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154 - Die Macht der Nosfera

154 - Die Macht der Nosfera

Titel: 154 - Die Macht der Nosfera
Autoren: Bernd Frenz
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Gebäude begann auszukühlen, die Zimmer wurden kalt und klamm.
    »Widerspricht das nicht allen physikalischen Erkenntnissen?«, fragte er, auf sein kurz zuvor angelesenes Wissen zugreifend. »Ein Elektromagnetischer Impuls verliert doch an Wirkung, nachdem er abgestrahlt wurde. Auf neu geschaffene Schaltungen dürfte er gar keinen Einfluss haben.«
    »Ja, ja«, unterbrach Dolgoruki grob. »Das weiß ich selbst. Aber aus irgendeinem Grund liegt der Fall hier anders. Es scheint, als gäbe es einen Dauerimpuls, aber das ist eigentlich unmöglich. Es können doch nicht laufend irgendwelche Bomben gezündet werden, um ihn aufrecht zu erhalten.«
    Erbost trat er gegen den auf eine Stahlplatte geschweißten Fahrradrahmen. Die Attacke war so heftig, dass sich das Dynamokabel spannte und den Strahler von der Tischkante riss.
    Konstantin Fedjajewski schien es höchste Zeit, auf seine Autorität zu pochen. »Mäßigen Sie sich!«, forderte er. »Ihr unbeherrschtes Verhalten ist absolut kontraproduktiv. In dieser für uns alle schwierigen Zeit muss gerade die Elite einen kühlen Kopf behalten, sonst ist es schlecht um die ganze Gemeinschaft bestellt. Haben Sie verstanden, Herr Ingenieur?«
    Dolgoruki wich alles Blut aus dem Gesicht. Seine Haut bekam eine aschgraue Färbung, während er betreten zu Boden sah.
    »Entschuldigen Sie, Konstantin Fedjajewski« , bat er leise.
    »Ich weiß nur einfach nicht mehr weiter. Wie sollen wir nur den Winter überleben, wenn uns alles genommen ist?«
    Der regierende Kommissar konnte den Vorsitzenden des Wissenschaftsrates gut verstehen. Dolgoruki war berühmt für seine Phantasie und seinen weit reichenden Überblick. Doch gerade die Fähigkeit, sich das Ausmaß der anrollenden Schwierigkeiten bis ins Detail auszumalen, erwies sich nun als Fluch. Manch einer, der nur bis zu seiner Nasenspitze dachte, war besser dran. So einer hatte die Chance, mit den Schwierigkeiten zu wachsen, statt von ihnen erschlagen zu werden.
    »Schon gut«, erwiderte Fedjajewski, bereits eine Spur sanfter. »Ruhen Sie sich etwas aus. In einigen Stunden sieht vielleicht schon wieder alles ganz anders aus.«
    Er glaubte selbst nicht an das, was er da sagte, aber darauf kam es nicht an. Er musste ganz einfach verhindern, dass sein fähigster Wissenschaftler in Depressionen verfiel.
    Dolgoruki wollte etwas antworten, doch zum Glück kam ihm ein eintretender Adjutant zuvor.
    »Hauptmann Judin meldet sich von der Erkundung zurück«, begründete er die Störung. »Er bittet dringend, Sie sprechen zu dürfen, Konstantin Fedjajewski.«
    »Natürlich, nur herein mit ihm.« Der regierende Kommissar unterdrückte einen Hustenanfall.
    Die verdammten Talgkerzen, die sie abbrennen mussten, um der Dunkelheit zu entgehen, rußten derart, dass es ihn schon den ganzen Tag im Hals kratze. Dabei konnten sie noch froh sein, dass ihnen die Barbaren einen größeren Posten Kerzen verkauft hatten. Allein in diesem Gebäude war der Bedarf an Licht und Wärme enorm. Wenn sie nicht bald wieder auf ihre Fusionsgeneratoren zurückgreifen konnten, blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihr gesamtes Zusammenleben neu zu organisieren.
    Hauptmann Judin trat ein und grüßte mit einem knappen Nicken. Er war ein großer, athletischer Mann mit kurzem blonden Haar, einer kräftigen Nase und einem leicht vorspringenden Kinn. Normalerweise legte er Wert auf tadellose Umgangsformen. Dass er völlig verschwitzt und verdreckt zu ihnen trat, machte deutlich, wie sehr ihm die zu verkündenden Neuigkeiten unter den Nägeln brannten.
    Sein gehetzter Gesichtsausdruck verhieß dabei nichts Gutes.
    Fedjajewski winkte ihn näher. Was zu sagen war, sollte nicht bis auf die anderen Seite der Tür dringen.
    »Und?«, wollte er mit gedämpfter Stimme wissen.
    »Schlimmer, als zu befürchteten stand«, antwortete Judin frei heraus. »Im Bunker ist alles genauso ausgefallen wie hier oben. Ich weiß nicht, warum. Wir konnten austauschen, was wir wollten, es ließ sich einfach nichts in Gang setzen.«
    »Verstehe.« Fedjajewski spürte ein unangenehmes Ziehen im Nacken, widerstand aber der Versuchung, den kratzigen Mantelkragen hochzuschlagen. Dies war nicht der passende Zeitpunkt, um Schwäche zu zeigen. »Das bedeutet vermutlich, dass die Serumsproduktion…«
    »… vollständig zum Erliegen gekommen ist«, vollendete Hauptmann Judin.
    »Das ist aber schlecht, sehr schlecht. Haben Sie schon einen Überblick, wie lange wir mit den eingelagerten Vorräten auskommen
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