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1849 - Die Mittagswelt

Titel: 1849 - Die Mittagswelt
Autoren: Unbekannt
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Kontakt aufzunehmen. Man hätte Telepath sein müssen.
    Er fragte sich, ob das Wesen vielleicht nur menschenähnlich war. Sein Instinkt sagte ihm jedoch mit felsenfester Sicherheit, er habe ein artgleiches Wesen vor sich. Jemanden von derselben genetischen Abstammung. Dafür sprach die Einrichtung der Hütte. Wäre nicht das Unschärfe-Symptom gewesen, er hätte sich in dem Bett und auf dem Stuhl ebenso wohl gefühlt wie die Gestalt.
    „Haut", murmelte er, „kannst du etwas spüren?"
    „Dasselbe wie du, Alaska. Der Schatten lebt. Aber wir sind viel zu weit weg."
    „Wie weit?"
    „Lichtjahre? Ich weiß es nicht."
    „Vielleicht ist es eine Spiegelung aus meinem Unterbewußtsein. Oder ein Wesen, das Goedda nach meinem Bild erschaffen hat."
    Darauf antwortete die Haut nicht. Was sollte sie auch sagen? Sie war ihrem Träger intellektuell unterlegen, nur ihr Spürsinn war besser ausgeprägt.
    Als er die Tür öffnete und nach draußen trat, schätzte er, daß eine halbe Stunde vergangen war. Das erste, was ihm auffiel, war der Stand der Sonne. Am Zenit, noch immer Mittag.
    Er machte sich klar, daß es sich nicht wirklich um eine Sonne handelte, sondern um Goedda. Eine Sonne, die im Grunde keine war, mußte sich auch nicht wie eine verhalten.
    Lanagh und Scheep kamen aus den Büschen gesprungen. „Wo warst du so lange?" zischte einer, es war Scheep.
    „Ja!" fügte Lanagh hinzu. „Wir wären beinahe reingekommen und hätten dich gesucht. Immerhin bist du unser neuer Elter."
    Saedelaere spottete: „Tut nicht so, als wärt ihr mich nicht gerne los."
    Die beiden Raubyner schwiegen, und er sah ein, daß sie sich wirklich Sorgen machten. Vielleicht hatten sie eine persönliche Bindung aufgebaut. Obwohl er weder über ein cremefarbenes Gesicht noch über graues Körperfell oder einen Beutel verfügte. Jedenfalls hätten sie längst verschwinden können; und zwar auf Nimmerwiedersehen, wäre das ihr Interesse gewesen.
    „Was ist da drinnen los?" wollte Lanagh wissen.
    „Seh’s euch einfach an."
    Sie verschwanden für zehn Minuten. Saedelaere hörte ihre erstaunten, dann frustrierten Laute. Kurz darauf kamen sie wieder zum Vorschein.
    „Na? Habt ihr den Schatten gesehen?"
    „Logisch", sagte Lanagh finster, „sind wir blind?" Dann zeigte er auf seinen Bruder und klagte: „Scheep hat versucht, ihn zu metzeln. Hat aber nicht geklappt."
    „Stimmt gar nicht!" wehrte sich Scheep entrüstet - und verwickelte seinen Bruder in eine wüste Rauferei.
    Saedelaere schwieg schockiert. Natürlich, sie hatten es beide versucht, so sicher wie das Leuchten der Sterne. Ein völlig Unbekannter, den sie nie im Leben gesehen haben. Der ihnen nie ein Leid zugefügt hat. Ein Glück nur, daß der Schatten keine stoffliche Existenz besaß.
    Er sah scheinbar ruhig zu, wie die Kleinen sich prügelten. Erst als sie erschöpft voneinander abließen, sagte er: „Wenn so etwas noch ein einziges Mal vorkommt, lasse ich euch zwei allein zurück."
    Die Drohung schlug ein wie eine Bombe. Die Raubyner erstarrten und sperrten die gelben Münder auf.
    Lanagh versuchte zu schwindeln: „Aber Scheep war’s doch!"
    Saedelaere ignorierte die anklagend ausgestreckte Krallenhand. „Ich verbiete dir, Lanagh, mich weiter anzulügen. Und jetzt steht auf! Beide."
    Der Träger der Haut drehte sich um und würdigte sie keines Blickes mehr. Seine Haltung drückte Verachtung aus. Die beiden Raubyner schlichen mit gesenkten Schultern hinter ihm her, als er die Lichtung verließ.
     
    *
     
    Nach einer halben Stunde lag das Wäldchen hinter ihnen. Dunstschwaden trieben über die Steppe.
    Sie fanden am Wegesrand eine Strauchsorte, die kleine rote Früchte trug. Saedelaere probierte als erster.
    Er trug einen Aktivator; die verschiedensten Gifte vermochten ihm nichts anzuhaben. In diesem Fall erwies sich die berechtigte - Vorsicht jedoch als überflüssig. Die Früchte schmeckten ausgezeichnet und enthielten einen Stoff, der wie Zucker schmeckte.
    Lanagh und Scheep fielen über die Büsche her wie eine Heuschreckenplage. Selten hatte er zwei Wesen in so kurzer Zeit so viel Nahrung ernten und verschlingen sehen.
    Saedelaere verpflegte sich mit Muße, ließ sich Zeit. Während er langsam kaute, schaute er weit in die Steppe. Er hatte den Eindruck, als lichte sich in einem Kilometer Entfernung der Dunst.
    „Wie lange bleiben wir hier?" wollte Scheep wissen. Der Kleine zappelte schon wieder, tatendurstig und voller Ungeduld.
    „Eine halbe Stunde."
    „So lange,
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