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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht
Autoren: Michael M. Thurner
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bot uns nicht nur eine Heimat, sondern schützte uns auch vor der Macht, die alle Anangu beeinflusst. Diese Enklave ist wie gesagt eine Grauzone zwischen den Welten, und offenbar kann sie uns hier nicht finden. Um aber zu überleben, benötigten wir andere, die uns mit allem versorgen konnten, was wir zum Leben brauchten. Im Gegenzug boten wir ihnen den Schutz der Enklave an.
    Menschen folgten unserem geistigen Ruf. Sie gründeten das Dorf Toon, machten das Land mit unserem Wissen urbar. Wir nutzten ihre geistigen Energien, um noch tiefer in die Traumzeit vorzudringen. Doch wir vermochten die Kräfte der Menschen nicht zu koordinieren. Es bedurfte eines Helfers, der die Geisteskräfte der Tooner steuerte und für uns bündelte.
    Wir glaubten schon, dass all unsere Arbeit vergeblich gewesen sei. Unsere Kräfte schwanden. Der Sog der Zeit begann immer stärker an uns zu zerren und uns ins normale Leben der Sterblichen zurück zu holen. Das alles änderte sich, als wir die Zwillinge vor unserer Tür fanden…
    Aruula wagte kaum zu atmen. Die mühevoll dahin genuschelten Erlebnisse der drei Hüter wurden vor ihr lebendig. Sie vermeinte die Geschichte mehrerer Jahrhunderte mit all ihren Sinnen zu fühlen und schließlich auch mitzuerleben, wie die Zwillinge Moogan und Meenor heranwuchsen.
    Einer von ihnen wurde zum Maa’or, der kraft seiner Güte und Intelligenz die Tooner in eine Zeit des Wohlstands lenkte.
    Wenn die Hüter eine Reise in die Traumwelt unternahmen, um die Geheimnisse der Anangu zu ergründen, bündelte er die geistigen Kräfte der Dörfler und stellte sie den dreien zur Verfügung. Dies war alles, was die Hüter verlangten, und es waren geringe Opfer für den Reichtum und das Glück, das den Toonern zuteil wurde.
    Moogan, der ein dunkles Spiegelbild seines Bruders schien, wurde nach grausigen Verdachtsmomenten verbannt. Er verließ Ausala und entzog sich irgendwann den geistigen Fühlern der drei Hüter, um sein eigenes Reich zu gründen. Ein Reich, das, wie Aruula wusste, auf den Säulen von Schrecken und Angst errichtet worden war.
    Die erdrückende Nähe der drei Hüter, die auch Aruula immer stärker wahrnahm, musste ihn von Kind auf in die Nähe des Wahnsinns gerückt haben. Während ihre guten Einflüsse Meenor speisten, bekam Moogan alle Schlechtigkeiten und Untugenden ab…
    17.
    Doch der vermeintliche Frieden und jene Periode des Glücks unter Meenor sollten enden.
    Moogan starb in der Fremde; wir konnten den starken Todesimpuls spüren und wurden von Trauer und Anteilnahme überschwemmt, auch wenn wir spürten, dass die Taten seines Lebens unrühmlich und widerwärtig gewesen waren. Moogan war nicht unser leibliches Kind, aber wir hatten ihn aufwachsen gesehen und ihm all unsere Liebe geschenkt.
    Also litten wir, als wir den Todesimpuls spürten.
    Was wir allerdings nicht ahnten, war die Stärke der geistigen Verbundenheit zwischen Moogan und Meenor. Das unsichtbare Band zwischen den beiden war wohl niemals gerissen, so weit Moogan auch weg gewesen sein mochte. Die Gedanken und Erinnerungen des Sterbenden übertrugen sich auf den Bruder. Was an Vernunft und Wahnsinn früher geteilt gewesen war, fand nun zusammen und bildete eine äußerst unglückselige Verbindung.
    Du hast Meenor kennen gelernt, Aruula. Er besitzt die Erinnerungen, den Hass und die Wut Moogans. Und wenn dieser Teil die Oberhand gewinnt, ist nichts mehr vor ihm sicher.
    Nun sind die Dinge vollends aus dem Ruder gelaufen. Wir hoffen, dass du kraft deiner Stärke die Dinge wieder in Ordnung bringen kannst. Ich sterbe. Ich habe lediglich so lange ausgeharrt, bis ich dich bei uns wusste. Du wirst meinen Platz einnehmen, und zu dritt werdet ihr Meenors Geist reinigen.
    Moogan muss endgültig vernichtet werden.
    18.
    »Ich kann nicht bei euch bleiben«, sagte Aruula zögernd. »Ich bin nicht die Richtige. Es muss einen Anderen geben, der den Platz einnehmen kann.«
    »Unmöglich!«, keuchte der Älteste. Er sank von der Bank zu Boden. »Mein Ende ist nahe. Du bist jene, die wir gespürt haben, nach der wir uns gesehnt haben, die wir nunmehr benötigen…«
    »Meine Aufgabe liegt woanders«, erwiderte Aruula heftig.
    Sie fühlte Verwirrung in sich hochsteigen. Die Suche nach dem brennenden Felsen war es, die sie nach Ausala geführt hatte.
    »Wir werden dich nicht gehen lassen«, sagte der Jüngste.
    Mühevoll erhob er sich, zerrte mit zitternden Händen an dem Faden um ihr Fußgelenk. Mit erstaunlicher Leichtigkeit zog er sie näher
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