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1690 - Die Schwelle zum Jenseits

1690 - Die Schwelle zum Jenseits

Titel: 1690 - Die Schwelle zum Jenseits
Autoren: Jason Dark
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hat?«
    »Si, Signore Sinclair. Oder auch mit mehreren. So genau kann ich Ihnen das nicht sagen.«
    Ich hakte noch mal nach. »Und Sie kennen keine Namen?«
    »Leider nein.«
    »Und die Namen von Freundinnen …«
    Sie winkte sofort ab. »Haben wir alle durch. Niemand konnte uns etwas sagen. Es wusste auch keine der Angesprochenen von diesem neuen Hobby, sage ich mal. Marcia war normal. Ja, das ist sie gewesen. Sie ist nicht aufgefallen.«
    »Das wird schwer werden.« Ich war ehrlich, auch wenn ich Signora Gitti damit keinen Gefallen tat.
    »Ich weiß«, gab sie leise zurück, und in ihren Augen schimmerten Tränen. »Soll ich jetzt die Flinte ins Korn werfen und mir hinterher sagen, nicht alles getan zu haben, um meine Tochter zu retten?«
    »Nein, das sollen Sie natürlich nicht. Aber …«
    Schritte auf den Steinen unterbrachen mich. Ich drehte meinen Kopf nach rechts und sah die Angestellte aus dem Haus. Sie hielt ein Telefon in der Hand.
    »Ein Anruf für Sie, Signora.«
    »Nein, nicht jetzt, ich habe doch gesagt, dass ich nicht gestört werden möchte.«
    »Aber die Frau sagte, dass es sehr, sehr wichtig sei.«
    »Frau?«
    »Ja.« Die Hausangestellte drückte ihr das Telefon in die Hand, und Romana Gitti meldete sich mit schwacher Stimme. Danach hörte sie erst mal zu – und wurde plötzlich kalkbleich.
    »Das ist doch nicht möglich«, flüsterte sie …
    ***
    Es gibt die Zeit, die nie schneller oder langsamer verläuft, Menschen es aber oft so verkommt, und das war auch bei Marcia Gitti so. Die Zeit war für sie nicht mehr vorhanden. Sie erlebte nur noch den Wechsel zwischen Tag und Nacht. Ansonsten hielt sie sich in ihrem Zimmer auf, das mehr einer Zelle glich, bekam ihre Mahlzeiten und erhielt die Chance, sich mit der Reise zum Jenseits zu beschäftigen.
    Sie bewegte sich auch nicht normal, sondern ging stets wie in Trance, als hätte man ihr etwas ins Essen gemischt, das mit Drogen zu tun hatte.
    Ab und zu bekam sie Besuch von dem glatzköpfigen Mönch. Er sagte nie viel und sprach nur davon, dass das Jenseits immer näher an sie heranrücken würde.
    »Und wann ist es so weit?«
    »Bald, sehr bald, man wartet auf dich.«
    Eine andere Information hatte sie nicht erhalten, aber es hatte ihr auch nichts ausgemacht, denn sie befand sich in einem Zustand, in dem ihr zwar nicht alles egal war, sie aber selbst nichts unternehmen konnte.
    So lebte sie dahin. Und sie bereitete sich auf den Blick ins Jenseits vor. Sie würde sehen können, man hatte ihr gesagt, dass die verstorbenen Verwandten plötzlich vor ihr standen, um sie zu begrüßen. Sie – ein Mensch, der nicht tot war, sondern noch lebte. Das war etwas Einmaliges, so hatte man ihr gesagt.
    Und wieder verging ein Tag. Wie immer, wenn sich das helle Licht zurückzog, stand sie am Fenster und schaute hinaus. Ihr Zimmer lag hoch, und der Blick glitt in einen Innenhof, der von einer hohen Mauer begrenzt wurde.
    Der Boden des Hofs war mit Unkraut übersät, auch hohe Steine lagen dort wie Stolperfallen, aber nie hatte sie dort einen Menschen gesehen. Sie wusste sowieso nicht, wer hier alles lebte. Kontakt war ihr nur zu dem Glatzköpfigen möglich gewesen, der für das Essen sorgte.
    Jeden Morgen und jeden Abend kam er und sie wartete darauf, dass er auch diesmal wieder erscheinen würde. Bevor er die Tür öffnete, waren stets seine Schritte zu hören, und das war auch an diesem Abend nicht anders.
    Wieder lauschte sie den ihr bekannten Geräuschen, die vor der Tür verstummten. Dann drehte sich ein Schlüssel im Schloss und der Glatzkopf schob sich über die Schwelle.
    Er war gekleidet wie immer. Die helle Kutte, die eng seinen Körper umspannte, und dazu die Sandalen, die eine Holzsohle hatten. Er sah aus wie jemand, der auch vor hundert und mehr Jahren hätte leben können, und Marcia wunderte sich noch jetzt darüber, dass er überhaupt ein Auto hatte fahren können.
    An diesem frühen Abend war etwas anders. Marcia sah es mit einem Blick. Diesmal trug er kein Tablett auf seinen Händen. Die Arme hingen am Körper herab, und in dieser Haltung blieb er auch dicht hinter der Türschwelle stehen.
    Er sagte nichts und schaute Marcia aus seinen dunklen Augen nur an. Sie traute sich nicht, eine Frage zu stellen, und wartete darauf, dass sie angesprochen wurde. Lange musste sie nicht warten, denn der Mann öffnete seinen Mund und sagte: »Heute ist der Tag gekommen.«
    Sie ahnte schon, was es bedeutete, fragte aber trotzdem nach. »Von welchem Tag sprichst
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