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1655 - Die »Heiligen« von London

1655 - Die »Heiligen« von London

Titel: 1655 - Die »Heiligen« von London
Autoren: Jason Dark
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nahm auch kein Wort zurück. »Erst Ihr Bruder, dann Sie, Mr. Sanders. Sie sollten sich darauf einstellen.«
    »Das ist doch Blödsinn. Sie wollen mich reinlegen, um meinem Bruder etwas anhängen zu können. Aber so haben wir nicht gewettet! Ich lasse nicht zu, dass der Name meines Bruders in den Dreck gezogen wird. Darauf können Sie sich verlassen.«
    »Er war nicht unschuldig, Mr. Sanders. Warum wollen Sie das denn nicht eingestehen?«
    »Weil es Sie nichts angeht.« Er griff in die Tasche und holte einen Geldschein hervor, den er auf den Tisch schleuderte. Andere Gäste waren auf sein Verhalten aufmerksam geworden. Sie schauten zu uns rüber, doch niemand mischte sich ein.
    »Ich werde jetzt gehen, Sinclair. Sie werden mich nicht aufhalten. Und ich werde mich über Sie beschweren. Hätte ich gewusst, wie Sie wirklich sind, ich hätte auf das Treffen hier verzichtet. Aber Sie hören noch von mir.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Bitte, Mr. Sanders, nehmen Sie doch Vernunft an.«
    Er schüttelte den Kopf so wild, dass seine Haare flogen. »Ich soll Vernunft annehmen? Nein, das ist jetzt Ihre Sache. Gehen Sie los und suchen Sie die Vernunft, die Ihnen verloren gegangen ist. So liegen die Dinge und nicht anders.«
    Es waren seine letzten Worte an mich. Er wollte nicht mehr. Er trat sogar um sich, traf den Stuhl und hatte Glück, dass dieser nicht zu Boden fiel. Dann schob er sich durch die Lücke zwischen zwei Tischen und lief dem Ausgang entgegen. Für mich gab es auch keinen Grund mehr, mich hier länger aufzuhalten. Da die Bedienung gerade in der Nähe war, drückte ich ihr Geld in die Hand.
    »Alles in Ordnung, Sir?«
    »Ja, ja, machen Sie sich keine Sorgen.«
    »Gut.«
    Ich drehte mich um, weil ich sehen wollte, wo dieser Derek Sanders steckte. Er hatte das Café bereits verlassen. Zumindest sah ich ihn nicht mehr in diesem Raum. Und dass er auf die Toilette gegangen war, daran glaubte ich auch nicht. Also ging ich zur Tür und hatte die Theke noch nicht richtig erreicht, da wurde ich angesprochen.
    »He, suchen Sie Ihren Partner?«
    »Ja.«
    Der Gast deutete mit dem Daumen nach rechts. »Der ist da vorn in den Gang gelaufen. Da geht es auch zu den Toiletten. Aber da sind auch zwei Typen gewesen, die ich zuvor nicht gesehen habe.«
    »Und weiter?«
    Der Mann grinste. »Denen ist er nachgegangen.« Er grinste noch breiter. »Was die drei wohl treiben…«
    Bestimmt nicht das, was du meinst!, dachte ich und war bereits auf dem Weg zu den Toiletten…
    ***
    Derek Sanders konnte sich nicht daran erinnern, sich jemals so gefühlt zu haben wie in der Zeit des Treffens mit diesem Sinclair. Ihm waren Unverschämtheiten an den Kopf geworfen worden, obwohl er sich selbst gegenüber zugeben musste, dass Sinclair nicht so falsch lag. Sein Bruder Paul hatte diese Neigung tatsächlich gehabt. Das war schon zu seiner Jugendzeit so gewesen. Da hatte er sich einige Male an Jungen vergriffen, und das im Gartenhaus der Eltern.
    Es war unter den Tisch gekehrt worden. Dafür hatte der Vater mit seinem Einfluss gesorgt. Er hatte sich Paul damals vorgenommen und ihn auf den richtigen Weg gebracht. Paul musste das normale Leben führen. Heirat, Kinder bekommen, einen guten Job ausüben und nach außen hin den Schein wahren.
    Das hatte er auch geschafft. Aber die andere Seite in ihm war nicht verschwunden, sondern nur gedeckelt worden. Und der Deckel saß nicht besonders fest. Zudem war Paul nie in Behandlung gewesen, und als das Internet anfing, die Welt zu beherrschen, da entstanden die entsprechenden Chat-Rooms, in denen sich Menschen wie Paul tummeln konnten. Seine Frau ahnte nichts. Aber seinem Bruder hatte er nichts vormachen können. Es war wieder zu Treffen gekommen, und da hatte es sogar einen Todesfall gegeben. So richtig war das nicht ans Tageslicht gekommen.
    Die Eltern lebten nicht mehr, und Paul Sanders ließ sich schon längst nichts mehr sagen. Er hatte jetzt freie Bahn, die er auch ausnutzte. Es war gut gegangen, aber jetzt lief nichts mehr, und Derek Sanders wollte auf keinen Fall, dass etwas über seinen Bruder an die Öffentlichkeit gelangte. Das hätte auch ein schlechtes Licht auf ihn geworden, was er sich nicht leisten konnte.
    Er war schon halb an dem Gang vorbei, der zu den Toiletten führte, als er die Stimme hörte.
    »He, Derek!«
    Sanders blieb stehen. Er drehte den Kopf nach rechts und sah zwei recht kleine Männer vor der Toilettentür stehen.
    »Was wollt ihr?«
    »Willst du nicht wissen, wer deinen Bruder
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