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1615 - Jaobouramas Opfergang

Titel: 1615 - Jaobouramas Opfergang
Autoren: Unbekannt
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sich die weißen Massen abwärts neigten und in die eigentlichen Fälle übergingen.
    Die Arcoana hatten Thourshemon einst über die Fälle gebaut, ohne daß sie den Fluß umleiten mußten. Die hochentwickelten Berechnungskünste der begabtesten Mathematiker hatten ein solches Vorgehen nicht erforderlich gemacht.
    Thourshemon zählte zu den Wundern Occreshijas und des ganzen Reiches der 73 Sonnen.
    Elowatar betrachtete fasziniert das Spiel der Wassermassen. Die Gischt trieb weit nach vorn, wurde verwirbelt und zurück gegen die Felsbastionen und gegen die Stege getrieben. Unmittelbar vor dem Standort der Arcoana entstand ein Luftwirbel mit einem starken Sog, und sie spürte, wie die Kräfte an ihr zerrten und sie über das Geländer schräg nach oben wegreißen wollten. Sie senkte ihren Leib bis dicht über den Boden und machte sich schwer, um der Gefahr zu trotzen. Gleichzeitig klammerte sie sich mit den zweifingrigen Klauen ihres vorderen Armpaares an der obersten Strebe des Geländers fest. In dieser Stellung widerstand sie der immer stärker werdenden Kraft, die an ihr zerrte, als habe sie nur darauf gewartet, ein Opfer zu finden und es in die Tiefe zu reißen.
    Angesichts der elementaren Gewalt des Wassers verspürte die Arcoana einen Hauch der Macht der Natur, und in ihren Gedanken entstand das Rechenmuster aller der Kräfte, die in diesen Augenblicken frei wurden und auf die Umgebung einschließlich ihrer eigenen Person wirkten. Sie extrapolierte diese Kräfte in ein fünfdimensionales Gitter und wußte innerhalb von Sekundenbruchteilen, wie die Maschine auszusehen hatte, die diese Kräfte mit Hilfe hyperenergetischer Phänomene unwirksam machte. Es war ein erhebender Gedanke, die Hebelwirkung der Gliedmaßen nicht zu benötigen und sich dem Wirken eines kleinen Metallkästchens anvertrauen zu können.
    Sie führte kein solches Gerät mit sich, deshalb erschien es ihr ratsam, sich auf die Vorteile ihres eigenen Körpers zu verlassen.
    Die Gischt nahm zu. Am hinteren, talaufwärts gelegenen Ende der Plattform waren offenbar ein paar Schotte geöffnet worden, die den Durchfluß der Wassermassen vergrößerten.
    Aber das konnte nicht die Ursache für die bereits vorhandene übermäßige Feuchtigkeit und die überstarke Algenbildung auf dem Steg sein. Sie mußte irgendwo anders zu finden sein.
    Aufmerksam drehte die Arcoana ihren Körper hin und her. Mit dem mittleren Viererpaar ihrer Augen beobachtete sie die fallenden Wassermassen, während die beiden äußeren Zweierpaare den Luftraum vor dem Fall und das Felsmassiv mit den dunklen Tunnelöffnungen und dem umrahmenden weißen Kunststoff musterten. Und sie entdeckten tatsächlich etwas.
    An einer der Tunnelöffnungen klebte etwas Dunkles, Glänzendes. Ab und zu bewegte es sich, und fast schien es ihr, als zapple da ein Lebewesen und könne sich aus eigener Kraft nicht in Sicherheit bringen. Das Wasser brach sich an der Gestalt und spritzte überstark hinüber auf den Steg. Die Ursache der vermehrten Algenbildung war gefunden. Demzufolge mußte die Gestalt schon längere Zeit dort hängen.
    Neugier und Besorgnis erfaßten Elowatar. Das naß glänzende Ding konnte nur einer der Gäste ihrer Welt sein.
    So schnell es der Sog zuließ, bewegte die Arcoana ihren Körper am Geländer entlang bis zum linken Ende. Ihre Augen fixierten den Fleck. Tatsächlich besaß er Ähnlichkeit mit einem Zweibeiner, und Elowatar blies sich den feuchten Film von ihren Mundzangen, der ihre Stimme verwässerte. „Halte aus, ich bin hinter dir", sang sie laut. „Ich komme dir zu Hilfe!"
    Im Zeitlupentempo begann sie sich aufzurichten, schob sich Klaue um Klaue voran, bis sie mit ihrem Hinterleib die unteren und mittleren Stangen des Geländers berührte. Die Gestalt, halb hinter einem Schleier aus feinsten Wassertröpfchen verborgen, zappelte als Antwort.
    Die Arcoana stützte sich mit dem hinteren Beinpaar am glitschigen Boden ab. Mit dem vorderen klammerte sie sich an das metallene Gestänge. Ihre beiden Armpaare streckte sie nach vorn in Richtung des Havarierten aus. „So ist es gut", sang sie. „Rühre dich jetzt nicht, Fremder. Gleich bist du in Sicherheit."
    Der Riin zappelte erneut. Er klammerte sich mit den vorderen Gliedmaßen an, ließ etwas hören, was wie ein letzter Seufzer klang, und versuchte, ihr seine Beine entgegenzustrecken.
    Elowatar machte sich lang. Die Stangen des Geländers drückten in ihren weichen Hinterleib und fügten ihr Schmerzen zu. Aber sie beachtete
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