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1662 - Welt ohne Schatten

Titel: 1662 - Welt ohne Schatten
Autoren: Unbekannt
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steht."
    Er machte eine kurze Pause, anscheinend, um nachzudenken; der „Mund" seines Multiorgans öffnete sich weit, und er fächelte sich mit einem Arm den emporsteigenden Rauch des Stäbchens zu.
    Dann fuhr er fort: „Ich kenne Wurzeln, die bewirken einen reichen Kindersegen, und ich kenne Krauter, die heilen böse Krankheiten und Flüche, und ich kenne magische Steine, die einen .Feind zum Freund bekehren. Ich beachte stets die Regeln, wenn ich die Wurzeln ausgrabe, die Krauter sammle oder den Stein breche, denn sonst ist die Zauberkraft verloren und ich kann nicht mehr helfen. Ein Leben voller Glauben habe ich auf diese Weise verbracht, und ich bin alt geworden und habe unzähligen Ratsuchenden geholfen. Und ich habe auch stets den Kindern die Verehrung zum Quidor nahegebracht, denn sein Zorn würde keine Grenzen kennen, würden seine Regeln mißachtet oder gar vergessen werden. Der Quidor ist die größte Kraft, Herrscher der Magie und des Lebens, und wir sind seine demütigen Kinder."
    Der Schamane hatte während seiner Rede ständig die Arme in rituellen Figuren bewegt, als bildlichen Ausdruck und zur Unterstreichung seiner Worte.
    Während der Schamane ruhig und monoton sprach, fühlte Bull, wie sich seltsame, ihm unverständliche Bilder in seinem Verstand formten, ihn mehr und mehr ausfüllten und schläfrig machten. Halb versank er in einem Dämmerzustand, in dem die Stimme des Medizinmanns tausendfach nachhallte, an seinen Nervensträngen rüttelte und seinen Körper vibrieren ließ.
    Er fuhr erschrocken zusammen, als ihn ein heftiger Hieb auf den Arm traf, und riß die Augen auf. Verstört sah er sich um, aber es hatte sich nichts verändert: Er saß immer noch vor dem Pueblo des Medizinmanns in der Owigo-Stadt, und die Sonne Culla stand im Zenit über ihm. „... endlich zu dir!" vernahm er Michaels energische Stimme. „Was ist denn auf einmal los mit dir?"
    „Nichts ...", erwiderte er und griff sich an den Kopf. „Bully, du hast doch nicht etwa einen Sonnenstich?" Michael klang ernstlich besorgt. „Ich Trottel habe natürlich nicht daran gedacht, daß du die dauernde direkte Sonnenstrahlung gar nicht mehr gewohnt bist."
    „Wirklich, mir fehlt nichts", beteuerte Bull. „Ich muß einfach eingenickt sein, das kommt schon mal vor."
    „Kommt schon mal vor? Spinnst du? Du bist unsterblich, Mann, dein Chip läßt dich nicht so schnell einnicken. Oder hast du dir auf Owigo 3 doch etwas eingefangen?"
    „Mike, mach dir keine Sorgen", mischte sich der alte Schamane plötzlich ein. „Deinem Freund fehlt nichts."
    Bull schüttelte den Kopf, ihm war übel, und er hustete. „Was ist das nur für ein ekelhaftes Zeug, das du da verbrennst?" brummte er und deutete auf das Räucherstäbchen. „Es hilft dir dabei, die Welt klar und mit wissenden Augen zu sehen", antwortete Quangquarrl.
    Michael lachte plötzlich erleichtert. „Du bist high, mein Freund, das ist es! Du verträgst nicht einmal mehr ein sanftes Kräuterdüftlein, nachdem du so lange in deinem rundum verschlossenen Anzug eingesperrt warst!"
    „Mike, du bist heiter und unbeschwert wie immer", sagte der Schamane. „Auf deine Weise gehst du deinen Weg, aber dein Freund ist ihn schon ein gutes Stück weitergegangen, und darüber solltest du dich nicht lustig machen."
    Michaels Lachen erstarb abrupt. „Tut mir leid", murmelte er. „Ich wollte dich nicht beleidigen, Quangquarrl."
    „Mike, du hast mich nicht beleidigt. Ich bin bereits weit entfernt davon, beleidigt werden zu können. Und du weißt, daß ich dich gern habe. Ich möchte dir daher eine Ehre erweisen, die dir vielleicht gefallen wird. Wir sprachen vor kurzem von dem Großen Fest, das morgen stattfinden wird. Es ist die Zeit gekommen, da sich die Weisesten der Weisen und die mächtigsten Medizinmänner treffen, und ich habe dich eingeladen, daran teilzunehmen. Nun möchte ich die Einladung, daran teilzunehmen, auch für deinen Freund Reginald aussprechen. Aber nur ihr beide dürft daran teilnehmen, das müßt ihr mir versprechen - denn mehr als zwei Fremde können wir bei diesem heiligen Ritual nicht dulden."
    „Das verspreche ich dir, Quangquarrl", sagte Michael Rhodan feierlich und erhob sich. „Ich danke für die Ehre der Einladung, auch für meinen Freund, und wir werden an dem Fest teilnehmen. Bis morgen, weiser Schamane."
     
    *
     
    „Du bist beeindruckt, nicht wahr?" fragte Michael auf dem Rückweg ins Lager. „Na ja, das mit diesen Zaubermittelchen für und gegen dies und
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