Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1727 - Der Kristallkopf

Titel: 1727 - Der Kristallkopf
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Messerspitze eines grauen, Pulvers, das sehr feinkörnig zu sein schien.
    Die nächsten Schritte ergaben sich logisch: Das Material wurde auf seine Zusammensetzung überprüft.
    Die Messung ergab ähnliche Werte, wie sie bereits festgestellt worden waren, als man Cryzz untersucht hatte.
    Ermittelt wurden unter anderem Lanthan mit der Ordnungszahl 57, Praeseodym (59), Promethium (61) und Holmium (67), also Elemente, die im Kosmos nur sehr selten anzutreffen waren; sie waren nicht radioaktiv und daher stabil. Außerdem fanden sich Cer und Erbium, die schon weniger selten waren, dazu Natrium, Magnesium und Eisen - all dies als Beimengen zu den Standardelementen, aus denen sich Kristalle üblicherweise zusammensetzten, nämlich Silizium und Kohlenstoff.
    Erstaunlich war, daß diese Elemente in dem Staub in chemisch reiner Form enthalten waren, nicht etwa in Verbindungen.
    „Er löst sich buchstäblich in seine chemischen Elemente auf", faßte Uhns Torbig seine Messungen zusammen. „Keine Legierungen, keine Verbindungen, keinerlei Kristalle."
    Herrea Dinah kniff die Augen zusammen.
    Uhns Torbig sah ihren Blick auf sich gerichtet und nickte bestätigend.
    „Es stimmt", sagte ‘er. „Diese Materialien sind völlig amorph, es sind wirklich Zerfallsprodukte."
    „Ist das normal?"
    Der Mineraloge lachte unterdrückt.
    „Vielleicht für die Abruse", antwortete er. „Nicht bei uns, fürchte ich.
    Damit kein Mißverständnis entsteht: Dieser Staub besteht nicht etwa aus mikroskopisch kleinen Bröckchen von Eisen oder Aluminium, sondern aus reinen Atomen. Es ist atomarer Staub, ohne jede innere Struktur."
    Er sah, wie Herrea Dinah schluckte.
    Die Abruse als Gegner zu haben war eine Erfahrung, für die es nur eine passende Bezeichnung zu geben schien: unheimlich. Nirgendwo war diese Wesenheit mit normalen wissenschaftlichen Mitteln zu fassen: Die Physik versagte, die Mineralogie, die Chemie. Wann immer man glaubte, gleichsam die Hand an einen Griff gelegt zu haben, erwies sich diese Hoffnung als Illusion. Das Wesentliche der Abruse schien ihre absolute Ungreifbarkeit zu sein.
    Die wenigen Informationen, die man überhaupt hatte sammeln können, ergaben so gut wie keinen Zusammenhang und ließen, was Charaktere wie Uhns Torbig tief erschütterte, keine weiteren Rückschlüsse zu. Die Abruse hatte etwas von jenen Geschöpfen an sich, von denen man in alten Lesespulen erfahren konnte - von Geistern, Gespenstern, Spuk und unerklärlichen Phänomenen, die jeder Logik, Vernunft und Einsicht hohnsprachen.
    Herrea Dinah stieß einen langen Seufzer aus.
    „Nichts", sagte sie. „Rein gar nichts. Dieses Material ist tot, anders kann ich es nicht ausdrücken."
    Uhns Torbig mußte wider Willen lachen.
    „Was heißt tot?" fragte er. „Natürlich ist es tote Materie, was hast du anderes erwartet."
    Dinah ließ eine graphische Darstellung aufscheinen.
    „Was siehst du?"
    Torbig schüttelte den Kopf. „Nichts", antwortete er.
    „Eben", gab Herrea zurück. „Nichts. Das ist eine Spektralanalyse des Staubs. Normalerweise sollten dort die sattsam bekannten Linien auftauchen, Fraunhofer-Linien, charakteristisch für jedes getestete Material.
    Aber hier erscheint nichts. Uhns, was wir untersuchen, ist Materie ohne Eigenschaften."
    Uhns Torbig spürte, wie sich sein Rücken verhärtete. Er kannte diese Muskelspannung. Sie hatte mit Angst zu tun, und sie war während der Expedition auf Werft sein ständiger Begleiter gewesen.
    „Diese Materie nimmt keine Energie auf, und sie strahlt keine Energie ab", fuhr Herrea Dinah fort; sie hatte die Augen geschlossen, und Uhns Torbig konnte sehen, daß sich die feinen Härchen auf ihren Unterarmen aufgerichtet hatten. „Sie verbindet sich nicht mit anderer Materie, sie hat keine chemische Affinität, keine Wertigkeit. Man kann diesen Staub weder durch Filtrieren noch Titrieren, weder durch fraktionierte Kristallisation noch durch fraktionierte Destillation in seine Bestandteile zerlegen. Ich kann ihn nicht schmelzen, denn er hat keinen spezifischen Schmelzpunkt. Alles, was wir können, ist, den Staub durch einen Kernscanner laufen zu lassen und dabei festzustellen, daß er aus unterschiedlichen Atomen besteht. Wohlgemerkt - unterschiedlich hinsichtlich der Zahl der Neutronen und Protonen im Kern. Aber mehr nicht.
    Dieses Eisen ist irgendwie kein Eisen, wie wir es kennen. Mit dem Kohlenstoff, den wir gefunden haben, kann man nichts, aber auch rein gar nichts anfangen. Er kristallisiert nicht, er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher