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1693 - Letzte Zuflucht: Hölle

1693 - Letzte Zuflucht: Hölle

Titel: 1693 - Letzte Zuflucht: Hölle
Autoren: Jason Dark
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Urplötzlich war die Sperre da. Sie hatte den dunklen Transporter weder gehört noch gesehen. Jetzt aber sah sie ihn, und sie sah auch die beiden Gestalten, die neben dem Wagen standen.
    Für sie waren es Schatten. Phantome ohne Gesichter. Und sie waren ungeheuer schnell. Keinen Laut hörte sie, als sich die beiden in Bewegung setzten und auf sie zu huschten.
    Die Frau wollte schreien. Es ging nicht. Sie stand unter einem zu großen Schock. Die Hände hielten den Bügel des Kinderwagens krampfhaft umklammert, und endlich schaffte sie es, den Mund zu öffnen.
    Da erwischte sie der Schlag!
    Sie hatte die Faust nicht kommen sehen. Sie hatte den Eindruck, ihr Kopf würde zerrissen werden. Augenblicklich verlor sie den Überblick. Sterne blitzten vor ihren Augen. Sie merkte noch, dass sie fiel. Den Aufprall gegen das kantige Pflaster der Gasse bekam sie nicht richtig mit. Sie stand kurz davor das Bewusstsein zu verlieren. Dass sie nicht in diesen Zustand abtrudelte, lag daran, dass ihr Baby schrie. Es war wie eine Sirene, die sie noch wach hielt.
    Aber es brachte ihr nichts. Sie lag auf dem Boden, konnte sich nicht bewegen. Sie hörte Geräusche, die sie nicht einordnen konnte, aber sie besaß einen starken Willen, und den hatte auch der harte Kopftreffer nicht ausschalten können.
    Das Radieren von Reifen auf dem Untergrund drang an ihre Ohren. Dabei heulte ein Motor auf, dann war es wieder ruhig.
    Die Frau lag noch immer auf dem Rücken. Sie riss die Augen auf. Dann wurde sie angefasst.
    »Ist Ihnen nicht gut?«
    »Bleiben Sie ganz ruhig.«
    »Ein Arzt ist bereits unterwegs.«
    Die Kommentare glitten an ihr ab. Sie hatte andere Sorgen. Sie wollte sprechen, was sie nicht schaffte. Irgendetwas schien ihren Hals zu umklammern.
    Und dann stand sie doch.
    Hände hielten sie rechts und links fest. Vor sich sah sie den Kinderwagen. Obwohl es ihr schlecht ging, schaffte sie den Blick in den Wagen.
    Etwas durchbohrte ihren Leib wie ein Messerstich.
    Nein, das konnte doch nicht wahr sein! Und trotzdem stimmte es, und es war grauenvoll für sie.
    Der Kinderwagen war leer!
    ***
    Der alte Mann hatte so dreckig und auch wissend gegrinst, dass Wiebke Hiller einen Schritt vor ihm zurückwich. Zugleich stieg ein Gefühl der Unsicherheit in ihr hoch.
    Der alte Mann schnippte mit den Fingern. Er saß auf einer Bank in der freien Natur. Sie stand an einer Wegkreuzung und wurde vom Geäst eines Baumes beschattet. Die Frühherbstsonne war schon tiefer gesunken. Die Wärme hatte sich noch gehalten und die zahlreichen Mücken zu Tänzen animiert.
    »Du willst zum alten Bahnhof?«
    Wiebke nickte.
    »Und dann?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Es soll dort noch ein Zug fahren, habe ich gehört.«
    Der Alte sprach erst mal nicht. Dafür schielte er sie von unten her an. »Wer hat dir das gesagt?«, murmelte er dann.
    »Ich habe gefragt.«
    »Ja, konnte ich mir denken.« Er bewegte sich auf seiner Bank und runzelte die Stirn. »Wenn man dir es gesagt hat, wird es wohl stimmen, obwohl ich das nicht bestätigen kann.«
    »Warum nicht?«
    »Der Bahnhof ist verlassen. Es fährt kein Zug mehr.«
    So leicht ließ sich Wiebke nicht von ihrem Vorhaben abbringen. »Aber ich habe die Schienen gesehen. Ich bin sogar über sie hinweggegangen und habe mit dem Gedanken gespielt, ihnen zu folgen. Dann fand ich den Weg doch nicht so gut und bin hier bei Ihnen gelandet.«
    Der Mann kicherte. »Und jetzt willst du mit dem Zug fahren.«
    »Sonst hätte ich nicht gefragt.« Wiebke wurde allmählich sauer. Sie hatte den Eindruck, nicht ernst genommen zu werden. Allerdings hatten auch die anderen Menschen sie schon seltsam angeschaut, als sie nach dem Bahnhof gefragt hatte.
    »Wenn du willst, kannst du hingehen. Lauf so schnell wie möglich. Kann sein, dass du ihn noch siehst.«
    »Meinen Sie den Zug?«
    »Ja.«
    Sie schnaufte. »Aber vorhin haben Sie gesagt, dass keiner mehr fährt. Das habe ich genau gehört.«
    »Ich weiß. Aber du hast mich überzeugt. Es gibt für dich nur zwei Möglichkeiten. Entweder kannst du fliegen oder du läufst zum Bahnhof und wartest dort.«
    »Auf den Zug, meinen Sie?«
    »Ja.«
    »Dann wird er kommen?«
    »An diesem Abend kann es so weit sein. Der Termin ist wieder da, denke ich. Er wird fahren, Fräulein.«
    Wiebke überhörte den alten Ausdruck. Sie sagte: »Auf jeden Fall komme ich hier weg?«
    »Möglich. Wohin willst du denn?«
    Wiebke Hiller dachte daran, dass sie als Tramperin unterwegs war und sich einfach treiben lassen
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