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164 - Der vielarmige Tod

164 - Der vielarmige Tod

Titel: 164 - Der vielarmige Tod
Autoren: Ronald M. Hahn
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wollte er wenigstens alles geben, um Karan Khan bei der Rettung seiner Base beizustehen.
    Vor ihm knackte etwas, dann fiel ihm die Leiche eines Wachmanns vor die Füße. Pofski hätte vor Schreck beinahe aufgeschrien, doch Karan Khan drehte sich blitzschnell zu ihm um und legte einen Finger auf seine Lippen.
    »Pssst!« Seine Rechte umklammerte einen blutigen Dolch, die Linke einen Schlüsselbund, den er vermutlich dem Toten entrungen hatte. Gleich neben ihm gähnte eine kleine Seitenpforte, durch die der Kettenhund offenbar zuvor – von Pofski unbemerkt – ins Freie getreten war.
    »Rein da…« Karan Khan schob seinen kleinen Gefährten in den von Laternen mäßig erhellten Gang. Dann packte er die Wache am Kragen und schleifte sie hinter sich her. »So, drin sind wir schon mal.« Er schloss die Tür, lehnte den Toten an die Gangwand, steckte den Dolch ein und rieb sich die Hände.
    »Was haben wir doch für ein verdammtes Glück!«
    »Es wäre besser gewesen, du hättest ihn gefragt, wo sie ihre Gefangenen festhalten«, murmelte Pofski. Dann fiel ihm ein, dass Kellerräume schon seit alters her immer dazu gedient hatten, Schatz- und Folterkammern, Wein- und Orgienkeller sowie Verliese vor den Blicken des gemeinen Volks zu verbergen.
    Karan Khan schien ähnlich zu denken: Nachdem sie dem Gang bis ans Ende gefolgt und an eine nach oben und unten führende Treppe gekommen waren, wandte er sich abwärts. Im Inneren des Gebäudes war es so still, dass man eine Flegge hätte husten hören können.
    Als sie in die weniger gut erhellte Kelleretage kamen, schlug Kapitän Pofski das Herz bis zum Halse. Obwohl er auf Zehenspitzen ging, hatte er bei jedem Schritt das Gefühl, seine Stiefel bestünden aus Blei und knallten gnadenlos auf den Steinboden. Auch sein Herzschlag kam ihm übermäßig laut vor – wie die Hammerschläge eines Schmiedes.
    Als sie um eine Ecke bogen, war er von seinen Gedanken dermaßen abgelenkt, dass er die Eisentür erst bemerkte, als sie ihm vor die Nase knallte. Sie musste sich urplötzlich vor ihm geöffnet haben. Außerdem klirrte in seiner näheren Umgebung Metall auf Metall.
    Dann erst sah er, dass Karan Khan sich mit einem Kettenhund drosch, dessen Fäuste einen Bihänder umklammerten. Die Schlappohren des Schergen flogen hin und her, sein Speichel klatschte Pofski vor die Füße.
    Karan trieb die degenerierte Kreatur mit gewaltigen Hieben rückwärts durch den Korridor. Die Tür, durch die der Wachmann gekommen war, stand offen.
    Als Pofski einen schnellen Blick in die Zelle dahinter warf, gewahrte er an der Wand gegenüber eine außergewöhnlich schöne Frau, die auf einem Strohlager im Schneidersitz vor einer Blechschale mit Reis hockte. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt, sodass sie nur essen konnte, wenn sie sich wie ein Tier über den Napf beugte.
    »Kavita Sampat?«, fragte Pofski und betrat die Zelle.
    Hinter ihm klirrte und schepperte es, dann vernahm er ein dumpfes Stöhnen und hörte Karan sagen: »Fahr zur Hölle, Folterknecht!«
    Die junge Frau gaffte Pofski mit offenem Mund an. Erst als Karan Khan mit festem Schritt neben ihm auftauche und
    »Kavita! Geliebte Base!«, rief, schwante ihm, dass mit ihr etwas nicht stimmte.
    Karan bemerkte in seiner Begeisterung jedoch nichts vom lodernden Irrsinn im Blick seiner Verwandten. Er riss seinen Dolch aus der Scheide, trat hinter sie und durchtrennte ihre Fesseln. Dann kniete er vor ihr nieder und legte eine Hand unter ihr Kinn. »Ich bin's, Kavita: dein Vetter Karan! Wir sind gekommen, um dich aus den Klauen dieser Bestien zu retten!«
    Kavita lachte schrill. Ihre rechte Hand zuckte vor und entriss ihrem Retter den Dolch.
    »Vorsicht!«, rief Kapitän Pofski und riss seinen alten Schießprügel hoch. Doch bevor er einen Schuss abfeuern konnte, wandte die Gefangene die erbeutete Klinge gegen sich selbst – und rammte sie in ihr Herz.
    Karan Khan schrie auf, als Blut auf seinen Oberkörper spritzte. Kapitän Pofski wich entsetzt zurück.
    Kavita verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiße in ihnen zu sehen war, und fiel nach hinten. Ein Ächzen drang aus ihrem Mund, dann zuckte sie noch einmal. Das Messer entfiel ihrer Hand. Sie blieb erschlafft auf dem Strohlager liegen.
    »Bei allen Göttern«, hauchte Karan Khan. »Die Schrecken, die sie hier erleiden musste, haben ihr den Verstand geraubt…«
    Er beugte sich über sie und tastete nach ihrer Halsschlagader.
    Pofski hörte ihn schluchzen. »Kein Leben mehr in
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