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1505 - Dorina, die Friedensstifterin

Titel: 1505 - Dorina, die Friedensstifterin
Autoren: Unbekannt
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beenden?"
    „Warna, diese Fragen ..."
    „Vergiß es!" fauchte Warna wütend. „Worauf es ankommt, das ist einzig und allein dieses Kind.
    Ich weiß nicht, wie das mit den verflixten Tomaten weitergehen soll, denn ob diese Pflanzen nun etwas empfinden oder nicht - ich werde nicht mehr imstande sein, sie zu beschneiden. Nie wieder, Segur! Ich spüre es!
    Wenn ich nur daran denke, dann ist es, als wollte ich einen Mord planen und die bloße Erinnerung an den Geruch dreht mir den Magen um."
    „Dann werde ich diese Arbeit übernehmen."
    „Und wenn Dorina es auch dir verbietet? Wenn auch dir das Messer ausrutscht?"
    „Sie hat dir doch gar nicht befohlen, das Messer fallen zu lassen! Du warst erschrocken und verwirrt. Das ist verständlich. Der Rest ist nichts weiter als ein Zufall. Du solltest es in ein paar Tagen noch einmal probieren."
    „Segur - ich kann es nicht!"
    Segur schwieg. „Sie muß zu den Schlichtern!" drängte Warna. „So schnell wie möglich! Sie muß lernen, damit umzugehen.
    Sie könnte vielleicht sogar eine Friedensstifterin werden!"
    Segur schwieg noch immer. „Sie hat das Talent dazu", fuhr Warna fort. „Das ist etwas Gutes. Eine wirklich großartige Sache.
    Aber sie muß auch die entsprechende Ausbildung bekommen. Wenn sie hier bei uns bleibt, wird sie immer wieder in die Gefahr geraten, es auf die falsche Weise anzuwenden. Und sie wird es anwenden. Sie kann gar nicht anders."
    „Ich werde mit ihr sprechen und es ihr verbieten!"
    „Kannst du einem Mi’inah das Fliegen verbieten? Oder einem Sluck das Jagen? Es ist sinnlos, Segur.
    Wahrscheinlich würdest du damit alles nur noch schlimmer machen."
    Segur betrachtete Warnas bandagierten Fuß. Dorina sah es an der Art, wie er den Kopf hielt. Und sie sah auch, wie seine Schultern nach vorne sanken, als würde ihm eine schwere Last aufgeladen. „Also gut", sagte er schließlich. „Ich fahre morgen mit ihr in die Stadt."
     
    *
     
    Dorina zog sich lautlos in ihr Zimmer zurück. Der Sluck folgte ihr und machte es sich auf ihrem Bett bequem.
    Dorina dagegen hatte nicht die geringste Lust, sich hinzulegen. Sie saß in der Dunkelheit und dachte nach.
    Es war also gar nicht das Fauchen gewesen, sondern das, was sie vorher gesagt hatte.
    Widerlicher, stinkender Mord!
    Sie erinnerte sich sehr deutlich daran, wie sie plötzlich dieses komische Gefühl gehabt hatte.
    Irgendwie hatte sie auch geahnt, daß es etwas zu bedeuten hatte und daß in diesem Augenblick etwas geschah, von dem sie nicht wußte, was es war. Aber von den Folgen hatte sie sich keine Vorstellungen machen können, und sie hatte die Sache mit dem Messer für einen Zufall gehalten.
    Schließlich konnte doch jedem einmal etwas herunterfallen, nicht wahr? Warum sollte denn ausgerechnet sie daran schuld sein?
    Und doch wußte sie, daß es so war.
    Der Sluck spürte, daß Dorina aufgeregt und verwirrt war. Er hob den Kopf und gurrte beruhigend. Sie streckte die Hand aus und streichelte ihn. Es war tröstlich, sein warmes Fell unter den Fingern zu spüren.
    Nach einigen Minuten stand er auf, reckte sich und sprang aufs Fensterbrett. Für kurze Zeit blieb er dort sitzen, als müsse er sich erst überlegen, was er mit dieser Nacht anfangen sollte. Dann streckte er seine lange, schiefergraue Zunge heraus und begann, die Krallen an seinen Vorderpfoten zu lecken. Als er damit fertig war, sah er sich nach Dorina um. Hinter ihm leuchtete einer der drei Monde durch die langsam über dem Himmel ziehenden Wolken.
    Sie saß regungslos auf dem Bett und beobachtete das Tier.
    Der Sluck hatte schon häufig versucht, Dorina zur Jagd zu animieren. Er schien der Meinung zu sein, daß sie sich auch wie ein Sluck zu benehmen hatte, wenn sie nun schon wie einer sprach. Dorina hatte schon oft gesehen, wie er kleine Tiere jagte, tötete und fraß, und sie akzeptierte es. Der Sluck jagte nicht aus Grausamkeit, sondern weil es seiner Natur entsprach.
    Es kam ihr nicht in den Sinn, daß es ein Widerspruch sein könnte, wenn sie die Lebensgewohnheiten dieses Raubtieres akzeptierte, andererseits aber über die Verstümmelung der Tomatenpflanzen in helle Wut geriet.
    Das eine hatte ihrer Meinung nach mit dem anderen nichts zu tun. Ein Sluck mußte jagen. Warna dagegen hätte die Wahl gehabt: Wenn sie die Pflanzen in Ruhe gelassen hätte, wäre nichts passiert.
    Warum nur hatte sie das Messer nicht weggelegt?
    Der Sluck sah ein, daß Dorina heute nicht geneigt war, ihn auf seinem nächtlichen Streifzug zu begleiten. Er
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