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1693 - Letzte Zuflucht: Hölle

1693 - Letzte Zuflucht: Hölle

Titel: 1693 - Letzte Zuflucht: Hölle
Autoren: Jason Dark
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eine Närrin. Wie hatte sie annehmen können, dass auf dieser Strecke noch ein Zug fuhr und an diesem alten Bahnhof anhielt?
    Noch war es nicht dunkel geworden. Wiebke gab sich einen Ruck. Sie fand es nicht eben toll, den Bahnhof zu durchsuchen, aber jetzt war sie schon mal da, und sie wollte sich auch das Gebäude von innen ansehen.
    Sie ging hinein. Sofort umgab sie ein anderer Geruch. Er war nicht sofort zu identifizieren. Einige Male musste sie schnuppern. Es roch nach Fäulnis, nach Staub, und eigentlich war es der ideale Platz für Ratten. Der Wind hatte Blätter und Zweige durch den offenen Eingang geweht und auch durch die Tür an der Frontseite, die ebenfalls nicht mehr vorhanden war.
    Bisher hatte Wiebke nicht über das Gewicht ihres Rucksacks nachgedacht. Er war von der Herstellung her recht leicht. Da er aber gut gefüllt war, hatte er eben sein Gewicht. Es war immer dann besonders zu merken, wenn sie stehen blieb und sich etwas entspannte. Das war hier nicht möglich, aber die Pfunde spürte sie schon, und deshalb ließ sie den Rucksack von ihrem Rücken gleiten und stellte ihn auf den Boden. Es gab auch außen mehrere Taschen, die sie ebenfalls gefüllt hatte. Aus einer ragte der Griff einer Taschenlampe hervor. Da es immer dunkler wurde, würde ihr die Lampe eine große Hilfe sein. Wiebke holte sie hervor, schaltete sie aber noch nicht ein.
    Den Rucksack ließ sie auf dem Boden stehen und wollte jetzt das Innere des Gebäudes durchsuchen.
    Links von ihr an der Wand hatten mal die Tafeln mit den Fahrplänen gehangen, jetzt waren davon nur mehr Fragmente übrig. Schmutzige Fetzen, die wie alte dünne Zungen nach unten hingen.
    Sie nahm sich die andere Seite vor, denn die war interessanter. Dort gab es eine Tür, die zu einem dahinter liegenden Raum führte. Zwar kannte sich Wiebke bei alten Bahnhöfen nicht aus, aber sie konnte sich vorstellen, dass vor langer Zeit mal hinter der Tür der Mann gesessen hatte, der die Fahrkarten verkaufte.
    In der oberen Hälfte bestand die Tür zwar ebenfalls aus Holz, aber sie war dort zweigeteilt. Ähnlich wie bei einem Schrank mit zwei Türen. Hier war er geschlossen, und als sie noch näher herantrat und jetzt mit der Lampe leuchtete, da fiel ihr sofort auf, dass die Tür oder der Zugang noch recht normal wirkte. Es war nichts zusammengebrochen oder hing schief in den Angeln.
    Gab es dafür einen Grund?
    Wiebkes Neugierde verstärkte sich. Sie blieb vor dem Zugang stehen, atmete den Staub ein und auch die Feuchtigkeit, die von dem Holz ausging. Eine Klinke sah sie nicht, dafür einen Knauf. Der interessierte sie im Moment nicht. Sie kümmerte sich um die obere Hälfte und hoffte, dass diese sich aufdrücken ließ, sodass sie nachschauen konnte, was hinter der Tür lag.
    Mit einer Hand drückte sie gegen die rechte Seite. Sie hörte ein Knarren, merkte, dass die Tür klemmte, und gab etwas mehr Druck, was sich auszahlte.
    Fast überraschend schnell schwang die Hälfte nach hinten.
    Sie wollte hinschauen und sehen, was sich in diesem Raum verbarg. Es blieb zunächst beim Vorsatz, denn in diesem Moment änderte sich alles bei ihr.
    Bisher hatte sie gedacht, sich allein in dieser Umgebung aufzuhalten. Das stimmte nicht, denn sie wusste, dass es noch ein Lebewesen gab. Sie sah es nicht, aber sie hörte es.
    Jemand weinte.
    Es war kein normales Weinen, sondern das eines Kleinkindes oder Babys …
    ***
    Es war der Augenblick, an dem Wiebke Hiller erstarrte und das Gefühl hatte, zu Stein geworden zu sein.
    Hatte sie sich getäuscht? Bildete sie sich das Weinen nur ein? Spielte ihre Fantasie ihr einen Streich?
    Nein, bestimmt nicht. Das Weinen war echt, es drang aus dem Raum hinter der offenen Tür.
    Wiebke merkte, dass sie schwitzte. Es fiel ihr sogar schwer, den Arm zu heben, um wenig später mit der Lampe in die Dunkelheit zu leuchten.
    Sekunden später sah sie es.
    Auf den schmutzigen Boden lag eingewickelt in einer Babydecke tatsächlich ein Säugling und jammerte vor sich hin.
    Erneut war Wiebke nicht in der Lage, sich zu bewegen. Nur der helle Lampenstrahl zitterte leicht, blieb aber am Ziel haften.
    Äußerlich hatte sich kaum etwas verändert. Und doch war mit dem Fund des Babys alles ganz anders geworden. Wiebke Hiller hatte sich so etwas nicht vorstellen können, und sie fragte sich, wer es übers Herz brachte, ein Baby in dieser Einsamkeit sich selbst zu überlassen. Wer konnte denn so grausam sein?
    Sie wusste es nicht. Nur stand für sie fest, dass dieses Kind
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