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17 - Das Konzil der Verdammten

17 - Das Konzil der Verdammten

Titel: 17 - Das Konzil der Verdammten
Autoren: Peter Tremayne
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darüber nach, ob es nicht günstiger wäre für die Christenheit, das Osterfest an einem für alle verbindlichen Termin zu feiern.«
»Wichtiger scheint mir, das Fest in Wahrheit zu feiern, als über Nebensächlichkeiten zu diskutieren«, murmelte Abt Ségdae.
»Wenigstens wird sich dieses Konzil nicht mit Kalendern und Terminen für die großen Feierlichkeiten befassen, sondern mit dem Bekenntnis zu unserem Glauben und damit, wie wir in den klösterlichen Gemeinschaften ein gottgefälliges Leben führen. Ich jedenfalls sehe den Debatten voller Erwartung entgegen«, schloss Abt Dabhóc.
Erstmals ließ Abt Ségdae ein kurzes Lächeln über seine ernsten Züge gleiten. »Lebhaft dürften die Debatten gewiss werden, so wie unsere Brüder aufeinander losgegangen sind«, scherzte er.
Sie blieben im Gang der hospitia oder Gastquartiere stehen, wo jedem Würdenträger eine eigene Kammer zugedacht worden war.
»Wie ich höre, sind deine Berater noch nicht eingetroffen?«, fragte Abt Dabhóc, ehe sie sich trennten.
Wieder blickte Abt Ségdae ernst und auch bekümmert drein. »Sie haben sich allein auf die Reise begeben und müssten schon seit Tagen hier sein.«
»Die See kann sich sehr stürmisch gebärden, und die Überfahrt ist ohnehin schon lang, bevor man das Festland erreicht. Dann kommt noch die Reise flussaufwärts dazu. Wen erwartest du? Ihr habt in Muman bedeutende Gelehrte.«
»Fidelma von Cashel hat eingewilligt, uns bei den rechtlichen Fragen zu beraten, ehe wir den Beschlüssen zustimmen – das heißt zu prüfen, ob sie mit dem Gesetzwerk des Fénechus vereinbar sind.«
Abt Dabhóc war freudig erstaunt. »Fidelma? Ihren Namen pfeifen die Spatzen von den Dächern in den fünf Königreichen, besonders seit sie Anfang des Jahres den Mord am Hochkönig aufgeklärt hat. Nur, einen Mord aufzuklären ist eine Sache, doch abzuwägen, wie die Beschlüsse dieses Konzils die Gesetze und Gebräuche in den fünf Königreichen berühren, ist etwas gänzlich anderes.« Plötzlich musste er lachen. »Wenn unsere britannischen und sächsischen Freunde sich weiter in den
Haaren liegen, könnten wir ihr vielleicht sogar einen neuen
Mord bieten.«
Das fand Abt Ségdae nicht sehr spaßig. »Mit dergleichen
sollte man nicht scherzen, mein lieber Bruder. Nachdem ich
gemerkt habe, was in dieser Abtei vorgeht, mache ich mir Vorwürfe, sie überhaupt gebeten zu haben, mich zu begleiten.
Doch es wird spät. Uns bleibt vor der Abendmahlzeit kaum
noch Zeit, unser Bad zu nehmen.«
    Jemand rüttelte ihn. Er vernahm eine Stimme, die ihn eindringlich anrief. Abt Ségdae wurde vollends wach und blinzelte ins Licht der Kerze in einer Laterne, die jemand über ihn hielt.
    »Bischof Leodegar schickt mich, du musst sofort kommen!« Abt Ségdae suchte die schemenhafte Gestalt des Mönchs zu erkennen, der ihn aus tiefstem Schlaf gerissen hatte. Es war noch dunkel im Zimmer und recht kalt.
    »Was gibt es denn?«
»Bischof Leodegar hat gesagt …«, begann der andere. »Ich habe dich schon verstanden«, erwiderte der Abt und
    richtete sich mühsam auf. »Was ist passiert?«
    Der Mönch schien erregt. »Kann ich dir nicht sagen … du sollst gleich mitkommen.«
Mit einem Seufzer schwang sich der Abt aus dem Bett und warf sich seine Robe über. Wenige Minuten später folgte er dem Mönch durch den dunklen Flur.
»Wohin gehen wir, oder kannst du mir auch das nicht sagen, Bruder … Bruder …?«
»Bruder Sigeric.«
»Wo bringst du mich hin?«
»Zum Quartier des sächsischen Bischofs. Bischof Ordgar.« »Wieso das?«
»Ich hab von Bischof Leodegar nur den dringenden Auftrag, dich dorthin zu begleiten.«
Abt Ségdae schnaufte gereizt. Er begriff, weitere Auskunft würde er nicht erhalten.
Es dauerte gar nicht lange, bis sie vor einer Kammer waren, deren Tür weit offen stand. Bruder Sigeric bedeutete ihm einzutreten. Der Anblick, der sich dem Abt bot, ließ ihn auf der Schwelle verharren. Ein Mönch beugte sich über eine Gestalt auf dem Boden. Er erkannte sofort, dass es sich um Abt Cadfan handelte. Cadfan stöhnte; das gab Abt Ségdae wenigstens die Gewissheit, er lebte, Gott sei Dank. Dann sah er Bischof Leodegar neben einem zweiten auf der Erde Liegenden stehen, der gleichfalls geistliche Gewänder trug.
»Bischof Ordgar?«, fragte er knapp. »Hat Cadfan ihn etwa erschlagen?«
Hinter der offenen Tür hörte man es stöhnen.
Abt Ségdae machte einen Schritt hinein in den Raum und schaute zum Bett. Dort lag wie leblos Bischof Ordgar von Canterbury.
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