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1655 - Die »Heiligen« von London

1655 - Die »Heiligen« von London

Titel: 1655 - Die »Heiligen« von London
Autoren: Jason Dark
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angerufen wurde, passte mir zwar nicht, doch zum Spaß wurde ich bestimmt nicht gestört.
    So holte ich den Apparat hervor und meldete mich. Auf dem Display sah ich keine Zahlenreihe.
    »Bitte…?«
    »He, Sinclair!«
    Ich zuckte zusammen, als ich die Stimme hörte. Soeben rief mich einer der beiden Mörder an…
    ***
    Manchmal ist es gut, wenn man im Leben Schauspielunterricht genommen hat. Das war bei mir leider nicht der Fall, und so konnte auch Sanders sehen, wie ich reagierte. Ich zuckte leicht zusammen, drehte mich dann ein wenig zur Seite und blieb schließlich steif auf meinem Stuhl sitzen.
    »Bist du noch da?«
    »Ja.«
    »Das ist gut, Geisterjäger. Dann hör mir genau zu. Wir sind unterwegs, und wir haben uns ein neues Opfer ausgesucht, das du sogar kennst.«
    »Tatsächlich? Wer ist es denn?«
    »Der Mann, der dir gegenübersitzt.«
    Verdammt, das war ein Volltreffer. Jetzt musste ich doch sehr gut schauspielern. Ich wollte auf keinen Fall, dass Derek Sanders etwas bemerkte.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil wir es wissen.«
    »Und wieso?«
    Ich hörte ein hässliches Lachen. »Das ist doch ganz einfach. Wir haben ihn kontrolliert. Er ist nicht viel besser als sein Bruder.«
    »Aha, dann ist er also auch ein…«
    »Nein, nein, so ist das nicht, Sinclair. Er hat sich nicht an Kindern vergriffen. Aber er ist ein Mitwisser. Und der Hehler ist ebenso schlimm wie der Stehler. Du kennst das Sprichwort.«
    »Es ist mir nicht neu.«
    »Wunderbar, das freut mich. Da wir diesen Menschen so einschätzen, sehen wir keinen Grund, ihn zu schonen. Mit anderen Worten: Er steht auf unserer Liste und wird den nächsten Tag nicht mehr erleben. Ja, wir sind radikal. Er hat es nicht anders verdient.«
    »Gut«, sagte ich, »das habe ich verstanden. Glaubt ihr denn wirklich, dass ich einfach nur zuschaue?«
    »Es ist besser, wenn du es tust. Unsere Geduld dir gegenüber hat auch Grenzen. Die solltest du nicht so stark strapazieren. Lass ihn allein, wenn dir dein Leben lieb ist. Wir kümmern uns um ihn.«
    »Das kann ich nicht versprechen.«
    »Auch du bist nicht unsterblich.«
    Das stimmte. Trotzdem dachte ich nicht daran, der Aufforderung Folge zu leisten. Ich ließ den flachen Apparat wieder verschwinden und drehte mich Derek Sanders zu. Der hatte sein Glas inzwischen geleert und schaute mich forschend an.
    »War es ein wichtiger Anruf?«
    »Das kann man wohl sagen.«
    »Man hat es Ihnen angesehen.«
    Ich befand mich in einer Zwickmühle. Wie sollte ich dem Mann beibringen, dass sich die Mörder seines Bruders jetzt um ihn kümmern wollten?
    »He, Sinclair, reden Sie.« Sein Kinn ruckte vor. »Ich sehe Ihnen an, dass Sie Probleme haben. Der Anruf scheint Sie nicht eben erfreut zu haben, denke ich.«
    »Da muss ich zustimmen.«
    »Darf ich wissen, um was es ging?«
    Ich nickte ihm zu. »Ja, das dürfen Sie. Es ging um Sie, Mr. Sanders.«
    Seine Lippen zogen sich in die Breite, als er grinste. »He, bin ich denn so wichtig?«
    Ich fragte ihn direkt. »Warum sagen Sie nicht einfach die Wahrheit?«
    »Was meinen Sie denn?«
    »Die über Ihren Bruder. Sie haben doch über seine Neigungen Bescheid gewusst. Geben Sie es zu. Sie sind doch nicht derjenige, welcher. Oder doch?«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen und woher sie Ihr plötzliches Wissen nehmen.«
    »Durch den Anruf. Es ging um Sie. Jemand erklärte mir, dass Sie über die Neigungen Ihres Bruders Bescheid gewusst hätten und nichts dagegen getan haben. So ist das, Mr. Sanders.«
    »Ach? Und das hat Ihnen der Anrufer gesagt?«
    »Ja.«
    Über den Tisch hinweg flüsterte er: »Und wer ist der Anrufer gewesen?«
    »Können Sie sich das nicht denken?«
    Seine Augen weiteten sich. Er öffnete den Mund, konnte aber zunächst nichts sagen. Schließlich schüttelte er den Kopf und fragte mit leiser Stimme: »Sie haben doch nicht mit dem Mörder meines Bruders gesprochen?«
    »Leider habe ich das.«
    Derek Sanders wollte etwas sagen, aber Worte brachte er nicht hervor, sondern nur ein Keuchen. Er riss auch die Augen auf, und dann hatte er sich wieder gefangen.
    »Sind Sie denn verrückt, Sinclair? Wie können Sie so etwas behaupten? Das ist der reine Wahnsinn. Sie als Bulle haben mit einem Killer telefoniert, der meinen Bruder auf schändliche Weise ums Leben gebracht hat. Sie sollten den Mörder jagen, mir aber hier nicht so einen Scheiß erzählen.«
    Ich konnte ihm die Reaktion nicht mal verübeln. Was er da gehört hatte, ließ ein Weltbild bei ihm zusammenbrechen. Aber ich
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