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1745 - Die Ketzerbibel

1745 - Die Ketzerbibel

Titel: 1745 - Die Ketzerbibel
Autoren: Jason Dark
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hier etwas nicht stimmte, war ihr schon klar. Nun hatte sie endlich den Beweis.
    Möglicherweise war es besser, wenn sie verschwand, doch das wäre gegen ihren Willen gewesen. Sie war eine Frau, die gewissen Dingen gern auf den Grund ging. Und hier hatte sie den Eindruck, dass sie es tun musste, um etwas zu erfahren.
    Warum hockte jemand mutterseelenallein in diesem Bau? Dafür musste es einen Grund geben.
    Die Frau mit den dunklen Haaren setzte sich auch in Bewegung. Nur ging sie nicht zurück. Sie schlug einen Bogen und sorgte dafür, dass der Mann sie sah und umgekehrt auch.
    Im Licht der Flammen sahen die Gesichter der beiden so unterschiedlichen Menschen leicht rötlich aus. Erst jetzt sah sie, dass der Mann tatsächlich eine Kutte in rehbrauner Farbe trug. In der Mitte wurde sie von einem Gürtel gehalten, und auf den Oberschenkeln des Mannes lag tatsächlich ein Buch, in dem er gelesen hatte. Er hatte es zusammengeklappt.
    Die Haare des Mannes sah sie nicht. Er trug eine flache Kopfbedeckung, die fast so dünn wie ein Netz war. Ein kompaktes Gesicht mit einer starken Nase, dicken Lippen und einem kantigen Kinn. Die Farbe der Augen erkannte sie nicht, weil die Ausläufer der unruhigen Flammen in sie hineindrängten.
    Glenda war verunsichert. Sie hätte eigentlich noch viele Fragen gehabt und wagte nicht, sie zu stellen.
    Der Mann schaute zu ihr hoch, als er den Kopf schüttelte und sie noch mal bat, wieder zu gehen.
    »Warum denn?« Glenda blieb stur. »Sie sitzen doch auch hier.«
    »Bei mir ist das was anderes.«
    »Und warum?«
    »Bitte, fragen Sie nicht«, erwiderte er gequält.
    Glenda ließ nicht locker. Ihre Neugierde war erwacht, und da biss sie sich fest.
    »Hängt es vielleicht mit dem Buch zusammen, in dem Sie gelesen haben, Monsieur?«
    Der Kuttenträger hob die Schultern an. Dabei verließ ein scharfes Zischen seinen Mund. Er legte beide Hände auf den dicken Einband und starrte zu Glenda hoch.
    Dann gab er einen Kommentar ab, der Glenda schon überraschte.
    »Vergessen Sie das Buch, wenn Sie leben wollen.«
    Glenda gab darauf zunächst keine Antwort. »Warum sollte ich?«, erkundigte sie sich neugierig und auch leicht verwundert. »Das hat für mich wie eine indirekte Drohung geklungen. Was ist denn so schlimm an diesem Buch? Oder denken Sie mehr an die Umgebung?«
    »Beides ist nicht gut«, flüsterte der Kuttenträger ihr zu. »Das hier ist nichts für Sie. Das ist überhaupt nichts für Menschen. Bitte, sehen Sie das ein.«
    Glenda versuchte weiterhin, sich locker zu geben, und fragte: »Warum sollte ich?«
    »Bitte.« Jetzt schaute sich der Mann um. »Verlangen Sie keine Erklärung. Sehen Sie, es ist sowieso schwer zu glauben. Sehen Sie einfach nur zu, dass Sie wegkommen. Das ist alles.«
    Glenda zuckte mit den Schultern und fragte: »Und was ist mit Ihnen?«
    Der Mann lachte. »Kümmern Sie sich nicht um mich. Ich bin mir selbst genug.«
    »Mit dem Buch?«
    »Ja.«
    Glenda fragte weiter. »Aber es ist nicht normal – oder? Ich meine, es ist kein normales Buch.«
    »Ja.«
    Glenda wartete einige Sekunden, bis sie eine neue Frage stellte. »Darf ich das Buch denn sehen?«
    Der Mönch zuckte mit beiden Armen, bevor er den Gegenstand an seine Brust drückte. »Nein, nein, auf keinen Fall. Das ist nichts für fremde Augen.«
    »Warum nicht?«
    Der Mann schaute sich um, als würde jemand in der Nähe lauern. »Fragen Sie bitte nicht weiter. Nehmen Sie es einfach hin. Das ist für Sie am Besten.«
    »Bleiben Sie denn hier?«
    »Fragen Sie nicht, gehen Sie!«, drängte der Mann.
    Manchmal erwachte in Glenda der Dickkopf. So auch jetzt. Sie hatte schon zu viel erlebt, um jetzt einfach aufzugeben. Dass hier etwas nicht stimmte, stand für sie fest, und sie konnte sich gut vorstellen, dass sie auf etwas gestoßen war, dem man ein gefährliches Geheimnis zuordnen konnte. Hier lag etwas im Hintergrund, das eine gewisse Gefahr beinhaltete. Die Reaktion dieses Mannes war alles andere als normal, und sie hatte längst begriffen, dass eine tiefe Angst in ihm steckte. Aber wovor?
    Genau das war die Frage, auf die sie keine Antwort wusste. Aber sie wollte wissen, was hier ablief und warum sich der Mann versteckte. Oder hatte er sich gar nicht versteckt und war nur gekommen, um etwas zu suchen, das er letztendlich auch gefunden hatte?
    Jedenfalls war dieses Buch wichtig. Den Inhalt kannte Glenda nicht, aber sie hätte ihn gern kennengelernt. Nur konnte sie den Mann nicht einfach fragen. Sie musste schon den
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