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1849 - Die Mittagswelt

Titel: 1849 - Die Mittagswelt
Autoren: Unbekannt
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Stuhl hoch. Er schätzte das Gewicht auf zwei Kilogramm. Dann schob er ihn in den roten Kreis zurück.
    Die eigentliche Sensation stellte jedoch das Bett dar. Es war zwei Meter lang. Jemand hatte mit einem scharfen Gegenstand einen Halbkreis in den Boden gekratzt, der an der Rückwand der Hütte endete. Das Bett stand im Zentrum des halben Kreises.
    Saedelaere nahm an, daß der Halbkreis um das Bett etwas zu bedeuten hatte, ebenso wie der Kreis um den Stuhl. Was das war, ließ sich nicht sagen. Er fühlte sich an ein religiöses Ritual erinnert, und er fragte sich, ob der zweite Teil des Halbkreises wohl außerhalb der Hütte weiterlief.
    Er nahm sich vor, später nachzusehen.
    Denn auf einer Matratze, unter einer schwarzen Bettdecke, lag etwas.
    Die Gestalt war nichtrichtig auszumachen. Sie sah aus wie ein Schatten, ein zur Hälfte durchsichtiges graues Feld. Aber nicht nur die Gestalt, auch die Decke wirkte eigentümlich verschleiert.
    Als ob sie nicht wirklich existiert. Wie eine holografische Projektion. Und zwar eine von der schlechten Sorte.
    „Hallo!" sagte er laut.
    Die Nebelgestalt reagierte nicht. Wenn es sich um ein reales Wesen handelte, nicht um eine Projektion, dann schlief sie sehr fest.
    „Hallo!" sprach er noch einmal. „Mein Name ist Alaska Saedelaere!" Seine Stimme klang holprig.
    Wieder nichts. Er entschied sich, das Wesen an der Schulter zu berühren.
    Bevor er seinen Plan in die Tat umsetzte, wälzte sich der Schatten herum. Das Lager verwandelte sich.
    Aus einem Bett wurde eine optisch nicht mehr bestimmbare, dunstige Wolke. Es war unbegreiflich, ein extrem übersteigerter Weichzeichner-Effekt.
    „Hallo! Ich ..."
    Die Decke flog beiseite. Sie formte sich in einen dunstigen Schleier um. Alles was der Träger der Haut wahrnahm, war ein transparenter Hauch.
    Und aus dem Hauch trat eine neblige Gestalt. Er sprang beiseite, doch es war zu spät; er hatte nicht damit gerechnet, daß das Stilleben so plötzlich in Fahrt geriet.
    Die graue Gestalt trat durch ihn hindurch, als ob er gar nicht existierte. Saedelaere spürte nichts.
     
    3.
     
    Der Mittagsplanet Der Fremde und er, sie gehörten eindeutig zu unterschiedlichen Welten.
    Saedelaere gab sich Mühe, die Lage methodisch zu erfassen. Zunächst berührte er die Bettdecke, jedenfalls versuchte er es. Seine Finger drangen hindurch, als existierte die Decke nicht. Mit dem Kopfkissen war es dasselbe. Dagegen fühlte sich der Bettrahmen stabil und massiv an.
    Also wandte sich der Träger der Haut dem Schatten zu. Der andere hatte auf seinen Anblick nicht reagiert. Oder war es normal, daß Fremde in seiner Hütte auftauchten und seinen Schlaf störten?
    „Nein ...", murmelte Saedelaere. „Nein, das ist nicht möglich."
    Am wahrscheinlichsten schien ihm, daß der Fremde ihn nicht sehen und nicht fühlen konnte. Er hatte deshalb nichts gehört, weil zwischen ihnen offenbar kein Kontakt möglich war.
    Wie erklärte es sich aber, daß Saedelaere umgekehrt ihn wahrnahm? Mit seinen beschränkten Mitteln ließ sich die Frage nicht beantworten.
    Der Schatten setzte sich an den Schreibtisch. Eine der Laden wurde aufgerissen - und im selben Augenblick verwandelte sich die Lade in einen Hauch von Materie, der an die Bettdecke von eben erinnerte.
    Saedelaere blickte dem Fremden über die Schulter. Die Gestalt schien zu schreiben. Aber von dem Vorgang selbst war nichts zu sehen. Alles was sich auf der Schreibtischplatte abspielte, hüllte sich in einen Hauch von Unbestimmbarkeit.
    Er tippte die Gestalt an die Schulter. Seine Finger drangen ein paar Zentimeter ins Gewebe ein. Nichts, keine Reaktion.
    Besonders merkwürdig schien ihm, daß er auch die Materie des Stuhls nicht mehr fassen konnte.
    Obwohl er das Ding eben noch in Händen gehalten hatte! Offenbar verwandelte die bloße Berührung durch den Schatten jeglichen Stoff, egal ob eine Bettdecke oder einen Stuhl, in eine materiell unbestimmte Zone.
    Saedelaere nannte den Vorgang Unschärfe-Symptom. Für ihn selbst stellte das Symptom keine Gefahr dar.
    Er tat vorsichtig einen Schritt nach vorne. Saedelaere durchdrang den Stuhl und die sitzende Gestalt.
    Wenn er aufmerksam in sich horchte, schien es, als befinde sich ein zweites Wesen neben ihm.
    Unendlich weit entfernt, gewiß, und mehr als eine Ahnung wurde es nicht. Doch er war sicher, daß es sich bei der Gestalt um einen Menschen handelte.
    Welch ein seltsamer Gedanke ... Menschen in Tolkandir. Saedelaere fand keine Möglichkeit, mit dem Fremden
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