Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1731 - Die Beaumortels

Titel: 1731 - Die Beaumortels
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
verletzlichen - Geschöpfe zu erschaffen. Die Abruse - die Herrin der Kristalle als Meisterin des Lebens?
    Undenkbar! Was waren diese Kreaturen aber dann, wenn nicht Lebewesen?
    Das Geschöpf, dem sich Moira näherte, begann sich unruhig zu regen.
    Es schien fast so, als könne es die Nähe von etwas Andersartigem spüren.
    Und genau in dem Moment begann plötzlich Kibb zu rebellieren...
    Moiras Symbiont hatte sich seit Monaten nicht mehr gerührt. Er hatte zurückgezogen und still auf ihrem Haupt gethront, die wechselwirkenden Kräfte, die zwischen ihnen beiden strömten, wohlwollend auf sich einwirken lassen und genossen. Moira hatte Kibbs Existenz beinahe vergessen, so zurückhaltend und unauffällig war er gewesen.
    Doch plötzlich geriet Kibb in Raserei. Er peitschte Moira wie unkontrolliert mit seinen zopfartigen Pseudopodien und traktierte ihren Geist schockartig mit einer negativen Gedankenflut. Es dauerte eine geraume Weile, bis Moira die Ursache für Kibbs unglaubliches Verhalten herausfand.
    Im selben Moment, als sie den Grund erkannte, floh sie vor den Beaumortels. Sie waren es, die Kibb so sehr aufgeregt hatten, daß er außer sich geriet.
    Kibb entstammte einer Spezies von Schmarotzern, die sich geeignete Wirtskörper gesucht hatten und deren „Blut" - ein Synonym für Lebenssaft und -energie in weiterem Sinne - so lange gesaugt hatten, bis sie ausgelaugt waren, vertrockneten und starben. Als Kibb Moira befiel, da hatte diese Verbindung eines Wesens aus dem Arresum mit einem aus dem Parresum zu einer unglaublichen Symbiose geführt. Beide wurden sie unsterblich und konnten sich unbegrenzt sowohl auf der Minus- wie auch auf der Plusseite des Universums aufhalten.
    Moira philosophierte längst nicht mehr darüber, wieso das so war. Sie nahm dieses wunderbare Geschenk eines an wahren Wundern ohnehin armen Universums einfach dankbar an.
    Obwohl Kibb längst kein Parasit mehr war, hatte er sich doch seine Instinkte bewahrt. Moira wußte, daß er immer noch den „Blutgeruch" anderer Lebewesen wahrnahm und potentielle Wirtskörper mit seinen Sinnen selektierte. Doch war dies zu einem Spiel ohne Konsequenzen geworden, denn Kibb war klar, daß er keinen besseren Lebenspartner als Moira finden konnte. Die Lebenssignale anderer ließen ihn kalt.
    Bei der Begegnung mit den Beaumortels nahm er jedoch keinerlei „Geruch" wahr. Sie strahlten sowenig Lebensenergie aus wie Steine. Sie wirkten auf Kibb wie tote Materie. Sie lebten nicht.
    Das war es, was Kibb so sehr erregte und ihn zu ungestümen, wilden Gebärden weckte. Es verunsicherte ihn, machte ihn rasend. Er konnte nicht damit fertig werden, daß scheinbar lebende Wesen kein Leben in sich trugen.
    Für Kibb waren die Beaumortels tot.
    Und die Erkenntnis, daß sie eigentlich wandelnde Tote, leblose Materie bloß waren, bereitete auch Moira eine gehörige, unangenehme Überraschung.
     
    *
     
    „Es gibt nur eine einzige, erschütternde Antwort darauf, was mit diesen fünfzig bedauernswerten Menschen auf der Kristallwelt Opal geschehen ist", fügte Moira ihrem Bericht hinzu. „Die Abruse hat sie kristallisiert - und an ihre Stelle Doppelgänger aus Scheinleben gestellt. Sie hat sie bis in kleinste Detail getreu kopiert, jedes Atom, vermutlich auch ihren genetischen Kode und ihre ganze Gedankenwelt mit der kompletten Erinnerung bis in die früheste Kindheit. Es ist erschreckend, daß die Abruse gelernt hat, Pseudoleben zu erschaffen. Die Imitationen wären absolut, fehlte diesen Molekülen mit perfekter Mimikry nicht der Lebensfunke. Gerade dieses Manko gibt uns aber die Hoffnung, daß die Abruse Leben nicht unbegrenzt durch Pseudoleben ersetzen kann. Denn Pseudoleben aus diesen Chamäleon-Molekülen ist rascher vergänglich.
    Die Nähe, die Aura von wahrem Leben zehrt sie zusätzlich auf. Die Beaumortels welken dahin wie entwurzelte Pflanzen. Die Chamäleon-Moleküle verlieren zum Glück allmählich ihre Mimikry-Fähigkeit, werden in gewissem Sinn >vergeßlich< und sterben dann ab. Nur so ist der kontinuierliche Abstieg der Beaumortels zu erklären. Wenn Bebe in einer unglaublichen Situation der Arm gebrochen wurde, dann nur deswegen, weil die degenerierenden Chamäleon-Moleküle für einen Moment vergessen hatten, die Konsistenz des Unterarmknochens aufrechtzuerhalten. Und auch das Nichtbluten einer Wunde ist auf vorübergehende >Vergeßlichkeit< der Chamäleon-Moleküle zurückzuführen. So sehe ich es. Anders kann es gar nicht sein."
    Lugia Scinagra
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher