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1662 - Welt ohne Schatten

Titel: 1662 - Welt ohne Schatten
Autoren: Unbekannt
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das ist natürlich alles Mumpitz, aber einiges ist an dem, was er sagt, schon dran."
    Bull hatte sich inzwischen wieder völlig erholt, das letzte flaue Gefühl im Magen beseitigte der Zellaktivator, aber er wirkte immer noch sehr nachdenklich. „Mike, du findest dich hier sehr gut zurecht", sagte er anstelle einer Antwort. „Ich habe dich selten so ausgeglichen erlebt wie jetzt, und ich frage mich, ob diese Räucherstäbchen nicht auch ihren Einfluß auf dich ausüben."
    Michael wirkte betroffen. Er schwieg und wandte das Gesicht zum Himmel, und ein seltsamer Ausdruck lag in seinen Augen. „Verstehe mich richtig", fuhr Bull fort. „Ich will nicht in deiner Seele herumwühlen.
    Wenn du sie über so viele Jahre hinweg vor den meisten Menschen versteckst, wirst du schon deinen guten Grund haben. Um so mehr erstaunt es mich, dich ausgerechnet hier so gelöst und heiter zu erleben."
    „Diese Reise krempelt uns alle so richtig um, nicht wahr?" sagte Michael schließlich leise. „Bully, wirst du mir eines Tages erzählen, was dir im Lakoor-System widerfahren ist? Ich meine, was du an Gefühlen durchmachtest, als du ... eins warst mit den anderen."
    „Wenn ich es in die richtigen Worte fassen kann, werde ich dir alles berichten", antwortete Bull. „Mike, wirst du mir dann auch von dir erzählen?"
    „Wenn ich die richtigen Worte finde, ja. Andererseits gibt es wahrscheinlich gar nicht viel zu sagen."
    „Wenn wir noch länger hierbleiben, spielt es vielleicht bald keine Rolle mehr. Du hast dich verändert, ich habe mich auch verändert."
    „Dieses seltsame Quidor-Symbol übt eine eigenartige Faszination aus, alter Freund.
    Irgend etwas ganz Besonderes ist daran, dem wir uns nicht entziehen können."
    „Vielleicht hat Philip recht gehabt mit dem, was er sagte", sprach Bull sinnierend. „Vielleicht finden wir tatsächlich dieses Größte Kosmische Rätsel, und eine der Voraussetzungen, es zu lösen, besteht darin, daß wir uns selbst ins Gesicht sehen müssen, und ... nun, und stell dir vor, daß wir nicht wissen, wie wir das tun sollen."
    Michael Rhodan lächelte wie ein Mann, der schon sehr viel in seinem Leben gesehen und daraus gelernt hatte. Es war ein Lächeln, das tief in seinen Augenwinkeln lag, in sich ruhend, still, versonnen und ein wenig traurig. „Wer weiß das schon", sagte er leise
     
    8.
     
    Den restlichen Tag verbrachte Bull mit der weiteren Erkundung der Stadt und der Umgebung. Er erlebte mit, was hier das Wort „Nacht" bedeutete: Schlagartig leerten sich alle Straßen, die Owigos verschwanden in ihren Pueblos, und es wurde unheimlich still. Sogar die Luft schien in der Bewegung erstarrt zu sein.
    Bull kehrte ins Lager zurück. Die meisten anderen Wissenschaftler waren schon eingetroffen, unterhielten sich über den vergangenen Tag und aßen gemeinsam.
    Für Bull war es eine merkwürdige Stimmung: Die Menschen verhielten sich ganz normal wie an jedem Abend, dennoch war es immer noch mittags, und die Sonne stand unverrückbar im Zenit. Dementsprechend munter fühlte er sich auch. Als Zellaktivatorträger brauchte er zwar ohnehin nur wenig Schlaf, aber die vergangene Zeit seit dem Abflug von Owigo 3 war lang und anstrengend gewesen, und er hätte zumindest eine gewisse Müdigkeit empfinden müssen. „Also, schlafen gehen kann ich jetzt nicht", sagte er zu Michael. „Ich werde mich noch ein wenig umsehen."
    „Tu das", erwiderte Mike. „Ich habe noch zu tun. Leg dich später trotzdem für ein paar Stunden hin, das Fest morgen wird anstrengend werden."
    „Wieso findet es eigentlich erst an diesem >Abend< statt?"
    „Quangquarrl erklärte mir, daß sie den ganzen Tag brauchen würden, um alles vorzubereiten. Außerdem sei das Besondere an diesem Großen Fest, daß es eben die ganze >Nacht< dauern würde, ohne daß einer schlafen ginge. Es ist nicht so, daß sie einem starren Gesetz unterliegen würden, sie folgen einfach gewohnheitsmäßig einer gewissen Regel, die sie jederzeit außer Kraft setzen können. Also, bis morgen früh sozusagen."
     
    *
     
    Bull lief noch einige Zeit im Land umher. Wie Michael gesagt hatte, war es tatsächlich völlig leblos, er konnte nicht einmal Tiere ausmachen.
    Schließlich blieb er stehen und sah - wie schon so oft an diesem Tag - zur Sonne hinauf, dann versuchte er auf die unterschiedlichste Weise und unter Zuhilfenahme eines Tuchs, einen richtigen Schatten zu werfen. Es gelang ihm nicht.
    Egal, welchen Winkel er benutzte: Es gab immer nur denselben winzigen
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