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1690 - Die Schwelle zum Jenseits

1690 - Die Schwelle zum Jenseits

Titel: 1690 - Die Schwelle zum Jenseits
Autoren: Jason Dark
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Seidentapeten.
    Nein, jetzt nicht mehr. Das würde sie alles hinter sich lassen. Es gehörte nicht mehr zu ihrem Leben. Sie hatte sich für etwas völlig anderes entschieden.
    Warum denn dieser Luxus? Wozu? Es war sowieso alles nur geliehen auf dieser Welt, andere Dinge waren wichtiger. Das Leben, die Existenz, war einfach nur kurz. Es gab etwas, das dahinter lag, und nur das zählte. Das viel Längere. Damit war das normale Leben einfach nicht zu vergleichen.
    Und das sollte sie sehen können. Der Blick in die andere Welt. Der Blick in das, was jeden Menschen erwartete.
    Marcia freute sich auf das Jenseits. Zugleich jedoch fürchtete sie sich davor …
    ***
    Marcia Gitti hatte den Mailänder Hauptbahnhof erreicht und fühlte sich in dem Trubel unsicher. Sie umklammerte die kleine Reisetasche und ließ ihre Blicke über die Anzeigetafel wandern, um zu schauen, wann ihr Zug abfuhr.
    Er war dort nicht angegeben, und ein leichter Anflug von Panik stieg in ihr hoch. Wenn es diesen Zug gar nicht gab, ja dann – dann wäre alles umsonst gewesen, dann hätte sie wieder zurück nach Hause gemusst.
    Sie stöhnte leise auf und fuhr mit gespreizten Fingern über ihr Gesicht. Was sollte sie tun? Sie hatte sich alles so gut ausgedacht. Es war alles so einfach – in den Zug steigen und dorthin fahren, wo man sie abholen würde. Aber jetzt gab es schon das erste Problem.
    Marcia kannte sich mit den Gegebenheiten des normalen Lebens nicht aus. Da war sie überfordert. Man hatte ihr so etwas abgenommen. In den Kreisen, in denen sie und ihre Eltern sich bewegten, fuhr man nicht mit dem Zug, es gab genügend Luxusautos und auch Flugzeuge, in die man einstieg.
    Es war schwer für sie, das Gefühl der Panik zu unterdrücken. Sie konnte sich auch nicht verstellen und wanderte in den nächsten Sekunden ziellos umher, bis sie mit einer Frau zusammenstieß, die ein Lachen von sich gab.
    »He, was ist denn?«
    Marcia erstarrte. Im nächsten Augenblick schaute sie in das lächelnde Gesicht einer uniformierten Frau, die keine Polizistin war, sondern zum Bahnpersonal gehörte.
    Die Frau fand genau die richtigen Worte. »Sie scheinen schon etwas durcheinander zu sein, wenn ich Sie mir so anschaue.«
    »Si, das bin ich.«
    »Und wo liegt das Problem?«
    »Ich suche einen Zug, der mich nach Caribrese bringen soll. In den Norden, den Bergen zu.«
    Die Frau, die sehr kompetent aussah, nickte. »Ja«, sagte sie dann, »es fährt ein Zug.«
    »Aber ich habe keinen auf der Anzeigetafel gesehen und ich bin nicht blind.«
    »Das glaube ich Ihnen, er ist auch nicht hier angezeigt, wo nur die Fernzüge zu sehen sind. Sie müssen sich schon zu einer anderen Tafel begeben.«
    »Aha. Und wo finde ich die?«
    »Ich bringe Sie hin.«
    Marcia Gitti fiel ein Stein vom Herzen. »Das – das – ist aber nett«, flüsterte sie.
    »Kommen Sie. Viel Zeit haben wir nicht. Ich kenne zwar die genauen Abfahrzeiten auf die Minute nicht, aber wir sollten wirklich nicht trödeln.«
    »Nein, nein, das will ich auch nicht.«
    »Außerdem fährt der Zug auf einem Nebengleis ab.«
    »Jetzt weiß ich Bescheid.«
    Die beiden Frauen gingen mit schnellen Schritten. Marcia hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen, und so berichtete sie davon, dass sie in Caribrese Bekannte besuchen wollte. Dann fragte sie: »Kennen Sie den Ort vielleicht?«
    Die Frau blieb für einen Moment stehen, wobei sie den Kopf schüttelte. »Ich kenne ihn nicht, aber ich habe bereits von ihm gehört. Er liegt zwar nicht am Ende der Welt, schließlich fährt eine Bahn dorthin, aber es ist dort wohl nicht viel los. Das habe ich mal von einem Bekannten gehört. Früher hat es dort mal ein Kloster gegeben, aber das ist lange vorbei. Jetzt stehen da nur noch Ruinen, aber genau weiß ich das auch nicht.«
    »Das wusste ich nicht.«
    Die Beamtin schlug ihr auf die Schulter. »Ist auch nicht schlimm. Man wird Ihnen sicherlich davon berichten, wenn Sie erst dort sind.«
    »Das glaube ich auch.«
    Die Hektik der großen Bahnhofshalle hatten sie hinter sich gelassen. Sie gingen durch einen Nebengang, der schon fast an einen düsteren Tunnel erinnerte und nicht eben einladend wirkte. Die Lampen in den oberen Hälften der Wände gaben ein nur spärliches Licht ab, das den gefliesten Boden kaum erreichte. Es war zudem eine schmutzige Umgebung, und wer ihnen hier entgegenkam oder von ihnen passiert wurde, der sah nicht eben Vertrauen erweckend aus.
    Angemacht wurden die beiden Frauen nicht. Die Uniform erzeugte wohl
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