, Aluur und Moogan, die alle anderen Gedanken übertünchten. Die beiden waren einander räumlich nah, beachteten die Gegenwart des anderen aber nicht. Der eine war voll von Furcht, während der andere an unermesslich schreckliche Dinge dachte.
Aruula hatte während der letzten Wochen an geistiger Stärke gewonnen. Möglicherweise hing dies mit der spürbaren Nähe des brennenden Felsens zusammen. Damals war sie den geistigen Kräften Moogans unterlegen. Diesmal jedoch spürte sie dessen Stärke und konnte dem Druck widerstehen.
Nein. Dies war nicht die Zeit, um zu zögern. Sie musste handeln!
Das Palisadentor stand sperrangelweit offen. Gewaltige Feuer loderten über die Dächer hinweg; im Vordergrund tobten erbitterte Kämpfe zwischen den Bewohnern Toons und den Händlern des Roodtrens.
Jener Alte, der sie gestern freundlich und in allen Ehren empfangen hatte, fiel soeben mit wutverzerrtem Gesicht über eines von Frannys Mädchen her und verbiss sich in ihren Hals.
Eine der Dörflerinnen hatte sich des Salzhändlers bemächtigt; wütend peitschte sie den Gefesselten vor sich her, quer über den Versammlungsplatz, während sich der Rabbadaag dem Zugriff mehrerer zähnefletschender Jugendlicher erwehren musste.
Aruula teilte Hiebe nach links und rechts aus, half Syd auf die Beine und stieß ihn in Richtung Tor, befreite Aluur aus der Gewalt eines lüsternen Dörflers, der bereits seine Hosen heruntergelassen hatte.
Du bekämpfst die Wirkung, aber nicht die Ursache!, schoss es ihr durch den Kopf.
Ein Blick in die Gesichter der Dörfler sagte ihr, dass sie es in der Tat mit Moogan zu tun hatte, der die Leute steuerte. Sie wusste, dass dieses Monster keinen Grund benötigte, um Schlachten zu beginnen und zu führen. Er fand Spaß an Grausamkeiten und Zerstörung, er labte sich am Schmerz anderer.
Hastig blickte sie sich um. Der Kampf wogte hin und her.
Tello und seine Leute wehrten sich verzweifelt gegen die Tooner; sie bemühten sich,
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