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158 - Orguudoos Brut

158 - Orguudoos Brut

Titel: 158 - Orguudoos Brut
Autoren: Stephanie Seidel
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Hoffnung. Beim Steineräumen war ein Spalt zum Vorschein gekommen; groß genug, um Rrodans verschrammtes Gesicht zu sehen – und sein Lächeln, mit dem er dem Bruder zurief: »Wir leben!«
    Maan hatte ihn gleich beiseite gedrängt und Onnar von seiner Entdeckung berichtet. Der Tongidd war den Schienen in die Dunkelheit gefolgt, weil er gehofft hatte, einen Weg in die Freiheit zu finden. Doch er war nur auf solide Wände gestoßen: Der Stollen endete in einem Schacht! Rrodans Schrammen stammten von seinem Versuch, an einem der dort baumelnden Drahtseile hoch zu klettern. Es war krachend zerborsten und in die Tiefe gestürzt.
    »Haltet durch! Ich hole etwas anderes!«, hatte Onnar gerufen.
    Nun lief er durch die Mine, eine Fackel in der Hand und eine ungewöhnliche Ausrüstung auf der Schulter. Maans Schacht musste eine Verbindung zu höher gelegenen Stollen haben, denn er endete oben in totaler Finsternis und nicht im Freien. Folglich musste es möglich sein, ein Seil zu den eingesperrten Brüdern herabzulassen. Wenn man eines besaß.
    Seile gehörten aber nicht zur Gerätschaft der Tongidds, und deshalb hatte Onnar in Luujas Vorratskammer alles zusammen gerafft, was sich irgendwie verknoten ließ – Stricke, Mäntel, Decken und Gürtel.
    Onnar rannte, dass seine Fackel nur so tanzte. Er hatte den Staub gesehen, der in kurzen Schüben von der Stollendecke fiel, und er ahnte, dass ihm nicht viel Zeit blieb. Er hatte seinen Brüdern zwar gesagt, sie sollten in den Schacht zurückweichen, aber wer wusste schon, ob sie das retten würde, falls die Decke einbrach.
    Verbissen suchte der Tongidd im dunklen Labyrinth nach dem richtigen Stollen. Er kam dabei durch nie zuvor gesehene Abschnitte, lief an Wänden entlang, die im Schein seiner Fackel vor Gold nur so glänzten, und fand Hohlräume mit bunten Gesteinsschichten. Onnar hatte keinen Blick dafür.
    Einmal stieß er auf ein riesiges Gewölbe. Grundwasser stand auf dem Boden, und von der Decke hing ein Heer bizarrer Stalaktiten. Wassertropfen fielen in gleichmäßigem Abstand herunter. Irgendwo huschte etwas davon.
    Verdammt, immer noch falsch! Onnar warf sich herum und lief in den Stollen zurück, aus dem er gekommen war. Er entdeckte eine Abzweigung, die er auf dem Hinweg übersehen hatte, nahm sie und atmete nach ein paar Schritten auf: Das Bodenniveau stieg an!
    »Maan! Rrodan!«, brüllte er. »Könnt ihr mich hören?«
    Keine Antwort.
    Onnar hastete weiter, betend, dass er auf dem richtigen Weg war. Unablässig rief er nach seinen Brüdern – und da, plötzlich, ertönte Maans Stimme.
    »Hier! Hier sind wir!«
    »Gerro zuerst!«, befahl Onnar, während er das abenteuerliche Durcheinander aus verknoteten Decken, Stricken und Mänteln in die Tiefe ließ. Gerro war der Leichteste der Brüder, die anderen würden entsprechend folgen. Es gab nur diesen einen Versuch, deshalb durfte nichts schief gehen. Sollte der Strick reißen, waren die Tongidds verloren, denn Onnar hatte alles zusammengerafft, was da war. Bis auf einen alten Ekkorn-Mantel, der fast schon beim Hinsehen auseinander fiel.
    Onnar schlang einen Deckenzipfel um sein Handgelenk und blickte in den Schacht. Er hatte seinen Brüdern eine Fackel hinunter geworfen; Ennark hielt sie hoch, und man konnte in ihrem Licht erkennen, dass der Strick nicht bis zum Boden reichte.
    Rrodan schob Gerro in Position und formte mit den Händen eine Räuberleiter.
    »Fertig?«, rief er nach oben.
    Onnar nickte, setzte sich auf und stemmte einen Fuß gegen die seitliche Stollenwand. »Fertig!«
    Dem Tongidd brach der Schweiß aus, als das Gewicht seines Bruders plötzlich an ihm hing und der Strick sich krachend spannte. Eine Ewigkeit schien zu vergehen. Gerro wurde immer schwerer, Onnars Muskeln begannen zu zittern, und er rutschte Zentimeter um Zentimeter auf den Stollenrand zu. Er befürchtete schon, unrettbar in die Tiefe gezogen zu werden, da tauchte Gerros Hand auf. Onnar ergriff sie und holte den Bruder auf sicheren Boden.
    Dann war Ennark an der Reihe, dann Thurr. Rrodan half auch diesen beiden, den pendelnden Strick zu erreichen – der große, tapfere Rrodan! Onnar vermied es, ihm in die Augen zu sehen. Er wollte nicht darüber nachdenken, wie sich Rrodan als Letzter der Brüder retten sollte.
    Nach Thurr folgte Maan. Er war erst auf halber Höhe, als Rrodan rief, sie müssten sich beeilen. Seine Worte wurden bereits von einem unheilvollen Knistern und Brechen begleitet, und als die Tongidds Maan mit vereinten
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