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Titel: 18
Autoren: Markus Luengen
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gab es nichts als Sand und Steine. Auf dem Campingplatz waren Bewässerungsanlagen für den dichten grünen Rasen installiert.
    Ich bezahlte für eine Nacht, spannte die Plane neben dem Mietwagen auf und gab meine Wildlederhose und meine gelben Hemden in eine Schnellreinigung. Ich trank einige Flaschen Bier, die mir der Platzwart verkauft hatte. Die Kronkorken waren wie Schraubverschlüsse konstruiert, und ich schraubte die Flaschen wieder zu, nachdem ich sie ausgetrunken hatte. Ich zog mir noch einen Pullover über und legte mich in den Schlafsack und döste ein. Das ferne Rauschen auf dem Interstate hörte die ganze Nacht nicht auf. Die Straße hunderte von Kilometern durch die Wüste von Los Angeles nach Las Vegas.
    Am nächsten Morgen packte ich meine Sachen zusammen, duschte und aß gezuckerte Kringel aus einem Pappkarton an einer Theke neben der Rezeption. Ich betrachtete eine Soft-Eis Maschine, während ich kaute. Ich holte meine Sachen aus der Schnellreinigung und zog mich sofort in einer Toilette um. Der Campingwart wünschte mir gute Fahrt und ich machte mich wieder auf den Weg zu der Siedlung hinter der cremefarbenen Mauer.
    Der Wachmann nickte mir zu und lächelte nicht. Ich nannte ihm die Hausnummer von Sue und ihren Eltern. Er verschwand in seinem Häuschen. Hinter mir bildete sich eine Fahrzeugschlange. Zwei Mexikaner in einem Lastwagen voller Gartengeräte fuhren grüßend an der Schlange vorbei. Schließlich kam der Wachmann wieder zu mir heraus, beugte sich hinunter und sagte, dass ich weiterfahren dürfte. Die Schranke öffnete sich, und ich fuhr langsam durch die Siedlung. In den Vorgärten standen immergrüne Büsche. Die Rasenflächen waren scharf abgezirkelt, die Bürgersteige und Garagenzufahrten waren aus hellem Beton gegossen.
    Ich parkte vor Sues Haus, und es unterschied sich in nichts von den anderen Häusern. Es war hellrosa gestrichen, hinter den Fenstern hingen Blümchengardinen, der Rasen war perfekt gepflegt. Er glänzte noch feucht von der Berieselung durch automatische Wassersprenger. Ich stieg aus, ging den Betonweg zum Eingang hinauf und klingelte. Ich betrachtete den beigen Wagen in der Garagenauffahrt. Eine halbe Minute passierte gar nichts. Ich klingelte nochmals, und der Vater öffnete die Tür. Er musterte mich lange und hatte eine Resignation im Blick, mit der man eine heraufziehende Gewitterfront begrüßt, die einem gleich das lange geplante Gartenfest zerhagelt. Nach einer Weile schien er sich in sein Schicksal zu fügen und bat mich hinein. Wir setzten uns im Wohnzimmer in unförmige Polstersessel. Es roch nach chemischen Aromazusätzen in der Klimaanlage. Die Teppiche waren dick und zeigten dunkle Muster.
    Er holte mir eine eisgekühlte Dose mit einem Getränk. Er betonte, dass der Saft in der Dose aus acht Gemüsesorten gepresst worden war. Er fragte mich nach meinem Wohlbefinden. Ich nippte an dem Saft, schob die Dose weit von mir weg und antwortete nicht. Er schien auch keine Antwort zu erwarten. Er trug eine sandfarbene Baumwollhose und Filzpantoffeln, ein Hemd und über dem Hemd noch eine Strickweste. Sein Gesicht wirkte hager und mitgenommen, als ob die Geschäfte nicht gut gingen. Er hatte keinerlei Ähnlichkeit mit Sue, und sie nicht mit ihm.
    „Unser Sohn Gordon hat angerufen“, sagte er endlich.
    „Bei ihm wurde eingebrochen. Ihm wurde ein Notizbuch mit Adressen gestohlen“, ergänzte ich.
    „Und jetzt sind Sie hier. Gordon wird auch bald hier sein.“
    „Er hält sich an die Verkehrsregeln. Er wird etwas länger benötigen als ich.“
    „Er arbeitet und kann sich nicht jederzeit freimachen, um von Idaho nach Utah fahren.“
    „Staubsaugerreparateur in einem Supermarkt. Da habe ich ihn das erste Mal getroffen. Er trug Turnschuhe, Jeans und ein Sweatshirt und darüber eine Steppweste aus Polyester.“
    „Dort haben Sie ihn getroffen? Wie ungeschickt von ihm. Er hat nie von dem Treffen erzählt. Nur dass der Deutsche aufgetaucht sei, den Sue in London kennen gelernt hatte. Blaue Wildlederhosen und gelbe Hemden. Jeden Tag. Ob er unsere Adresse rausgeben darf.“
    „Was er nicht getan hat. Nicht auf der Wanderung. Nicht danach.“
    „Trotzdem sind Sie hier. Und bei ihm wurde eingebrochen.“
    „Nur ein Gespräch mit Sue. Dann bin ich wieder weg.“
    Er schwieg, und ich versuchte zu erraten, ob Sue im Haus war oder nicht. Das Wohnzimmer hatte mehrere Türen in benachbarte Zimmer. Es war möglich, dass jemand im Nachbarzimmer saß und uns
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