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179 - Gefangene der Traumzeit

179 - Gefangene der Traumzeit

Titel: 179 - Gefangene der Traumzeit
Autoren: Ronald M. Hahn
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zuckte die Achseln.
    »Doch so sehr er sich auch bemühte, einen entsprechenden Trank zu mischen: Er blieb unfruchtbar. Trotzdem hat er ständig versucht, seinem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen. Er hat mit ständig neuen Mixturen sein Glück – immer wieder erfolglos – an jungen Frauen ausprobiert… die er, nachdem der Erfolg ausblieb, später angeblich gegrillt und gefressen hat.«
    »Was für ein Tier!« Aruula spuckte auf den Boden.
    »Du kannst dir denken, dass das nicht lange geduldet wurde«, fuhr Malie fort. »Nachdem die ersten Jungfern verschwanden, hat man die Magier gezwungen, Xordimors Untaten ein Ende zu bereiten.«
    »Ja«, sagte das krokodilköpfige Monstrum und sprang aus dem Gemälde zu Boden. »Doch gleich wird er frei sein und seine Arbeit fortsetzen!«
    ***
    Die Kerzen – es mussten über hundert sein – entzündeten sich mit einem unheimlichen Puffen und tauchten den Saal in ein dämonisches Flackerlicht.
    Als Xordimor Gestalt annahm, wichen Aruula und Malie mit einem Schrei zurück. Der Umhang des Alchimisten blähte sich auf. Am darunter sichtbar werdenden Gürtel hing ein Krummsäbel in einer Scheide.
    »Stirb, Metze!« Xordimors grün verwarzte Hand riss das Eisen hoch. Schon schlug es Funken sprühend gegen Aruulas Schwert und ließ sie weiter zurückweichen. Irgendwo hinter ihr wurde irrsinniges Gelächter laut. Ein Mann schrie auf; er klang, als hätte man ihn aus einem Loch gezerrt, in dem er bisher sicher gewesen war.
    Es musste Graf Zarrat sein. Aruula wagte nicht, sich umzudrehen, während Xordimors schmetternde Hiebe sie durch den Saal trieben. Er bleckte die Lefzen, zeigte schrecklich spitze Zähne und lachte roh.
    Kein Wunder, verfügte er doch über animalische Kräfte.
    Seine Hiebe prasselten so schnell auf Aruula ein, dass sie kaum dazu kam, sich zu fragen, warum Malie ihr nicht half.
    Als sie zwei, drei Dutzend Meter weiter zurückgetrieben worden war, sah sie etwas mehr. Malie hatte längst blank gezogen. Sie schlug auf ein halbes Dutzend Skelette ein, deren Schwerter Zarrat bedrohten. Der Graf verteidigte sich mit dem Rücken zur Wand neben einer Nische, in der man ihn vermutlich beim Aufflammen der Kerzen entdeckt hatte.
    Klirr! Aruula wehrte einen erneuten Schmetterhieb Xordimors ab, vergaß ihre Gefährten und wagte einen Ausfall: Ihr Schwert zog wirbelnd seine Kreise und zerfetzte den Stoff an der linken Schulter seines Wamses.
    Xordimor schnaufte erneut, doch diesmal weniger zornig als überrascht: Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass jemand ihm Paroli bieten konnte. Als Aruula nachsetzte, war er an der Reihe, rückwärts auszuweichen.
    Schon zeigte sich, dass er sich in den neunundneunzig Jahren Gefangenschaft nicht oft bewegt hatte: Die erste Kraft ging zur Neige. Er keuchte. Seine Knochen fingen an zu knirschen.
    Dann sah Aruula, wie im Hintergrund zwei der fechtenden Skelette gleichzeitig den Kopf verloren und klappernd zu einem Haufen loser Knochen zusammenfielen.
    Der Fortschritt ihrer Gefährten verlieh ihr zusätzlichen Mut.
    »Nimm das!«, fauchte sie und schlug ihre Schwertschneide in Xordimors Krokodilschnauze. Blut spritzte fontänenartig hervor.
    Der Alchimist sprang fünf Meter zurück. Sein Rücken schlug gegen die Saalwand, und sein Kopf traf eins der scheußlichen Gemälde seiner Ahnen. Er sank er an der Wand herab zu Boden und ließ seinen Säbel los. Das Gemälde löste sich von der Wand und schlug auf seinen Kopf. Die Leinwand zerriss, der Rahmen legte sich wie ein Kragen um seinen Hals.
    Trotz seiner Lage, die einer gewissen Komik nicht entbehrte, wollte Aruula seiner hilflos wirkenden Miene nicht vertrauen.
    Sie sprang vor. Ihre Schwertspitze zielte auf seinen Hals.
    Sie sah den Schreck in Xordimors Augen.
    Hinter ihr klapperte es; ein rascher Blick zeigte ihr, dass zwei weitere Knochenkrieger in Einzelteilen am Boden lagen. Die beiden letzten Skelette wurden von Graf Zarrat und Malie so mühelos durch den Saal getrieben, dass Aruula mutmaßte, dass ihr Kraftverlust mit dem ihres Herrn zusammenhing.
    Stimmt , sagte Malies in ihren Gedanken. Sie sind Simulacren.
    Verliert ihr Meister Energie, werden auch sie schwächer.
    »Duuu…!«, grollte Xordimor. Er schien aufspringen zu wollen, doch der Säbel lag außerhalb seiner Reichweite.
    Hinter Aruula hauchte auch der letzte magische Gegner sein Leben aus. Trotzdem wandte sie nicht den Kopf, als Graf Zarrat neben sie trat, eine Taschenuhr zückte und einen Blick aufs Zifferblatt warf.
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