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1526 - Mirandas Schutzengel

1526 - Mirandas Schutzengel

Titel: 1526 - Mirandas Schutzengel
Autoren: Jason Dark
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dachte ich an Heiligenfiguren, aber das traf nicht den Kern der Dinge. Sie sahen zwar so aus, doch ein Blick in die Gesichter belehrte mich eines Besseren. Das waren keine Figuren, wie ich sie gern gehabt hätte. Diese kleinen Andenken hatten die Fratzen von Dämonen oder Teufeln. Es waren Unheilige.«
    Miranda war erbleicht. Sie zitterte. Dann schrie sie mir ins Gesicht: »Was hast du im Sterbezimmer meiner Mutter zu suchen gehabt, du verfluchter Hundesohn?«
    »Mal langsam, junge Lady, so geht das nicht. Man hat uns als Polizeibeamte herbestellt und nicht als normale Gäste, die im Restaurant nur mal etwas essen wollten.«
    »Das ist mir egal. Es war das private Zimmer meiner Mutter, das ihr beide entweiht habt.«
    »Ach, so sehen Sie das.«
    »Ja, so sehe ich das!«, schrie sie uns an. Dann gab es für sie kein Halten mehr. Sie wollte weg aus der Wohnung, und wären wir nicht schnell zur Seite getreten, hätte sie uns sogar gerammt.
    Ihr Ziel war die Tür, und es kümmerte sie nicht, dass wir ihr auf dem Fuß folgten. Ich ging davon aus, dass sie nur eine Etage tiefer gehen würde, um das Zimmer ihrer verstorbenen Mutter zu betreten.
    Das tat sie dann auch und zerrte schwungvoll die Tür auf. Sie drehte sich nicht mal um und schlug die Tür auch nicht hinter sich zu. Sie fiel von selbst ins Schloss, und wir hörten nicht, dass an der Innenseite ein Schlüssel umgedreht wurde.
    Vor der Tür stoppten wir. Mir zuckte es ja in der Hand, die Klinke zu drücken, aber ich hielt mich zurück und legte zunächst mein rechtes Ohr gegen das Holz, um danach zu lauschen, ob sich im Sterbezimmer irgendetwas anbahnte.
    Nein, es war nichts zu hören, und so richtete ich mich wieder auf und nickte Suko zu.
    Diesmal öffnete er die Tür. So behutsam wie möglich ging er vor. Kaum war sie einen Spalt offen, da hörten wir beide Miranda Zanussis Stimme.
    »Mutter!«, rief sie leise. »Mutter, man hat dir Unrecht getan, und ich habe es nicht verhindern können. Deine Figuren sind in unrechte Hände geraten. Das wollte ich nicht. Bitte, du musst mir glauben, dass ich damit nichts zu tun gehabt habe. Du musst es mir einfach glauben, Mutter.«
    Eine Antwort hörten wir nicht, und wir sahen auch leider zu wenig.
    Deshalb musste ich den Spalt verbreitern.
    So leise wie möglich ging ich vor und hatte Glück, dass die Tür nicht in den Angeln quietschte.
    Ich warf einen Blick nach rechts, denn dort befand sich von der Tür aus gesehen das Bett.
    Es war leer.
    Aber Miranda stand davor. Den Kopf hatte sie zurückgelegt, ihre Augen waren verdreht und gegen die Decke gerichtet, als würde sie dort ihre Mutter abgebildet sehen. Auf ihrem Gesicht lag ein erwartungsvoller Ausdruck wie bei einer Person, die damit rechnete, dass die Gerufene jeden Augenblick erschien. Es trat nicht ein.
    Aber sie bekam Kontakt. Sie musste Elisas Stimme vernehmen, aber die Worte waren nur für sie und nicht für uns zu hören. Wir konzentrierten uns nur auf die Antworten.
    »Nein, ich lasse nicht von deinem Erbe«, flüsterte sie und schüttelte den Kopf. »Ich schwöre, dass ich alles daransetzen werde, um es zu hegen und zu pflegen. Glaube mir, vertraue mir! Ich - ich - bitte dich sehr darum. Es ist mir so ungeheuer wichtig!«
    Eine Antwort bekamen wie sowieso nicht mit. Und weiterhin auf dem Flur stehen zu bleiben, brachte auch nichts. Deshalb nickte ich knapp, damit Suko Bescheid wusste, und zog die Tür ganz auf, sodass wir das Zimmer betreten konnten.
    Das Bett stand rechts. Wir gingen auf Zehenspitzen nach links. Dort befand sich die Kommode mit den Figuren darauf.
    Wir wussten nicht, ob wir entdeckt worden waren. Jedenfalls gab sich Miranda keine Blöße. Für sie schienen wir nicht vorhanden zu sein.
    Sie hielt die Hände wie zum Gebet verschränkt und bat ihre tote Mutter mit leiser Stimme: »Steh mir bei, wenn ich mich bemühe, so zu werden, wie du es einmal gewesen bist. Auch ich werde die Unheiligen akzeptieren, denn ich weiß ja, was sie dir gegeben haben, auch wenn sie deinen Tod nicht verhindern konnten. Aber mir wird niemand etwas tun, und ich werde auch stark genug sein, um mir die beiden Verfolger vom Hals zu halten.«
    »Tatsächlich?«, fragte ich mit halblauter Stimme.
    Miranda drehte sich heftig um, ihr Gesicht versteinerte für einen Moment, und dann schrie sie mir ins Gesicht: »Du bist tot! Du bist tot - tot - tot…«
    Ich blieb ruhig, ebenso wie Suko. Aber mein kühles Lächeln passte ihr sichtlich nicht, und auch meine Antwort war ganz
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