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1677 - Durchgang zur Spiegelwelt

Titel: 1677 - Durchgang zur Spiegelwelt
Autoren: Unbekannt
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Kress. Kress hatte zunächst verhindert, daß die ungebetenen Besucher einfach wieder verschwanden - und dann ging er zum Angriff über. Der Henker war in der Lage, die schlimmsten Alpträume aus den Gedanken seiner Opfer Gestalt werden zu lassen. Nicht einmal Gucky kam dagegen an. Kress trieb sie alle in die Enge. Und er hätte sie zweifellos getötet, hätte nicht der Zufall in Gestalt von Fopper eingegriffen. Das halbintelligente Wesen stürzte sich mit seiner ganzen Liebebedürftigkeit auf Kress. Dem war der Henker nicht gewachsen.
    Er hatte nie etwas anderes als Entsetzen und Tod erlebt. Fopper verschaffte der Expedition einen kleinen Vorsprung. Der Kleine selbst blieb mit Kress auf Sloughar zurück - während Saedelaere und Gucky froh waren, daß sie noch entkommen konnten. „Dahinten. Seht."
    Voltago deutete auf nicht erkennbare Strukturen im Sand. Als sie näher kamen, erkannte Nadja, daß es sich um Gräber handelte.
    Tausende davon. Sieh nur diesen faszinierenden Blick, Mila. Hör endlich auf, Voltago zu vertrauen!
    Die beiden Schwestern wechselten einen schnellen Blick. In ihren Gedanken stieg allmählich Furcht auf. Es war nicht das Gefühl, als würden sie getrennt, sondern ganz reale, nagende Angst.
    Voltago führte sie direkt ins Gräberfeld. Seine Schritte waren nur angedeutet; jeder davon endete wenige Zentimeter über dem Boden in der Luft, auf den Prallfeldern seiner Wadenblöcke.
    Es war eine unübertrefflich elegante Art, sich zu bewegen. Ein Gang auf Wolken, von schwebender Leichtigkeit.
    Und dann eine Stimme, die mit ihrer Kraft den Boden erzittern ließ: „Halt!"
    Der Kyberklon stockte.
    Nadja sah mit innerlichem Zittern, wie vor ihnen aus dem Gräberfeld eine unheimliche Gestalt aus dem Boden wuchs. Die zuckenden Füße des Wesens wühlten mehrere Grabstätten auf, und unter den Brocken, die herumflogen, erkannte Nadja knochenartige Formen. Unsinn.
    Der Henker von Sloughar erschien als drei Meter große, annähernd humanoide Gestalt. Die Beine waren kurz wie Stummel, sie stützten einen Unterleib, der an terranisches Geflügel erinnerte. Nadja fühlte sich keine Sekunde zum Lachen gereizt. Das, so erkannte sie, hätte ihren sofortigen Tod bedeutet. Die Arme des Wesens reichten lang und dünn bis unter die imaginäre Gürtellinie. Auf einem menschenähnlichen Oberkörper saß ein riesiger, glubschäugiger Kopf. Das Maul erinnerte an einen Frosch, und auf dem kahlen Schädel vibrierten zwei kurze Fühler.
    Das Schlimmste allerdings waren die rotglühenden Augen. Nadja fühlte sich vom Henker bis aufs Innerste ihrer Persönlichkeit durchschaut und war sich gleichzeitig der Tatsache bewußt, daß er jederzeit die Gestalt wechseln und sie vernichten konnte.
    Zuerst mit Alpträumen. Mit den schlimmsten Ängsten, die er in meinem Schädel findet. Dann wird er mich hetzen, aufspüren, töten. „Du bist Kress", sagte Voltago. .„Ich bin Kress. Und ich weiß, daß ihr den Innenraum ohne Grenzen nicht von außen betreten habt. Ihr seid nicht ich. Ihr seid nicht jene, und ihr seid nicht die anderen. - Wer seid ihr dann?"
    Allein die Tatsache, daß er für diese Worte die Zeit fand, bewies, daß sich etwas im Wesen des Henkers verändert hatte. Er war nicht mehr bedingungslos auf Töten aus.
    Eine verunsicherte Kreatur, hat es Gucky nicht so beschrieben ?Ein bemitleidenswerter, hunderttausendfacher Massenmörder.
    Der Henker scharrte unruhig mit den Füßen, wühlte dabei weitere Gräber auf. „Mein Name ist Voltago", sagte der Kyberklon. Auf Mila und Nadja ging er mit keiner Silbe ein; vielleicht, um sie zu schützen. „Ich bin autorisiert, an diesem Ort zu sein. Meine Autorisierung steht über deiner, Kress."
    „Beweise es."
    „Das ist nicht möglich. Bedenke jedoch, daß ich aus dem Nichts komme. Ohne eine Berechtigung wäre das undenkbar."
    Die Konturen des Wächters verschwammen plötzlich, und Nadja spürte in ihrem Denken einen so furchtbaren, bohrenden Schmerz, daß sie beinahe aufgeschrien hätte. Dasselbe von Mila: ein erster, allerdings harmloser Angriff. Eine Warnung.
    Bevor der Wächter seine Gestalt wechselte, kam aus dem Wirrwarr der Gräberfelder eine achtzig Zentimeter große Gestalt gehüpft. Es handelte sich um eine stark verkleinerte Ausgabe des Wächters. Und zwar um das Original, Fopper. Das kleine Wesen kletterte behende an der Gestalt seines riesenhaften Freundes empor, erreichte den Kugelkopf und fuhr mit seiner roten Zunge über Kress' Kinnpartie.
    Augenblicklich
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