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154 - Die Macht der Nosfera

154 - Die Macht der Nosfera

Titel: 154 - Die Macht der Nosfera
Autoren: Bernd Frenz
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werden?«
    »Keine Stunde lang.«
    Fedjajewski empfand die Antwort als Frechheit. Mehr als das, sie raubte ihm den Atem. Obendrein wurden seine Knie weich.
    Mochte es auch sein tatkräftiges Image ankratzen, der regierende Kommissar zog einen Stuhl heran und setzte sich.
    Einfach umzukippen hätte ein noch schlechteres Bild abgegeben.
    Fassungslos hörte er zu, wie ihm Hauptmann Judin von den Toten im Bunker erzählte, und von dem Notausstieg, durch den die Diebe mit der wertvollen Beute verschwunden waren.
    »Wer steckt dahinter?«, fragte er mit kratziger Stimme.
    »Doktor Kullpin und drei Mitarbeiter aus der Produktion sind die einzigen unauffindbaren Personen.«
    »Kullpin?« Dolgoruki hob überrascht die Augenbrauen.
    »Den kenne ich. Der kann doch keiner Flegge etwas zu Leide tun!«
    »Das hat nichts zu sagen«, wischte Fedjajewski den Einwand zur Seite. »Wahrscheinlich gab es für ihn bisher nur noch keinen lohnenden Anlass, um gewalttätig und egoistisch zu werden. Extreme Situationen fördern oft das Beste, aber auch das Schlechteste eines Menschen zu Tage.«
    »Das ist eine einfache Rechenaufgabe«, fügte Hauptmann Judin hinzu. »Das eingelagerte Serum reicht nicht für alle, aber für Kullpin und seine Kumpane ist es mehr, als sie bis an ihr Lebensende verbrauchen können.«
    Dolgoruki wollte die schreckliche Nachricht einfach nicht wahrhaben. »Wenn das bekannt wird, haben die Kerle doch die ganze Bunkerbesatzung gegen sich«, begehrte er auf, als ob sich die Situation ändern würde, wenn er sie nur lange genug für unlogisch erklärte. »Dann stehen sie völlig alleine da.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, widersprach Judin.
    »Immerhin haben sie etwas, das jeder von uns dringend braucht. Sie müssen alles zwei Tage lang gut überlegt haben, bevor sie zu dem Entschluss gekommen sind, dass sie ihr eigenes Wohl über das von Ramenki stellen wollen. Die Körper, die wir gefunden haben, sind noch keine vierundzwanzig Stunden tot. Ich habe angeordnet, sie bergen zu lassen.«
    »Gut gemacht«, lobte Fedjajewski. »Geben Sie als nächstes eine Beschreibung der Flüchtigen an alle ISR-Kräfte heraus. Das Serum alleine nutzt ihnen nichts; sie müssen sich auch mit anderem Material eindecken, wenn sie sich irgendwo eine Existenz aufbauen wollen. Lassen Sie alle Depots und Lager überwachen, aber auch ihre Familien und persönlichen Freunde. Auf diese Weise stöbern wir sie am schnellsten auf.«
    Judins Gestalt straffte sich vor Stolz.
    »Ich habe bereits entsprechende Befehle erlassen«, erklärte er lächelnd. »Ohne Funkgeräte kann es einige Zeit dauern, bis sie sich überall herumgesprochen haben, aber ich bin mir sicher, dass…«
    Ein dumpfer Schrei beendete Judins Nabelschau mitten im Satz. Überrascht sahen alle drei zu dem großen Panoramafenster, das einen Blick auf den alten Theaterplatz gestattete. Der Laut war von draußen gekommen. Ein gequälter Schrei, wie ihn nur jemand in höchster Gefahr ausstieß.
    ***
    Gemeinsam eilten sie durchs Büro des regierenden Kommissars.
    Nach einem Leben in den dunklen Tiefen der Bunkerstadt legten die Menschen von Neu-Ramenki großen Wert auf ein sonnendurchflutete Architektur. Überall dort, wo die es die Statik zuließ, ersetzte dickes Glas die Wände, Decken und Dächer des Bolschoitheaters. So breitete sich unter ihnen nicht nur der gepflasterte Vorplatz aus, der traditionell als Marktflecken und Begegnungsstätte mit den einheimischen Barbaren diente, sie hatten auch freies Blickfeld auf die umliegenden Gebäude, die ein dicht gedrängtes, wie aus einem Guss erschaffenes Profil besaßen.
    Trotz des ungemütlichen Wetters gab es einige Marktstände, an denen Barbaren ihre Waren feilboten. Neben dem üblichen Angebot an Früchten, Fleisch und Käse fielen mehrere Wakuda-Karren voller Fackeln und Kerzen auf. Die heiß begehrte Ware wurde gleich bündelweise direkt von den Ladeflächen verkauft. Außerdem trabte eine Herde Lastandronen an, die große Weidenkörbe voller Brennholz transportierten.
    Na, herzlichen Glückwunsch,
    dachte Konstantin Fedjajewski. Es hat sich also schon herumgesprochen, dass uns der Arsch auf Grundeis geht.
    Das war aber auch kein Wunder. Zahllose Rauchsäulen, die aus frisch in die Außenmauern geschlagenen Abzügen empor stiegen, machten die neuen Bedürfnisse der Bunkermenschen weithin sichtbar.
    Die ISR-Truppen wirkten inmitten des ganzen Gewühls ein wenig verloren. Früher waren ihre ARETs und AMOTs regelmäßig umher
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