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1505 - Dorina, die Friedensstifterin

Titel: 1505 - Dorina, die Friedensstifterin
Autoren: Unbekannt
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dieser Bursche sagen würde, wäre ›Braten her oder das Leben!‹.
    Das ist kein Sluck, sondern ein verkleideter Pirat."
    Der Sluck gähnte und zeigte dabei sein prächtiges Gebiß. Dann reckte er sich, sprang auf den Boden hinab und nahm vor seinem Futternapf Aufstellung. Segur gab ihm etwas von seinem Fleisch. Der Sluck stürzte sich darauf, als sei er am Verhungern. „Alles Angabe!" sagte Segur zu dem Tier. „Du bist sowieso schon viel zu fett. Wenn du weiter so frißt, wirst du bald wie eine Kugel aussehen. Dann müssen wir dich zu deinen Autras rollen."
    Der Sluck deutete dezent an, daß er immer noch hungrig sei. Segur gab ihm eine zweite Portion. „Das hätte natürlich auch seine Vorteile", fuhr er dabei fort. „Die Autras würden sich bei diesem Anblick totlachen. Dann wären wir die Plagegeister endlich los."
    „Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?" fragte Warna Vaccer gereizt. „Dorina hat mit diesem Tier gesprochen!"
    „Na und? Spreche ich jetzt etwa nicht mit ihm?"
    „Aber sie hat ihn verstanden! Und er hat sie verstanden! Wir müssen mit ihr in die Stadt fahren und sie testen lassen. Sie hat das Talent!"
    Segur Vaccer warf dem Sluck einen scharfen Blick zu. Der Sluck starrte gierig zurück. „Na schön", murmelte Segur. „Paß auf mein Essen auf, Warna. Ich bin gleich wieder da."
    Er ging nach oben und blickte in Dorinas Zimmer. Sie war noch wach. Segur nahm sie auf den Arm und trug sie in den Wohnraum hinunter. Dort setzte er Dorina auf den Boden. „Erkläre diesem kleinen Ungeheuer, daß es jetzt genug gefressen hat", sagte Segur Vaccer zu seiner Tochter, indem er auf den Sluck deutete.
    Der Sluck leckte einen Spritzer Bratensaft vom Fußboden und blickte hoffnungsvoll zum Tisch hinauf. Dorina beobachtete ihn interessiert. Der Sluck kam offenbar zu dem Schluß, daß man die Absicht hatte, seine Bedürfnisse zu ignorieren. Er beschloß, zur Selbstbedienung überzugehen, tat einen Satz, landete auf dem Tisch und schnappte blitzschnell zu. „He, du Gauner!" rief Segur empört, und dann hörte er das Fauchen.
    Er blieb stocksteif stehen. Der Sluck ebenfalls. Das Tier stand mitten auf dem Tisch, schon zum Sprung gespannt, ein Stück Fleisch zwischen den Zähnen, offenbar so verblüfft, daß es für einen Augenblick nicht wußte, was es tun sollte. Segur sah seine Tochter an. Dorina blickte auf den Sluck, öffnete den Mund und fauchte ein zweites Mal. Der Sluck ließ entsetzt das Fleisch fahren und sauste wie ein geölter Blitz unter die Bank. Sobald er sich in Sicherheit glaubte, ließ er ein dumpfes, zorniges Knurren hören. Segur schluckte. „Also gut", sagte er. „Und was nun? Jetzt darf ich im Stehen essen, denn wenn ich mich hinsetze, geht mir das Biest an die Waden."
    „Entschuldige dich bei ihm", sagte Warna. „Bei einem derart wütenden Sluck?" fragte Segur und lachte. „O nein, ich brauche meine Finger noch!"
    Dann stellte er fest, daß Warna nicht ihn, sondern Dorina gemeint hatte.
    Die Kleine kroch unter die Bank und war schon fast darunter verschwunden. Segur bückte sich hastig, um seine Tochter aus der Reichweite der scharfen Krallen zu ziehen, ehe es zu spät war. Der Sluck war an und für sich recht sanftmütig, aber wenn es um sein Fressen ging, hatte seine Geduld sehr enge Grenzen. „Laß sie!" sagte Warna leise und hielt Segur an der Schulter fest. „Hör ihnen doch erst mal zu!"
    Dorina und der Sluck knurrten und fauchten im Duett. Es hörte sich an, als seien sie gerade dabei, sich gegenseitig zu zerfleischen.
    Segur dachte an das niedliche kleine Gesicht seiner Tochter, und ihm wurde eiskalt vor Angst.
    Aber plötzlich stellte er fest, daß die Geräuschkulisse sich änderte. Das Gefauche hörte auf. Aus dem Knurren wurde ein Gurren.
    Segur bückte sich und spähte unter die Bank.
    Dorina war unversehrt. Der Sluck auch. Als er Segur erblickte, funkelten seine Augen, und er fauchte heiser. „Komm da raus!" befahl er seiner Tochter. „Sofort!"
    Dorina sah ihn an - und fauchte. Dann gurrte sie den Sluck an und kroch seitwärts unter der Bank hervor. Der Sluck folgte ihr. Die beiden ungleichen Wesen kletterten die Treppe hinauf und verschwanden in Dorinas Zimmer.
    Segur wollte ihnen nach, aber Warna hielt ihn zurück. „Er wird ihr nichts tun", sagte sie eindringlich. „Begreifst du denn immer noch nicht, was da vorgeht? Er versteht sie!"
    Segur blickte auf seinen Teller und stellte fest, daß er plötzlich keinen Appetit mehr hatte. „Großartig!"
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