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1796 - Höllenbotin Helma

1796 - Höllenbotin Helma

Titel: 1796 - Höllenbotin Helma
Autoren: Jason Dark
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normale Polizeiarbeit kümmern. So war es immer.
    Es war ein recht großes Haus, in dem wir uns befanden. Es gab mehrere Etagen, aber keinen Lift. Dafür in der Mitte des Flurs ein Treppenhaus, das sich in Bögen in die Höhe schraubte und von einem Geländer mit dickem Handlauf flankiert wurde.
    Peter Moore war an meiner Seite geblieben. »Unsere Zimmer befinden sich in der ersten Etage«, meldete er.
    »Okay, gehen wir.«
    »Ja.«
    Er schaute sich auf der Treppe nicht um, im Gegensatz zu mir. Ich sah, wie der entstellte Leichnam aus der Schlinge gehoben wurde, und fragte mich, wer den jungen Mann ermordet hatte. Es gab bisher nur eine Erklärung, eben diese Helma, die sich wohl nicht entscheiden konnte oder wollte, auf welcher Seite sie stand.
    Oder hatte sie eine Strafe erhalten? War sie schon als Mensch anders gewesen und hatte nun als Dämonin mit bestimmten Problemen zu kämpfen? Einmal gut, dann wieder schlecht. Hatte sie sich vielleicht nicht für eine Seite entscheiden können?
    Auch das wollte ich nicht außer Acht lassen.
    Wir hatten die erste Etage erreicht. Hier nahm uns ein breiter Flur auf. Zu ihm gehörten mehrere Zimmertüren. Die Räume zwischen ihnen waren recht groß, und so kam mir in den Sinn, dass hinter den Türen Wohnungen lagen.
    Vor einer Tür blieben wir stehen. Sie war hellblau gestrichen. In der Mitte grüßte uns eine gelbe Ente mit geöffnetem Schnabel. Es standen keine Namen an der Tür, und auch nebenan an der Wand waren keine zu lesen.
    Ich nickte Peter zu. »Dann mal los.«
    »Ja, ja.« Er holte einen Schlüssel aus der Hosentasche und schloss auf. Wir konnten eintreten, und wie ich es mir schon gedacht hatte, war die Wohnung recht groß. Auch die Zimmer mussten das sein, das sah ich an den Ausmaßen der Türen.
    Einen Flur gab es nicht. Wir befanden uns in dem großen Zimmer, in dem gekocht und gelebt wurde. Es gab noch eine zweite Tür. Die führte in ein Bad. Eine kleine aufgemalte Dusche wies darauf hin.
    »Jeder hat von jedem einen Schlüssel«, erklärte Moore. »Aber wir benutzen ihn nur im Notfall.«
    »Ist schon okay.«
    Ich war dicht hinter dem Eingang stehen geblieben und ließ meine Blicke kreisen. Allein waren wir nicht. Man hatte unser Eintreten hier nur nicht gesehen und deshalb nicht reagiert. Nahe des Fensters stand eine Couch. Sie hatte einen roten Bezug, und auf ihr lag eine Frau. Sie hatte blonde Haare und trug einen langen Rock, der ihr bis zu den Knöcheln reichte und beim Liegen nicht hochgerutscht war. Als Oberteil diente ein brauner Pullover mit weißen Streifen an den Schultern. Sie hatte ihre Arme angewinkelt und die Handrücken gegen ihre Stirn gedrückt.
    »Ja, das ist Lucy Graham«, murmelte mein Begleiter.
    »Okay.«
    Es ging ihr nicht gut. Kein Wunder, denn sie hatte den Toten entdeckt. Jetzt musste sie diese Entdeckung erst mal verdauen, und das war für sie nicht leicht.
    Ich war froh, dass Peter Moore an meiner Seite blieb. So konnte er helfen, so etwas wie eine Vertrauensbasis zu schaffen.
    Wir blieben nahe der Couch stehen. Ob sie uns entdeckt hatte, war nicht zu erkennen. Jedenfalls reagierte Lucy nicht. Sie blieb auf dem Rücken liegen. Die einzigen Geräusche, die wir von ihr hörten, waren ihre Atemzüge.
    Peter Moore tat das einzig Richtige. Er sprach sie mit leiser Stimme an. »He, Lucy, ich bin es …«
    Sie reagierte nicht. Nur das leise Stöhnen bei ihren Atemzügen war zu hören.
    »Bitte, du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin es, Peter …«
    Die letzten Worte hatten wohl etwas genützt. Die Hände der jungen Frau glitten vom Gesicht weg, und wir schauten in ein offenes Augenpaar, das uns anstarrte.
    »Peter …«
    »Ja.«
    Sie schluckte. Dann fragte sie: »Weißt du es schon?«
    »Ja, Egon ist tot.«
    »Genau. Und ich hab ihn gefunden.« Es war damit zu rechnen, dass sie nach dieser Antwort anfing zu schreien oder zu weinen, denn oft wühlte die Erinnerung einen Menschen auf, aber Lucy Graham blieb ruhig liegen. Es konnte sein, dass man ihr ein Beruhigungsmittel gegeben hatte. Ein Arzt befand sich ja unter Tanners Mannschaft.
    »Es war so schlimm, Peter. Er hing nicht nur in der Schlinge, er hatte sich auch verändert. Er sah ganz anders aus. Auf einer Seite normal, auf der anderen nicht. Kannst du das begreifen?«
    »Ja, schon. Ich habe ihn ja auch gesehen. Es ist alles so schlimm, aber wir müssen da durch. Egon hat es nicht geschafft, und mich hätte es auch fast erwischt.«
    »Und jetzt?«
    »Ich weiß es nicht, Lucy. Aber
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