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1822 - Die neue Haut

Titel: 1822 - Die neue Haut
Autoren: Unbekannt
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wollte sich ihm jedoch nicht anvertrauen.
    Er hatte sie mehrfach darauf angesprochen und ihr seine Hilfe angeboten. Aber sie hatte ihn jedesmal abgekanzelt, ihre Probleme verleugnet.
    Und dann wurde das mit den übermäßigen Nahrungszuweisungen ruchbar.
    Thea forderte für ihren Vater plötzlich die zehnfachen Essensrationen an. Bald hatte sich das im Werk herumgesprochen, und man begann, Thea damit aufzuziehen.
    „Wie ist es möglich, daß ein alter, bescheidener Mann plötzlich einen Appetit für zehn entwickelt?"
    fragte man sie.
    Und: „Macht dein Vater gar eine Ertruser-Kur?"
    Oder: „Hat dein Vater etwa eine ganze Kompanie übriggebliebener Freifahrer bei sich aufgenommen?" ‘ Ihr Vater Rudy war ein solcher Freifahrer, der einst in der Wildnis von Phönix zurückgeblieben war, als fast alle anderen abzogen. Das lag nun schon weit mehr als 100 Jahre zurück.
    Die Zellaktivatorträger hatten Rudolf Ringent mit seiner Tochter in der Wildnis aufgestöbert, nachdem sie diese verwaiste Welt in Besitz genommen hatten und im Jahre ‘41 den Kontinent Bonin inspizierten.
    Während Thea von Reginald Bull in die Zivilisation geholt’ wurde, stellte man dem geistig verwirrten Alten in den Bergen ein Heim zur Verfügung, wo er seinen Lebensabend verbringen konnte.
    Der Gedanke, daß weitere in der Wildnis versprengte Freifahrer zu Rudy gestoßen sein könnten, war also nicht zu abwegig. Andererseits aber auch, nach so langer Zeit, höchst unwahrscheinlich.
    Es gab eine andere Vermutung, die weitaus realistischer klang. Demnach unterhielt Rudy in seiner Einsiedelei eine Art Zoo, und er brauchte die angeforderte Nahrung, um sie an wilde Tiere und fleischfressende Pflanzen zu verfüttern. Corben schloß sich dieser Meinung an. Thea hatte ihn zwei- oder dreimal zu ihrem Vater mitgenommen, und er kannte die Schrullen des betagten Rudy.
    Eine davon war, daß er so tat, als lebe er immer noch in der Zeit der Freifahrer und des Monos. In einer Zeit, in der Camelot noch Phönix hieß und die Milchstraße in den Chronopulswall gehüllt war.
    Corben kannte auch Rudys Verbundenheit mit der Natur. Warum sollte aus dem einstigen Jäger nicht ein Wildhüter geworden sein?
    „Verfüttert dein Alter den Nahrungsüberschuß an die Raubtiere von Camelot?" fragte man Thea auch.
    Thea bestätigte diese Gerüchte weder, noch widersprach sie ihnen. Sie ließ alles offen; es schien ihr ziemlich egal zu sein, was die anderen glaubten. Oder wollte sie die Leute mit ihrem eisernen Schweigen auf eine falsche Spur führen?
    „Na, wenn das so ist, dann verzieht dein Vater die Tierwelt von Bonin zu richtigen Feinschmeckern. Das ist nicht gerade ein ruchloses Verbrechen, aber wäre es nicht sinnvoller, die Speisereste von ganz Camelot anzufordern und diese zu verfüttern? Ha, ha!"
    Thea konnte verständlicherweise nicht mitlachen, wenn die anderen sie auf diese Weise aufzogen. Sie versuchte, gute Miene zu machen. Aber Corben merkte ihr an, daß diese Sache für sie einen ernsten - wenn nicht gar bedrohlichen - Hintergrund hatte. Er wartete eine Gelegenheit ab, um sie wieder einmal unter vier Augen auf ihre Probleme anzusprechen.
    „Thea, willst du mir nicht sagen, was dich bedrückt?" begann er. „Ich bin dein Freund, vergiß das nicht.
    Was es auch ist, du kannst dich mir anvertrauen."
    „Ich habe keine Probleme, Corby", versuchte sie ihm einzureden. „Es ist nur so, daß mich diese dummen Sprüche einfach nerven."
    „Du bist selbst schuld daran", entgegnete Corben mit vorsichtigem Vorwurf. „Mit deiner Geheimniskrämerei nährst du ja nur die Gerüchteküche. Warum sagst du nicht einfach, was wirklich dahintersteckt? Sag es wenigstens mir. Ich möchte dir helfen."
    Thea sah ihn lange an. Er merkte, daß sie um eine Entscheidung mit sich rang. Als sie dann sprach, da klang es irgendwie erleichtert - und offen und aufrichtig: ‘ „Was ich tue, das tue ich nur, um Rudy zu schützen. Glaubst du mir das, Corby?"
    „Natürlich glaube ich dir", sagte Corben. Er spürte, daß Thea knapp davor war, sich ihm anzuvertrauen.
    „Und ich werde alles tun, um dir beizustehen."
    „Das ist lieb von dir, Corby", sagte sie bewegt.
    In diesem Moment schien es noch, als wolle sie sich Corben völlig überlassen. Aber schon im nächsten hatte sie wieder einen Schutzwall um sich aufgebaut.
    „Ich weiß deine Fürsorge wirklich zu schätzen! Es ist nur ..." Sie hielt inne. „Ich möchte Rudy nicht dem Gespött der anderen aussetzen. Wenn sie sich irgend
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