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1768 - Maschtaren sehen alles

Titel: 1768 - Maschtaren sehen alles
Autoren: Unbekannt
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Aber er ist auch voller Zorn und Groll. Gomasch Endredde verlangt Vergeltung für den feigen Mord an einem Maschtar."
    Gessis trauerte nun, da er ihn als unumstößliche Gewißheit akzeptieren mußte, ebenfalls über den Tod von Maschtar Kaiddan. Er war ihm wie ein Vater gewesen. Das Wesen, das ihm am nächsten gestanden hatte. Näher noch als Gomasch Endredde, denn zum Einzigen hatte er bislang keinen Zugang gefunden.
    Doch in diesem Augenblick war es ihm, als hätte Gomasch Endredde ihn geküßt. Er litt und trauerte und zürnte plötzlich in einem Maße, als hätte er diese Gefühle von außerhalb empfangen - als würden sie von Gomasch Endredde direkt auf ihn übertragen.
    Maschtar Kaiddan hatte ihn einmal, als er sich bei seinem Herrn darüber beklagte, noch keinen Zugang zum Einzigen gefunden zu haben, mit den Worten getröstet: „Das kommt noch, Gessis. Eines Tages wirst du feststellen, daß Gomasch Endredde wie der Blitz in dich einschlägt."
    Gessis war, als sei dieser Moment soeben gekommen. Er ging förmlich über vor Gefühlen, wie er sie in dieser Intensität bisher nie verspürt hatte. Gomasch Endredde hatte ihm seine Empfindungen gesandt.
    Und Gessis schrie gequält auf vor Leid und Schmerz. Er trat mit den Beinen aus und traf etwas Weiches, Nachgiebiges.
    Er hatte ganz vergessen, daß Tatour noch bei ihm war. Der getretene Knabe kroch in lautloser Demut auf allen vieren davon.
    „Und nun", sagte Maschtar Jorror abschließend mit gesenkter Stimme, „laßt uns Maschtar Kaiddan dem Zweiten die letzte Ehre erweisen."
     
    *
     
    Kaum hatte Maschtar Jorror die Leitung freigegeben, rief Eberon ihn an. Aus Gewohnheit, auch um sich nicht in verfänglichen Situationen überraschen zu lassen, hatte Gessis die Bildübertragung zu sich abgeschaltet.
    Als zweiter Assistent von Maschtar Kaiddan stand Eberon im selben Rang wie Gessis. Weil Gessis dem anderen, ebenso wie dem dritten Assistenten Houth, seine Überlegenheit stets deutlich machte, kam es ständig zwischen ihnen zu Reibereien. Solche sollten in dieser traurigen Stunde vergessen sein. Doch war Eberon nicht der Mann mit Anstand und Feingefühl, der Pietät zur rechten Zeit zeigen konnte.
    „Ist es nicht abscheulich, was unserem Maschtar widerfahren ist?" fragte der grobschlächtige Eberon. „Aber warum versteckst du dich, Gessis? Etwa aus Trauer? Oder gar, damit man dir die hämische Freude über den Tod deines Herrn und Vaters nicht anmerkt? Wir wissen beide, was dieser Tod zur Folge haben wird. Freue dich jedoch nicht zu früh..."
    Gessis unterbrach die Verbindung; er hätte sonst von Eberon Genugtuung verlangen müssen.
    Gleich darauf erfolgte der nächste Anruf. Gessis nahm ihn an, obwohl er damit rechnete, daß der Anrufer wiederum Eberon war - er war so lästig. Aber es war sein Perrel Gedeon.
    „Kann ich irgend etwas für dich tun, Gessis?" erkundigte sich Gedeon schlicht.
    Diese Frage wiederum amüsierte ihn in Erinnerung an Tatour, bei aller Trauer.
    „Ich danke dir für die Anteilnahme, Gedeon", antwortete Gessis ungewöhnlich sanft. „Aber ich bin gut versorgt."
    Als nächster meldete sich Houth, Maschtar Kaiddans dritter Assistent. Auch Houth war vom Ehrgeiz zerfressen, was jedoch nicht seine Unfähigkeit aufwiegen konnte. Wenigstens war er respektvoll genug, um nicht wie Eberon mit der Tür ins Haus zu fallen.
    „Ich will mich kurz fassen, um deine Trauer nicht zu stören, Gessis", sagte er mit seiner näselnden Stimme. „Wollen wir unserem Vater gemeinsam das letzte Geleit geben?"
    „Das ist so üblich."
    „Ist es das?"
    „Ich würde dir raten, deine Hausaufgaben gewissenhafter zu machen, Houth." Gessis unterbrach die Verbindung.
    Er nahm sich vor, keinen weiteren Anruf mehr entgegenzunehmen, es sei denn, er käme von einem Maschtar. Aber das würde nicht der Fall sein.
    Gessis zog sich in sich zurück und hielt innere Einkehr.
    Er war noch nicht lange als Assistent von Maschtar Kaiddan tätig. Noch keine ganze fünf Zehner. Und eigentlich hätte er nie damit gerechnet, in diese Position berufen zu werden. Gessis war zwar auch nicht ohne Ehrgeiz, aber dieser veranlaßte ihn, die Karriere eines Kukonden anzustreben.
    Kukonden galten als die wahren Herrscher in der Schule der Maschtaren. Natürlich ausgenommen die neun Maschtaren selbst. Doch Maschtaren kümmerten sich nicht um so schnöde Dinge wie die Organisation.
    Das Schicksal all der Tausende Insassen der Schule der Maschtaren lag in den Händen der Kukonden. Sie verteilten
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