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1662 - Welt ohne Schatten

Titel: 1662 - Welt ohne Schatten
Autoren: Unbekannt
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wiegenden Gangart, während ihre Körper völlig ruhig blieben. Sie bewegten ihre vielen Arme auf völlig unterschiedliche Art und Weise, teilweise berührten sie sich an den Händen, oder sie vollführten mit Fetischen in die Luft gemalte magische Zeichen.
    Ihr monotoner, dröhnender Gesang wurde zusehends einheitlicher und verschmolz schließlich zu einer einzigen, weithallenden Stimme, ähnlich einem fernen Gewitter.
    Die Helfer standen am Rand des Kreises und schwenkten große rauchende Gras- und Kräuterbüschel, die einen betäubenden Geruchverbreiteten, der sich bald wie ein feiner kristalliner, im Sonnenlicht aufleuchtender Nebel über das gesamte Lager legte.
    Ganz allmählich erstarb der Singsang zu leisem, monotonem Gebetsgemurmel, und die Stimme Quangquarrls erhob sich mächtig darüber. „Es ist nicht möglich, das Böse auf immer zu besiegen, aber wir können es verbannen an diesen Ort, der das Zentrum der Welt und das Zentrum der Magie ist. Ihr alle kennt diesen Ort seit frühester Kindheit, und ihr fürchtet ihn, denn keine Macht haben wir dort. Dort hat die Macht uns.
    Dies ist der Ort der langen Schatten, der sterbenden Sonne. Dies ist der Ort, an dem die Schatten geboren werden, und der Ort, an dem wir unsere Schatten verlieren. Dort ist nichts mehr, wie wir es kennen. Dort ist Anfang und Ende aller Schrecken, Anfang und Ende allen Lebens und des Todes.
    Dort trennen sich unsere Schatten von uns, sie werden groß und mächtig, und wir können ihnen ins Antlitz sehen und sie erkennen. Und wir werden -erkennen, was gut ist und was schlecht, und es wird uns nicht gefallen. Und wir werden erkennen, daß wir nur existieren können, indem wir. die Schatten besiegen und dorthin verbannen, auf immer und ewig. Und sollten sie sich doch befreien und unsere Welt heimsuchen, so werden wir auf unseren Zusammenkünften Kräfte sammeln, um sie erneut zu überwinden und zurückzuwerfen in ihre Welt.
    Denn dieser Ort ist nicht unser Ort, und unsere Welt ist nicht die ihre. Niemals dürfen wir durch eine unbedachte Handlung diese heilige Regel entweihen noch jenen Ort je betreten, wenn wir nicht vernichtet werden wollen. Und wir alle, die wir hier versammelt sind, werden den Schwur erneuern, alles zu tun, um unser Volk zu schützen und die Schatten zu bannen."
    Seine Stimme verhallte, und einen Moment legte sich eine friedliche Stille über den Kreis. Die Häuptlinge und Medizinmänner bewegten sich trotzdem langsam und ruhig weiter, ununterbrochen murmelnd.
    Reginald Bull trat weiter in den Kreis, er fühlte das Blut in seinen Schläfen pochen, und seine Sinne waren von dem süßlichen Geruch des Rauchs ganz betäubt. Wieder sah er visionär den Quidor aufleuchten, als er sich ihm näherte. Fragen drängten sich in seinen Verstand, seine Lippen formten Worte, sein Mund begann wie unter Zwang zu sprechen, und er stellte die erste Frage: „Und was ist das für ein Ort, wo die Schatten leben?"
    Und die Mächtigen der Owigos antworteten murmelnd: „Das ist die Insel der Schatten."
    „Und kann man mit Worten beschreiben, wo auf dieser Welt die Insel der Schatten liegt?" stellte Bull die zweite Frage.
    Sein Gesicht war schweißgebadet, und sein Körper zitterte, als würde es ihm große Mühe bereiten zu sprechen. „Jenseits des Ewigen Eises, im Gelobten Land, wo der Sommer ewig währt", antworteten die Owigos.
    Michael Rhodan tauchte plötzlich neben Bull auf und stützte ihn. „Sie meinen wahrscheinlich das Äquatorgebiet", sagte er ganz leise. „Es läuft gut.
    Mach weiter, wenn du kannst."
    „Und gibt es einen gekennzeichneten Pfad dorthin und ein Mahnmal, das zur Insel der Schatten zeigt, damit ich sie finden kann?" stellte Bull die dritte Frage.
    Diese Frage war das Verhängnis.
    Die Owigos verstummten auf einen Schlag, blieben stehen und wandten sich zu den Fremden in ihrer Mitte um. Stummer, maßloser Zorn schlug ihnen entgegen.
    Innerhalb eines Augenblicks war aus den freundlichen Wesen ein erbitterter Feind geworden, ohne Übergang, ohne Kompromiß. „Verdammt", wisperte Michael. „Wir waren so nahe dran."
    Niemand sprach, kein Wort der Erklärung, der Anklage, nicht einmal ein Fluch ertönte.
    Die Quaderwesen schlössen sich zu einer mächtigen, drohenden Mauer zusammen, die langsam, aber sicher näher kam, die Frevler in der Mitte einschloß und sich immer enger um sie zusammenzog, bis sie die Terraner erdrücken würde.
    Bull erwachte mit einem Schlag aus seiner Trance, als er die veränderte
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