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1705 - Auf der Welt der Kristalle

Titel: 1705 - Auf der Welt der Kristalle
Autoren: Unbekannt
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grinste.
    „Okay, das genügt", bremste er sie. „Kann man das alles zusammenfassen, gibt es irgendeinen gemeinsamen Nenner?"
    Die junge Frau lächelte zaghaft. „Nun ja", sagte Janina schließlich. „Der einzige gemeinsame Nenner wäre, keinen gemeinsamen Nenner für alles zu haben. Verstehst du, auf Thyssan finden sich alle Arten von Kristallen, in allen Farben und mit allen Strukturen, wie in einem Lehrbuch der Mineralogie. Daneben gibt es aber Formen, wie sie in keinem einzigen Lehrbuch zu finden sind - und teilweise widersprechen sich diese Kristalle gegenseitig. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll - hier ist die einzige Regel die der Regellosigkeit. Obwohl ..." Die junge Frau holte tief Luft. „Es sind genug Kristalle da, die den klassischen Regeln entsprechen, was immer du haben willst: Wulfenite, Arragonite, Chalcedone, Cyanotrichit und Krokoit - es ist alles da. Aber jede zweite Form ist mir unbekannt. Gut, das will nicht viel heißen, ich bin nur eine Amateurin, die sich für das Thema interessiert ..."
    Michael Rhodan hob die rechte Hand. „Dafür weißt du genug ..."
    Janina bewegte hektisch die Hände. „Auf Thyssan ist es so", versuchte sie zu erklären, „jedenfalls nach meiner Meinung, als gebe es keine verbindlichen Regeln der Kristallogie mehr. Der Zustand ist irgendwie chaotisch, jeder Kristall macht, was er will. Oder abstrus - ich finde keinen besseren Ausdruck. Ach ja, und noch etwas - ich habe nirgendwo bisher solche Riesenkristalle gesehen, nirgendwo."
    Michael Rhodan blickte um sich, in die Druse hinein, auf die Landschaft, die die Menschen umgab.
    „Kristalle werden normalerweise nicht so groß", fuhr Janina fort. „Ein faustgroßer, reiner Kristall ist immer eine Seltenheit, jedenfalls auf der Erde und anderen Planeten. Diese Prachtkristalle in den Fachbüchern, die so wundervoll aussehen - wenn man genau nachliest, wird man feststellen, daß die Originale zu diesen Bildern oft nur 20 mal 30 Millimeter groß sind. Und hier? Dort drüben, das Tetraeder, auf der Ebene dort.
    Es ist nur zu drei Vierteln zu sehen und wirkt sehr regelmäßig, nicht wahr? Nun, das Tetraeder ist die klassische Grundform des Diamanten - demnach müßte dieser Diamant, falls er einer ist, ein paar Tonnen wiegen."
    Sie lächelte schwach.
    „Wir könnten ihn also spalten, teilen, zerlegen und schleifen, und wenn wir Thyssan wieder verlassen, könnte jede Frau an Bord Diamanten an sich tragen wie eine Großfürstin..." Jemand stieß einen heftigen halblauten Pfiff aus, andere holten hörbar tief Luft.
    „Ich habe es überprüft", fuhr Janina schwach lächelnd fort. „Es ist kein chemisch reiner Kohlenstoff, nur schlichtes Natriumchlorid, also Kochsalz, ausreichend, um gut drei Millionen Salzstreuer damit zu füllen."
    Michael Rhodan kniff die Augen zusammen.
    „Das klingt ...", murmelte er.
    „Es paßt nichts mehr zusammen", sagte Janina leise. „Diese Kristalle, sie sehen so fest aus, so unerschütterlich stabil, als wären sie die Grundlage von allem. In unserer Wirklichkeit sind sie das auch. Aber nicht in dieser Wirklichkeit von Thyssan. Der Anblick der äußeren Welt täuscht auf Thyssan."
    Michael Rhodan spürte, daß die junge Frau ungewollt begann, ein Thema zu berühren, das er vorläufig lieber nicht zum Gegenstand allgemeiner Diskussionen machen wollte.
    „Dann sehen wir uns die innere Welt von Thyssan an", schlug er vor.
    „Carl, am besten bleibst du in meiner Nähe..."
    Michael Rhodan stapfte langsam voran. Bei jedem Schritt zerstörte er Kristalle unter seinen Schuhen, es knirschte und knackte unaufhörlich.
    Das Spiel von Farben und Reflexen, das ihn umgab, war atemberaubend.
    „Ich sagte es vorhin schon", machte sich Janina bemerkbar.
    „Normalerweise kommen all diese Kristalle in dieser Reinheit nur als winzige Splitter vor ..."
    Michael Rhodan sah schwarze, mattschimmernde Kuben und Rhomben schwer und massiv in den Wänden sitzen. Über den Boden kollerten Stachelgebilde, in ihrer Zartheit von einem Atemzug verwehbar, wie es schien, gebildet aus haarfeinen Nadelbüscheln in hell schimmerndem Rot. Kristalle saßen aufeinander, durchdrangen einander und spielten in zahlreichen Farben das Licht der Scheinwerfer zurück.
    Kristallene Monolithen ragten aus dem Boden; schneeflockengleich rieselten Kristalle bei der geringsten Berührung aus der Decke und legten sich als mattsilberner Staub auf die Monturen.
    Nur mit äußerster Mühe ließ sich unter diesem Bewuchs erahnen, was
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