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178 - Die vergessene Macht

178 - Die vergessene Macht

Titel: 178 - Die vergessene Macht
Autoren: Stephanie Seidel
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sich. »Im Ernst?«
    »Im Ernst.« Der Kapitaan nickte. »Auf Java gibt es Orte voller Geheimnisse. Dort befindet sich auch der Tempel von Borabundu. Er muss unglaublich groß sein! Ich habe gehört, die Roter Bhagar würde tausend Mal hinein passen.« Daa’tan hing an seinen Lippen, und Bell fuhr fort: »Es heißt, dass dieser Tempel unermessliche Schätze birgt. Unsere Mönche wollen dort hin, weil sie etwas suchen.«
    »Nuntimor?«
    Der Kapitaan prallte zurück, als hätte ihn ein Hammerschlag getroffen. Sein Mund stand offen. »Äh… nein, äh…«, stammelte er und zwirbelte dabei seinen Bart. »Sie suchen … ihr Heil. Im Gebet! Woher kennst du das Wort, Daa’tan?«
    »Ich habe gelauscht«, gab der Junge unbekümmert zu und erzählte dem netten Mann von seiner nächtlichen Begegnung mit den Mönchen. Bis er fertig war, hatte sich Bell gefangen. Er lächelte und legte eine Hand auf Daa’tans Schulter.
    »Man kann dir nichts vormachen, wie?« Sein Lächeln vertiefte sich. »Das gefällt mir an dir!« Bell zögerte.
    »Weißt du, ich darf es eigentlich niemandem sagen. Aber weil du es bist, mache ich eine Ausnahme.« Er beugte sich zu Daa’tan herunter und raunte: »Die Mönche suchen ja nicht nach Nuntimor. Aber wenn sie es zufällig finden würden, hätten sie riesiges Glück!«
    »Was ist Nuntimor denn?«, fragte Daa’tan, und der Kapitaan sagte es ihm.
    »Ein Schwert. Nuntimor ist ein uraltes, magisches Schwert! Man sagt, dass sein Besitzer mit ihm die Welt erobern könnte.«
    Daa’tans Augen funkelten. Er warf einen kurzen Blick aufs Meer, dann einen in Richtung der Kajüten, wo ein ahnungsloser Grao’sil’aana um seine rationale Unversehrtheit rang. Dann sah er den Kapitaan an und meinte: »Die Welt erobern? Das würde mir gefallen!«
    ***
    6. Dezember 2011
    Nächtliche Winterstille lag über Parrington Manor, dem Landsitz des britischen Innenministers Bellard. Die geheime Besprechung war längst beendet, die Custoden waren abgereist.
    Gegen zwei Uhr morgens geisterte ein kleines Licht durch das Herrenhaus. Neuerdings hatten selbst Mietwohnungen am Stadtrand Bewegungsmelder mit angeschlossener Nachtbeleuchtung, die sich selbsttätig ein- und ausschaltete. Nur auf Parrington Manor wanderte der Hausherr noch mit einer Kerze die Flure entlang. Es sah unwirklich aus.
    Charles Bellard kümmerte das nicht. Er war müde, fand aber keinen Schlaf, und so ging er noch einmal in den Salon.
    Kalter Zigarrenrauch hing in der Luft. Benutzte Gläser standen auf den Tischen, irgendwo dazwischen lag Lord Cavenaughs vergessene Pfeife. Draußen schneite es wieder. Geschäftig wispernde Flocken tanzten an die Fensterscheiben, und durch die altersschwachen Rahmen zog ein eisiger Hauch.
    Fröstelnd wandte sich Bellard dem Kamin zu. Er fand noch etwas Glut in den verbrannten Resten und entfachte sie neu. Als die Flammen hochschlugen, holte er die Chronik von Nuntimor aus dem Schreibtisch. Lord Bellard zog einen Sessel heran, nahm Platz und verharrte eine Weile im Widerschein des prasselnden Feuers. Seine Hand lag auf dem Buch. Er hatte so viele Jahre daran gearbeitet, und angesichts des nahenden Kometen quälte den alten Mann nun die Frage, ob das Ergebnis seinen Aufwand rechtfertigte.
    Die Chronik war unvollständig, trotz aller Recherchen, denn die Bruderschaft hatte ihr geheimes Wissen von Anfang an nur mündlich weitergegeben. Da blieb es nicht aus, dass nach fünfzehn Jahrhunderten vieles verfälscht war, zum Teil auch verloren. Lord Bellard beschloss, ein bisschen zu blättern. Er nickte gelegentlich, als er die ersten Seiten überflog. Nuntimor umgab noch immer die Faszination des Rätselhaften, Unerklärlichen.
    »A kind of magic«, murmelte er und lächelte dabei.
    ***
    4. Oktober 539 n.Chr.
    Die Schlacht von Camlann war voll entbrannt.
    Waffenklirren, Kriegsgebrüll und die Schreie der Verwundeten erfüllten die Luft über den Feldern; Streitäxte und Schwerter blinkten in der Herbstsonne, und auf dem kleinen Fluss Camel am Rande des Kampfplatzes trieben Schlieren von Blut.
    Artus ritt quer durch die Menge, flankiert von zwei Getreuen. Wo immer er vorbeikam, änderten Krieger ihre Haltung, formten kaum merklich eine Gasse. Es sah wie unbeabsichtigt aus, und doch trieb es Tränen des Zorns und der Verzweiflung in Artus’ Augen. Er spürte die Scheu der Menschen, ihren König anzugreifen. Sie traf ihn tief.
    In dieser Schlacht, das wusste er, gab es keinen Sieger.
    Hier kämpften Engländer gegen Engländer in
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