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1696 - In den Ruinen des Mars

Titel: 1696 - In den Ruinen des Mars
Autoren: Unbekannt
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Teil waren sie bereits verfault, bevor sie auf dem Boden auftrafen, andere entwickelten sofort ein beängstigendes Eigenleben. Knapp einhundert Meter von den Wissenschaftlern entfernt wurden einige zehntausend Sporenkapseln mit explosionsartigem Knall in die Luft geschossen. Wo die Kapseln auf dem Boden auftrafen, öffneten sie sich sofort, ein Netz von hellroten Fäden breitete sich um die Sporen herum aus und setzte sich fest. Ein Roboter wurde von einem dieser Geschosse erwischt. Binnen weniger Sekunden schoben sich die roten Fäden in das Leibesinnere des Robots. Er begann zu toben, sich unkontrolliert zu bewegen, und schließlich brach er zusammen. Es schmorte in seinem Inneren, Qualm trat hervor. An der metallenen Oberfläche bildeten sich feine Bläschen. Offenbar waren die Nesselfäden dieser Sporen imstande, auch Stahl anzugreifen - eine Warnung für jeden, sich dem Pflanzenkoloß nicht ungeschützt zu nähern. Stunde um Stunde verging, in denen unablässig gearbeitet wurde. Zur gleichen Zeit waren andere Trupps damit beschäftigt, jene Gebäude zu reinigen, die von dem Pflanzenbewuchs überwuchert worden waren.
    Im Großraum Sheravyl hatten vor der Katastrophe rund sechzigtausend Menschen gelebt, die damals in Sicherheit gebracht worden waren, gerade noch rechtzeitig. Jetzt machten sich die Menschen Hoffnung, ihre Quartiere wieder beziehen zu können. Tyler Danning war, was das anging, sehr skeptisch. Wenn man ein Stück Fleisch offen liegen ließ, sammelten sich darauf unweigerlich Keime an - eine Million Keime pro Gramm galten als hygienisch unbedenklich.
    Wenn man nichts unternahm, konnte diese Zahl auf über eine Milliarde Keime ansteigen -pro Gramm. Angesichts dieser Zahlen konnte sich jeder ein ungefähres Bild davon machen, wie viele Keime selbst bei der gründlichsten Behandlung in winzigen Ritzen und Löchern in den Gebäuden verbleiben würden - und dabei handelte es sich nicht um gewöhnliche Keime, wie sie überall in der Luft herumschwirrten, sondern um jene Mikroben, die von dem Biotop gebildet worden waren, dessen Leben völlig unberechenbar war. Wahrscheinlich würde man Jahrzehnte abwarten müssen, bis das Gebiet wieder als bewohnbar ausgewiesen werden konnte. Eines allerdings konnte man tun, und diese Arbeit lief parallel zum Abtransport des Biotops. Das Erdreich unter dem fortgeschafften Biotop wurde von Robotern abgetragen, einer ultraharten Sterilisationsstrahlung ausgesetzt und dann am Rande der Region wieder aufgeschüttet - auf diese Weise sollte nach und nach der Zugang zu den untermarsianischen Anlagen freigebaggert werden. Daran vor allem waren Boris Siankow und Myles Kantor interessiert. Der Abtransport der Biomasse von Sheravyl zog sich in die Länge. Der Mars-Abend dämmerte herauf, Nacht senkte sich über die Region, aber es wurde im Licht starker Flutlichter weitergearbeitet. Unablässig schnitten die Techniker Teile aus dem Biotop heraus und verfrachteten es hinauf in das Innere des großen Tenders, der den Namen WEGA trug.
    Dort wollte Tyler Danning seine Arbeit vorläufig fortsetzen, bis die Zusammenführung aller Teilstücke unter dem Paratronschirm stattfinden konnte. Erst in den frühen Morgenstunden zeichnete sich ein Ende der Plackerei ab. Tyler Danning ließ einen Gleiter kommen, der ihn zur WEGA hinauftransportierte, während gleichzeitig die letzten Teilstücke des Biotops in die übrigen Karacken verladen wurden. Erwartet wurde Danning vom Kommandanten der WEGA, einem bulligen Terraner, der ihn höchst mißvergnügt musterte. „Du bist Danning?"
    Tyler nickte und setzte eine Miene auf, die mindestens ebenso griesgrämig war wie die des Kommandanten. „Dann haben wir dir diese Schweinerei zu verdanken?" Tyler Danning konnte ein gewisses Verständnis für den Raumfahrer aufbringen. Eine Ladung wie diese hatte wohl noch kein Schiff der Hanse-Flotte an Bord nehmen müssen. Der erste Eindruck an Bord war der Gestank. Tyler Danning hatte seinen SERUN so eingestellt, daß er die Bordluft atmen konnte, und die war mit Ausdünstungen förmlich gesättigt. Teile der Pflanzenmasse waren während des Transports abgestorben und hatten sich als braungrüner Brei fast überall im Schiff verteilt, stinkend, blasenwerfend und in jeden noch so kleinen Winkel hineinsickernd.
    Der Geruch war atemberaubend, ein stickiges, fauliges Gebräu miteinander wetteifernder Aromen, die sich an Widerwärtigkeit einen Wettstreit zu liefern schienen. Kein Wunder, daß der Kommandant ergrimmt
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