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1690 - Die Schwelle zum Jenseits

1690 - Die Schwelle zum Jenseits

Titel: 1690 - Die Schwelle zum Jenseits
Autoren: Jason Dark
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du?«
    »Von einem, an dem dir dein großer Wunsch erfüllt wird. Es ist der Blick ins Jenseits.«
    Klar, sie hatte damit rechnen müssen. Sie war auch darauf vorbereitet und hatte Zeit genug gehabt, sich darauf einstellen zu können. Doch jetzt, wo sie dicht davor stand, bekam sie schon weiche Knie und war froh, sich an der Wand abstützen zu können.
    »Wirklich?«
    »Si. Warum sollte ich dir etwas vormachen?«
    Marcia senkte den Blick. Sie leckte über ihre trockenen Lippen. Dann schaute sie an sich hinab und blickte auf den schwarzen Stoff des langen Kleids, das man ihr hier in der Einsamkeit gegeben hatte. Es reichte fast bis zu den Füßen und war schulterfrei.
    »Freust du dich nicht?«
    »Ich weiß nicht, ob ich mich freuen soll.«
    »Aber du wolltest es so. Du hast dich davon nicht abbringen lassen.«
    »Das weiß ich alles. Aber ich weiß nicht, was geschehen wird, wenn ich ins Jenseits geschaut habe, oder was dabei passiert und ob ich dies überhaupt verkrafte.«
    »Hast du dich denn nicht darauf vorbereitet?«
    »Schon, aber …«
    »Es gibt kein Aber mehr für dich«, erklärte der seltsame Mönch. »Du hast den Weg eingeschlagen und kannst ihn jetzt nicht mehr verlassen.« Er streckte die Hand aus. »Komm.«
    Marcia ging noch nicht los. Sie wollte sich innerlich darauf einstellen und musste sich erst klarmachen, dass sie etwas sehen würde, was kaum zu fassen war.
    Du hast es so gewollt!
    Es war die innere Stimme, die zu ihr sprach, und sie wollte sich auch nicht dagegen wehren.
    »Ich komme mit.«
    »Das ist wunderbar.«
    Der Glatzkopf gab ihr die Tür frei. Marcia ging langsam. Ihr Gesicht zeigte einen starren Ausdruck. Sie empfand weder Freude noch Angst, eigentlich gar nichts, und so schritt sie über die Schwelle hinweg und verließ das Zimmer.
    Sie befand sich in einem kahlen, engen Flur. Es gab kein elektrisches Licht. Die Helligkeit fiel durch die Öffnungen in der Mauer. Scheiben waren dort nicht vorhanden, und in der Dunkelheit wurden Kerzen und Leuchten angezündet, um die finsteren Schatten zu vertreiben.
    Der Glatzkopf blieb an ihrer Seite. Das Ziel war eine nach unten führende Steintreppe, die nicht eben Vertrauen erweckend aussah, weil die Stufen schmal und hoch waren.
    Zum Glück war ein altes Eisengeländer vorhanden, an dem sich Marcia festhalten konnte.
    Der Glatzkopf blieb hinter ihr. Er sagte kein Wort, als sie die Wendeltreppe hinab nach unten ging.
    Und dort musste die Frau anhalten.
    Die letzte Stufe lag hinter ihr. Vor ihr befand sich ein großer, viereckiger Raum, den sie noch nie zuvor gesehen hatte. Er war leer, aber trotzdem etwas Besonderes, weil die Decke an verschiedenen Stellen von Säulen gestützt wurde.
    Der Fußboden kam ihr glatt wie eine Eisfläche vor, und sie hatte das Gefühl, selbst zu Eis zu werden.
    Ihr Blick glitt nach vorn. Ihr gegenüber, jedoch in einiger Entfernung, sah sie mehrere Säulen, die dicht hintereinander standen und so etwas wie einen Gang bildeten, an dessen Ende ein Vorhang hing, der allerdings geschlossen war.
    Marcia wusste nicht, was diese Umgebung bedeutete. Sie musste sich darauf verlassen, dass ihr hier der Blick ins Jenseits gestattet wurde, wobei sie jetzt nichts sah.
    Es gab keine Menschen, abgesehen von ihr und dem Glatzkopf hinter ihr, der sie auch ansprach.
    »Du kannst vorgehen …«
    »Und wohin?«
    »Bis in die Mitte des Saals. Dort wirst du bleiben und dich nicht von der Stelle rühren.« Seine Stimme hatte einen leichten Hall bekommen. Das lag wohl an der Leere der Umgebung. Hier wurde der Schall von den Wänden zurückgeworfen.
    Marcia wusste, dass ihr keine andere Wahl blieb. Sie musste in die Mitte des Saals gehen und dort erst mal abwarten, was geschehen würde.
    Es waren nur kleine Schritte, die sie machte, als wollte sie nicht so recht gehorchen. Ihr blieb keine andere Möglichkeit, und als sie ungefähr den Punkt erreicht hatte, stoppte sie.
    »Das ist gut«, meldete sich der Glatzkopf.
    »Und jetzt?«
    »Kannst du dich umdrehen und auf den Vorhang schauen. Dahinter befindet sich eine Bühne, und zwar dort, wo die Säulen so etwas wie einen Gang bilden. Das ist dein neues Ziel, Marcia.«
    »Ja.« Sie nickte.
    »Dann dreh dich bitte um.«
    Sie tat es und schaute auf die Bühne – oder vielmehr auf den Vorhang, dessen Stoff hell schimmerte, der aber nach wie vor geschlossen blieb.
    Erst jetzt fiel ihr richtig auf, dass es um sie herum nicht finster war. Es gab eine gewisse Helligkeit. Nur sah sie keine Lampen. Das
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