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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht
Autoren: Michael M. Thurner
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Mosaiksteine, die wie beliebig ins Antlitz geklebt wirkten.
    Die Augen hingegen strahlten Feuer und Kraft aus. Sie alleine schienen den Körper anzutreiben und am Leben zu erhalten.
    Aruula blickte zu den beiden anderen Gestalten.
    Sie waren weit, weit älter. Es war der Barbarin, als sähe sie Gestalten, die bereits zu Anbeginn aller Zeiten über die Erde gewandelt waren.
    Kreatürliche Angst machte sich in ihr breit. Dies waren Wesen, deren Existenz unmöglich war, die niemals hätten sein dürfen.
    »Sehen wir denn tatsächlich so alt und erschreckend aus?«, flüsterte der Mittlere.
    »J…ja«, antwortete Aruula ehrlich. Sie blieb stehen und widerstand dem Fluchtreflex.
    »Es ist an der Zeit für mich, zu sterben«, raspelte der Älteste. Fetzen, die einmal feinster Stoff gewesen sein mochten, hingen ihm vom ausgemergelten Leib. »Nachdem du gekommen bist, ist es mein gutes Recht, den Weg in die Dunkelheit zu gehen, nicht wahr?« Unendlich langsam drehte er den Kopf und blickte die beiden anderen Männer an. Seine Halsgelenke knirschten, der Schädel schien vom Rumpf fallen zu wollen.
    »Moment!«, sagte Aruula verwirrt. »Was habe ich damit zu tun?«
    »Weißt du es denn nicht?«, fragte der jüngste Greis. Seine Stimme klang nun kräftig und aufgeregt. »Wir haben dich gerufen und dir den Weg hierher gezeigt. Du sollst den Platz des Großvaters einnehmen – und Moogans Schicksal in deine Hände nehmen.«
    »Ich denke gar nicht daran, bei euch zu bleiben!«, sagte Aruula nach einer Schrecksekunde. »Ich will nur dieses Monster in Menschengestalt mit eurer Hilfe zur Strecke zu bringen.«
    »Willst du das wirklich?«, fragte der Mittlere. Er wirkte gequält, als verbände ihn ein seltsames Band der Liebe mit Moogan. »Willst du denn nicht die Geschichte hören, die mit ihm und seinem Bruder Meenor verbunden ist?«
    »Seinem Bruder?« Verwirrt blickte Aruula von einem zum anderen. »Ich verstehe nicht…«
    »Du bist kräftig«, murmelte der Großvater mit einer Stimme, die wie raschelndes Papier klang. »Deine telepathischen Fähigkeiten sind so stark ausgeprägt, dass wir dich über Hunderte Kilometer hinweg hierher locken konnten. Du bist ausersehen, nun eine Entscheidung über etwas zu treffen, das wir längst nicht mehr beurteilen können. – Komm näher!«, forderte er schließlich.
    Es war weniger Bitte als Befehl. Aruula steckte das Schwert zurück in die Scheide. Der Faden um ihr Fußgelenk saß nun locker. Dennoch konnte sie nicht widerstehen. Sie wollte hören, wer und was Moogan war. Sie setzte sich vor den drei Gestalten ins Gras, blickte angespannt zu ihnen hoch. Ihre Angst wich dem Gefühl der Neugierde. Hier und jetzt, so schien es, würden sich Geheimnisse offenbaren, die für die Ohren von nur wenigen Auserwählten bestimmt waren.
    »Es ist die Geschichte unseres Lebens«, fuhr der Großvater fort. Er hustete und spuckte Blut auf den moosigen Boden. »Sie reicht weit zurück und ist von immenser Bedeutung…«
    16.
    Zeit ist ein Ding, das nicht unbedingt immer Bedeutung hat.
    Man kann ihr entkommen, wenn man es denn will und auch weiß, auf welch schreckliches Schicksal man sich einlässt.
    Vor vielen, vielen Jahren, als die Staubwolken die Erde noch in festem Griff hielten, kamen wir hierher. Wir gehörten einem wandernden Volk an, waren Ausgestoßene, denn unser Blut ist das Gemisch von Anangu-Müttern und weißen Vätern.
    Alle unsere Freunde und Verwandte sind längst zu Staub geworden, ihre Namen der Vergessenheit anheim gefallen.
    Durch einen Zufall fanden wir das Felsenlabyrinth. Wir gelangten auf diese Anhöhe, erforschten die Höhlen darunter, fühlten die Bedeutung und Magie des Ortes. Vielleicht kannst du es nicht spüren, weil deine Verwirrung noch zu groß ist, aber dieses Land stellt eine Räumlichkeit dar, die es gar nicht geben darf. Alles hier existiert zwischen dem Reich der Menschen und jenem der Traumzeit. Es ist eine Grauzone, von der aus man in beide Richtungen blicken kann.
    Unsere Blicke zeigten uns, was war, ist und sein wird. Sie zeigten uns, was den Anangu angetan wurde, unter welchem Machteinfluss sie stehen.
    Doch sehen bedeutet nicht gleichzeitig, dass man etwas ändern kann. Die Dinge, die die Anangu im Namen einer höheren Macht tun, übersteigen jedes menschliche Fassungsvermögen. Und sie tun dies nicht erst seit Jahren oder Jahrhunderten; es begann lange vor dem Fall jenes Himmelskörpers, der die Erde verdunkelte…
    Wir verließen diesen Platz nie mehr. Er
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