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1611 - Jäger der Nacht

1611 - Jäger der Nacht

Titel: 1611 - Jäger der Nacht
Autoren: Jason Dark
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aber nicht auf das Fenster zu, sondern schlug den Weg zur Tür ein.
    »Noch besser«, sagte Stephan und ging ebenfalls hin.
    Er brauchte nicht lange zu warten, bis die Tür geöffnet wurde und er vor einer fremden Person stand, die ihn misstrauisch anstarrte.
    Der Mann war ungefähr fünfzig Jahre alt. Auf seinem Kopf wuchsen nur wenige Haare. Die Haut sah etwas teigig aus, aber die Lippen wirkten wie zwei Schläuche.
    »Wer sind Sie?«
    Der Mönch lächelte. Den ruppigen Tonfall hatte er überhört. Er stellte sich vor und wollte noch etwas sagen, aber der Mann kam ihm zuvor.
    »Sie sind nicht von hier.«
    »Das stimmt. Ich bin aus Polen.«
    »Was?« Ein kurzes Kopfschütteln.
    »Was wollen Sie dann hier in dieser Gegend?«
    »Ich möchte jemanden besuchen, weiß aber nicht, wo ich das Haus finden kann.«
    »Wer ist es denn?«
    »Wanda Petric.«
    Der Name war raus, und es kam Stephan vor, als hätte eine kleine Bombe bei seinem Gegenüber eingeschlagen. Der Typ zuckte erst zusammen, dann schüttelte er den Kopf und knurrte die Antwort.
    »Hau ab!«
    Freundlich war der Einheimische nicht eben, darauf hatte sich Stephan schon einstellen können, aber dieser Tonfall überraschte ihn schon. Er war nicht aggressiv gewesen und hatte nichts herausgefordert, aber es sah so aus, als wollte man ihn hier nicht haben.
    »Ja, ich werde gehen, aber ich möchte gern mit Wanda Petric sprechen.«
    »Nein!«
    »Warum nicht?«
    Stephan erhielt wieder eine besondere Antwort. Sein Gegenüber wollte ihm die Tür vor der Nase zuschlagen, aber der Mönch war schneller. Er kantete blitzschnell seinen rechten Fuß hoch, sodass die Tür gegen die Sohle drückte und zurückgedrückt wurde.
    Der Mann hatte Pech. Die Tür schlug noch gegen sein Gesicht, was ihn zu einem Fluch veranlasste. Daran störte sich Stephan nicht. Er presste die Tür nach innen, sodass der Mann Druck bekam und zurück in das Haus taumelte.
    Der Mönch folgte ihm schnell. Rasch hatte er auch die Tür wieder geschlossen. Er wollte mit dem Bewohner allein sein.
    Er befand sich in dem recht großen Raum mit dem langen Tisch. An den Wanden sah er eine Reihe von aufgeklappten Stühlen.
    Er sah jetzt, dass der Mann einige Probleme hatte. Er hielt eine Hand gegen seinen Mund gedrückt. Da musste ihn die Tür getroffen haben.
    »Entschuldigung, aber das habe ich nicht gewollt. Ich weiß auch nicht, ob man Gäste so empfängt, wie Sie es getan haben.«
    Der Mann stützte sich mit einer Hand am Tisch ab. Die andere nahm er langsam vom Mund weg. Im Licht der beiden Deckenleuchten war zu sehen, dass seine Lippen bluteten.
    »Können Sie sprechen?«
    »Hau ab, Mann! Verschwinde! Es ist besser für dich und deine Gesundheit.«
    »Danke, dass Sie sich für meine Gesundheit interessieren, aber ich werde erst gehen, wenn ich mit Wanda Petric gesprochen habe.«
    Stephan erhielt erneut keine Antwort. Dafür sah er, dass sich der Blick des Tschechen veränderte. Er wirkte nun starr und zugleich ungläubig.
    »Was ist los?«
    Der Mann wischte sich mit dem Handrücken das Blut von den Lippen.
    Dann erhielt der Mönch die Antwort.
    »Du kannst nicht mehr mit ihr sprechen. Sie ist tot!«
    Stephan Kowalski sagte nichts. Er blickte nur in das Gesicht des Sprechers, als wollte er herausfinden, ob der Mann wirklich die Wahrheit gesagt hatte.
    »Und jetzt kannst du von hier verschwinden!«
    Genau das würde Stephan nicht tun. Er presste die Lippen zusammen, schluckte und verengte die Augen.
    »Dass sie tot ist, glaube ich Ihnen«, flüsterte er, »aber ich möchte gern wissen, wie sie gestorben ist.«
    »Ich war nicht dabei.«
    »Das glaube ich Ihnen. Aber ist sie eines natürlichen Todes gestorben oder wurde sie umgebracht?«
    Der Tscheche schwieg. Er zupfte nervös an seiner Winterjacke und hielt den Kopf dabei gesenkt, um dem Fremden nicht in die Augen sehen zu müssen.
    Stephan wusste genau, dass der Typ etwas verbarg. Auch spürte er, dass er unter einer gewissen Angst litt. Doch darauf konnte er keine Rücksicht nehmen.
    Mit einem Schritt war er bei ihm. Seine Hände krallten sich in den Kragen der Jacke, und im nächsten Augenblick schüttelte er den Mann durch.
    »Was ist passiert? Reden Sie! Wanda ist nicht durch einen Herzschlag gestorben - oder?«
    »Nein, ist sie nicht!«
    »Wie dann?«
    Die nächsten Worte bestanden aus einem rauen Flüstern. »Sie wurde umgebracht!«
    Stephan war nicht mal überrascht. Dem Verhalten des Mannes nach zu schließen, hatte er sich das beinahe schon gedacht.
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